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Schattenmenagerie

Schattenmenagerie

Titel: Schattenmenagerie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Buehrig
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Verhältnis«, erläuterte die Dame stolz. Nach einer für Kroll
etwas zu theatralisch gekonnten Kunstpause, die sie für eine aufwendige Handbewegung
brauchte, fügte sie hinzu:
    »Ich bin ihm versprochen. Unsere
Familien gutheißen eine Verbindung.«
    Merkwürdiges Wort, dachte Kroll.
Ihm ging das Schicksal Caobas durch den Kopf. Nach einer Weile fragte er wie nebenbei:
    »Kennen Sie ein dunkelhäutiges Mädchen
namens Caoba?«
    Frau von Bülow konterte für ihn
überraschend heftig. Sie antwortete für seinen Geschmack ein wenig zu rasch und
in einem plötzlich kalten und gepressten Ton.
    »Nein, nie gehört. – Dunkelhäutig
…? Keine Ahnung, interessiert mich nicht. – Ich habe gehört, dass es drüben auf
der anderen Seite des Sees eine Schwarze geben soll. Aber in der Gegend war ich
noch nie. Und außerdem, Schwarze gehören nicht zu meinem Bekanntenkreis. – Tut mir
leid. Warum fragen Sie?«
    »Ach vergessen Sie’s. Eine reine
Routinefrage.« Ihn stieß die etwas ordinäre Ausdrucksweise ab. Er wurde das Gefühl
nicht los, dass sie etwas zu verbergen hatte.
    Für eine Gräfin reagiert sie etwas
zu wenig distanziert, meinte Kroll. Laut fuhr er fort: »Lassen Sie mich jetzt bitte
zum zweiten Grund meines Besuchs kommen. – Diese junge Dame ist die Pianistin, die
die Ehre hat, bei Ihrer Einweihungsfeier des neuen Jagdschlösschens aufzuspielen.«
    Schlagartig änderte sich die Attitüde
der Gastgeberin.
    »Oh, es freut mich, dich kennenzulernen.
– Ich darf dich doch duzen?«
    »Selbstverständlich«, konterte Viviana,
obwohl es ihr im Grunde genommen nicht so ganz recht war. »Es ist mir eine Ehre,
den neuen Konzertraum einweihen zu dürfen, – auch wenn ich nur ein blindes Mädchen
bin.«
    »Aber nicht doch, – nicht diese
unnötige Bescheidenheit. Graf Stolberg hat dich mir wärmstens empfohlen. Er meinte,
du wärest eine ausgezeichnete Künstlerin. – Die Blindheit spielt in der Musik doch
keine Rolle.«
    Viviana fühlte Zutrauen zu der Dame.
Endlich jemand, der sie als Musikerin, nicht als behinderte Zirkusartistin ansah.
    »Wäre es denn möglich, einmal den
neuen Flügel auszuprobieren?«
    »Tut mir leid, der ist noch nicht
vor Ort. Ich habe ihn in Hamburg bestellt, er kommt erst nächste Woche. – Aber wenn
du willst, kannst du dir schon einmal den Raum anschauen.«
    Sie spürte, dass sie das etwas unglücklich
ausgedrückt hatte, also verbesserte sie sich: »Ich meine, der Herr Inspektor kann
dich in den Raum führen, damit du seine Atmosphäre einfangen kannst. – Hilft dir
das?«
    »Aber natürlich. Ich würde mich
riesig freuen.«
    Frau von Bülow läutete nach dem
Lakai und ließ sich den Schlüssel zum Jagdschlösschen aushändigen. Danach verabschiedete
man sich.
    Kroll konnte ein gewisses Unbehagen
nicht unterdrücken. Irgendwas stimmt hier nicht. Entweder die Dame ist keine echte
Adelige, – oder ich bin kein echter Kriminalkommissar.
     
    *
     
    Das im zierlichen Stil des Rokoko erbaute Jagdschlösschen thronte hoch
über dem Westufer des Ukleisees. Der dreiflügelige Pavillon mit seinen einladenden
Sprossenfenstern und dem breitgezogenen Doppeldach schmiegte sich elegant in die
parkähnliche Landschaft. Von hier oben hatte man einen herrlichen Ausblick auf den
See, der verträumt, aber auch geheimnisvoll ein ansehnliches, von dichten Wäldern
umsäumtes Oval füllte.
    Das Innere war zu einem modernen
Konzertsaal ausgebaut, den die Architekten geschickt an den Stil der Außenfassade
angepasst hatten. Das zartgrüne Waldlicht flutete hell in den Raum und verstärkte
die Atmosphäre einer ernst-heiteren Gelassenheit. Viviana spürte das sofort, auch
wenn es ihr nicht vergönnt war, die Schönheit des Raums zu sehen. Sie stimmte eine
kleine Melodie an, um die Akustik zu testen.
    »Perfekt! Ein Traum von einem Konzertsaal.
Wenn der neue Flügel auch so super ist, dann wird es das schönste Konzert meines
Lebens.« Sie umarmte Micha, die sie bislang wie ein treuer Blindenhund am Handgelenk
geführt hatte. »Und ich werde mir alle Mühe geben, euch nicht zu enttäuschen. Das
bin ich Carl Maria schuldig, und auch dem Andenken des netten Herrn Stolberg, der
mich zu Lebzeiten so gefördert hatte.«
    »Ich verstehe zwar nicht viel von
Musik«, warf Kroll ein, »aber ich bin sicher, dass das Konzert für uns alle ein
einmaliges, unvergängliches Erlebnis sein wird. – Kommt, lasst uns einen kleinen
Spaziergang rund um den See machen. Die Luft ist heute so mild, so frühlingshaft.
Das sollten

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