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Schattennacht

Schattennacht

Titel: Schattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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ich: »Ich bin hierhergekommen, um bei den Kindern zu sein, um durch die Flure und Zimmer zu gehen und zu schauen, ob ich mehr von dem spüren kann, was vielleicht auf uns zukommt. Ist das in Ordnung?«
    »Ja, natürlich.«
    Ich stand auf. »Schwester Angela, ich möchte Sie um etwas bitten, aber es wäre mir lieb, wenn Sie mich nicht fragen würden, weshalb.«
    »Worum geht es?«
    »Sorgen Sie dafür, dass alle Türen verschlossen und alle Fenster verriegelt sind. Und sagen Sie den Schwestern, sie sollen nicht nach draußen gehen.«
    Von der Kreatur, die ich im Sturm gesehen hatte, wollte ich ihr lieber nicht erzählen. Zum einen fehlten mir die Worte, um die Erscheinung zu beschreiben, und zum anderen hätte ich Schwester Angela damit sicher schockiert. Dann hätte sie nicht mehr klar denken können, und obwohl sie sich der Gefahr durchaus bewusst sein musste, durften ihre Nerven nicht ständig bis aufs Äußerste gespannt sein.
    Vor allem aber sollte sie nicht auf den Gedanken kommen, sie hätte sich mit jemandem verbündet, der nicht nur ein Grillkoch und auch nicht nur ein Grillkoch mit einem sechsten Sinn war, sondern ein völlig wahnsinniger Grillkoch mit einem sechsten Sinn.
    »Na schön«, sagte sie. »Wir sorgen dafür, dass alles verschlossen ist. Einen Grund, bei dem Wetter rauszugehen, gibt es sowieso nicht.«
    »Könnten Sie wohl Abt Bernard anrufen und ihn bitten, dasselbe
anzuordnen? Zu den letzten Gebeten dieses Tages sollen die Brüder nicht durch den Kreuzgang gehen, sondern die Tür benutzen, die direkt vom Kloster in die Kirche führt.«
    Angesichts der ernsten Lage war Schwester Angela ihres wirksamsten Befragungsinstruments beraubt – jenes ebenso liebenswürdigen wie einschüchternden Lächelns, das sie so geduldig und schweigend geradezu unendlich beibehalten konnte.
    Ihr Blick schweifte zum Fenster. Grau wie Asche stoben Schneewolken vorbei.
    Sie sah mich wieder an. »Wer ist da draußen, Oddie?«
    »Das weiß ich noch nicht«, erwiderte ich, was insofern stimmte, als ich nicht benennen konnte, was ich gesehen hatte. »Aber sie wollen uns schaden.«

19
    Mit einem imaginären Hundehalsband ausgestattet, überließ ich meiner Intuition die Leine und wurde auf einer gewundenen Route durch die Flure und Räume im Erdgeschoss geführt. Von dort aus ging es über eine der Treppen in den ersten Stock, wo selbst der überall angebrachte Weihnachtsschmuck mich nicht aufheitern konnte.
    Als ich an der offenen Tür von Zimmer 32 stehen blieb, dachte ich, ich hätte mich getäuscht. Hatte ich mich womöglich doch nicht der Intuition überlassen, sondern war von dem unbewussten Wunsch geleitet worden, die Erfahrung der vergangenen Nacht zu wiederholen, als Stormy scheinbar durch die stumme Justine und die schlafende Annamarie zu mir gesprochen hatte?
    So viel Sehnsucht ich in jenem Augenblick auch nach dem Kontakt mit Stormy gehabt hatte, ich war ihm ausgewichen. Und das war auch ganz richtig so gewesen.
    Stormy war meine Vergangenheit, und sie würde erst dann meine Zukunft sein, wenn mein Leben auf dieser Welt vorüber war, wenn die Zeit endete und die Ewigkeit begann. Was ich nun brauchte, waren Geduld und Beharrlichkeit. Der einzige Weg zurück war der Weg nach vorn.
    Ich wollte mich zwingen, mich von der Tür abzuwenden und weiter durch den Flur zu gehen. Stattdessen trat ich über die Schwelle und blieb gleich dahinter stehen.

    Mit geschlossenen Augen saß Justine im Bett, an mehrere dicke Kissen gelehnt. Von ihrem Vater fast ertränkt, aber nun, acht Jahre später, noch immer am Leben, strahlte sie die ihr eigene Schönheit aus.
    Ihre Hände lagen aufwärts gewandt im Schoß, als erwartete sie, ein Geschenk zu empfangen.
    Die Stimmen des Windes waren gedämpft, aber ungeheuer vielfältig. Sie sangen, sie knurrten, sie zischten am einzigen Fenster des Zimmers.
    Vom Regal neben dem Bett aus beobachtete mich die Sammlung von Plüschkätzchen.
    Annamarie und ihr Rollstuhl waren verschwunden. Ich hatte sie im Aufenthaltsraum gesehen, wo die Kinder lachten und wo der stille Walter, der sich nicht ohne Hilfe anziehen konnte, ein klassisches Klavierstück spielte.
    Die Luft war schwer wie die Atmosphäre zwischen dem ersten Blitzstrahl und dem ersten Donnerschlag, wenn der Regen sich hoch in der Luft schon gebildet, die Erde jedoch noch nicht erreicht hat, wenn dicke Tropfen millionenfach herabfallen und die Luft unter sich zusammendrücken, als letzte Warnung vor dem binnen weniger Augenblicke

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