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Schattennacht

Schattennacht

Titel: Schattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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diesen Gottesbeweis.«
    »Weiß der Abt überhaupt, dass Ihre Forschungen zu so etwas führen sollten?«
    Bruder John schüttelte den Kopf. »Dem ist nur mein Vorhaben bekannt, zu beweisen, dass sich am Urgrund der physikalischen Realität, unterhalb der letzten Schicht des scheinbaren Chaos, geordnete Gedankenwellen befinden, das heißt: der Geist Gottes. Dass ich einen lebenden Beweis erschaffen wollte, habe ich ihm nie gesagt.«
    »Das haben Sie ihm nie gesagt«, wiederholte Romanovich mit einer Stimme, die vor Erstaunen ächzte.
    Strahlend betrachtete Bruder John seine Schöpfung, die hin und her tapste. »Ich wollte ihn überraschen.«
    »Ihn überraschen?« Romanovichs Stimme klang nicht mehr erstaunt, sondern ungläubig. »Ihn überraschen ?«
    »Ja. Mit einem Gottesbeweis.«
    Mit kaum verhohlener Verachtung und wesentlich direkter, als ich es in dieser Lage hätte sagen können, erklärte Romanovich: »Das ist kein Gottesbeweis. Das ist Blasphemie .«
    Bruder John zuckte zusammen, als hätte man ihm eine Ohrfeige verpasst, fing sich jedoch gleich wieder. »Ich fürchte, Sie haben nicht ganz begriffen, was ich Ihnen erzählt habe, Mr. Romanovich. «
    Das kichernde, tapsende, großäugige Floppy sah auf den ersten Blick tatsächlich nicht wie ein Ausdruck vollkommener Blasphemie
aus. Mein bisheriger Eindruck war: pelzig, süß, kuschelig, bezaubernd.
    Als ich mich auf die Kante meines Sessels setzte und vorbeugte, um das Ding genauer zu betrachten, durchfuhr mich jedoch ein Schauder, der mich dermaßen packte, dass ich das Gefühl hatte, Eiszapfen in die Augen gekriegt zu haben.
    Die großen blauen Glubscher des Floppys blickten mich eigentlich gar nicht an. In ihnen lag keine Neugier wie in den Augen eines Kätzchens oder Hündchens. Sie waren leer; ein Vakuum breitete sich hinter ihnen aus.
    Das melodische Gurren und Kichern klang so entzückend wie die elektronisch gespeicherte Stimme eines Spielzeugs, aber nur so lange, bis mir klar wurde, dass es sich nicht um ein Spielzeug handelte, sondern um eine Art Lebewesen. Dann erinnerten die Geräusche an das Murmeln der augenlosen Puppen, die ich manchmal im Albtraum sehe.
    Ich stand auf und wich zwei Schritte von Bruder Johns düsterem Wunder zurück.
    »Dr. Heineman«, sagte Romanovich, »Sie kennen sich selbst nicht. Sie wissen nicht, was Sie getan haben.«
    Die Feindseligkeit des Russen schien Bruder John ernsthaft zu verblüffen. »Wir haben unterschiedliche Ansichten, das ist mir bewusst, aber …«
    »Vor fünfundzwanzig Jahren haben Sie Ihr missgebildetes, behindertes Kind verleugnet, verstoßen und verlassen.«
    Fassungslos darüber, dass sein Gegenüber von dieser Verfehlung wusste, aber auch eindeutig von Scham erfüllt, sagte Bruder John: »Dieser Mensch bin ich inzwischen nicht mehr.«
    »Ich will zugeben, dass Sie deshalb später reumütig, ja zerknirscht waren. Außerdem war es erstaunlich großzügig von Ihnen, Ihr Vermögen zu verschenken und die Mönchsgelübde abzulegen. Sie haben sich verändert und sind vielleicht ein besserer
Mensch, aber ein anderer Mensch sind Sie nicht. Wie können Sie sich das nur einreden, wo Sie doch so mit der Theologie Ihres Glaubens vertraut sind? Von einem Ende dieses Lebens bis zum anderen schleppen Sie alles mit sich herum, was Sie getan haben. Durch die Absolution erhalten Sie Vergebung, aber das löscht die Vergangenheit nicht aus. Der Mensch, der Sie einmal waren, lebt immer noch in Ihnen; er wird lediglich unterdrückt von dem Menschen, zu dem Sie mühevoll geworden sind.«
    »Bruder John«, sagte ich, »vorhin hat Mr. Romanovich mich an einen alten Film erinnert – Dr. Jekyll und Mr. Hyde mit Fredric March. Haben Sie den schon gesehen? Falls wir diese Sache lebendig überstehen, können wir ihn uns vielleicht zusammen anschauen.«

52
    Die Atmosphäre in der Klause war alles andere als gesund. Genauer gesagt: Man veranstaltet nicht gerne ein Picknick im Krater eines ruhenden Vulkans, wenn der Boden unter den Füßen grollt.
    Bruder Johns Gefühle waren verletzt worden, als sein Wunderwerk mit weniger Enthusiasmus aufgenommen worden war, als er erwartet hatte. In seiner Enttäuschung drückten sich verwundeter Stolz aus, kaum verschleierter Ärger und eine beunruhigend kindliche Gereiztheit.
    Das süße, schaurige, kuschelige, seelenlose Floppy saß auf dem Boden, spielte mit seinen Füßen und gab die Geräusche einer Kreatur von sich, die sich glänzend mit sich selbst amüsierte. Offenbar zog das Ding

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