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Schattennacht

Schattennacht

Titel: Schattennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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und Halluzinogene zu verzichten. Andere Kinder waren von ihrem ständig betrunkenen Vater oder dem von Amphetaminen ruinierten Lebensgefährten ihrer Mutter übel misshandelt worden und hatten durch einen Schädelbruch einen Hirnschaden erlitten.
    Da so viele neue Zellen und finstere Gruben benötigt wurden, musste in der Hölle momentan ein regelrechter Bauboom herrschen.
    Manche werden mir nun wahrscheinlich ein zu harsches Urteil vorwerfen. Danke sehr. Ich bin stolz darauf. Mit Leuten, die das Leben eines Kindes ruinieren, habe ich kein Mitleid.
    Es gibt Ärzte, die dafür eintreten, solche Kinder bei der Geburt mit einer Injektion zu töten, oder die sie später sterben lassen würden, indem sie zum Beispiel eine Infektion nicht behandelten, sodass an und für sich harmlose Erkrankungen zum Tode führten.
    Weitere Zellen. Weitere finstere Gruben.
    Mein mangelndes Mitgefühl für Leute, die Kinder misshandeln, bedeutet vielleicht – neben anderen persönlichen Fehlern – , dass ich Stormy auf der anderen Seite nicht wiedersehen werde, weil ich dort nicht in einem reinigenden, sondern in einem verzehrenden Feuer lande. Aber wenn ich schon in der greifbaren Finsternis sitzen sollte, wo die Nichtexistenz eines Kabel-TV-Anschlusses die geringste Unannehmlichkeit ist,
werde ich wenigstens das Vergnügen haben, euch zu suchen, falls ihr ein Kind misshandelt habt. Ich werde wissen, was ich mit euch tun muss, und dazu werde ich die ganze Ewigkeit zur Verfügung haben.
    An jenem Morgen, an dem draußen ein Schneesturm tobte, während uns vielleicht schon in den kommenden Stunden die Hölle auf Erden drohte, lachten die Kinder miteinander, unterhielten sich und hatten Vergnügen an den Spielen, die sie sich ausdachten.
    An dem Klavier, das in der Ecke stand, saß ein zehnjähriger Junge namens Walter. Im Mutterleib war er mit Crack, Meth, Whiskey und anderem Zeug traktiert worden. Er konnte nicht sprechen und nahm nur selten Blickkontakt mit seiner Außenwelt auf. Sich selbst anzuziehen, das konnte er auch nicht lernen. Hörte er jedoch eine Melodie nur ein einziges Mal, so konnte er sie bis auf die letzte Note perfekt wiedergeben, mit Leidenschaft und Feingefühl. Obwohl er so vieles andere verloren hatte, war ihm diese Begabung geblieben.
    Er spielte leise und wunderschön, ganz in der Musik verloren. Ich glaube, es war Mozart. Um so etwas definitiv zu erkennen, bin ich zu ungebildet.
    Während Walter Musik machte und die anderen Kinder spielten und lachten, schlichen Bodachs durch den Raum. Aus den dreien der vergangenen Nacht waren sieben geworden …

18
    Schwester Angela, die Mutter Oberin, managte das Nonnenkloster und das Internat in ihrem kleinen Büro neben der Krankenstation. Das Mobiliar, bestehend aus Schreibtisch mit Drehsessel, Aktenschrank und zwei Besucherstühlen, wirkte einfach, aber einladend.
    An der Wand hinter dem Tisch hing ein Kruzifix, an den anderen Wänden waren drei Poster angebracht. Sie zeigten George Washington, Harper Lee – die Autorin von Wer die Nachtigall stört – und Flannery O’Connor, von der Geschichten wie »Ein guter Mensch ist schwer zu finden« stammen.
    Diese Personen bewunderte Schwester Angela aus vielen Gründen, aber vor allem wegen einer bestimmten Eigenschaft, die ihnen allen gemein war. Worin diese Eigenschaft bestand, verriet sie nicht; sie wollte, dass man über die Frage nachdachte und eine eigene Antwort fand.
    »Ich bitte um Entschuldigung wegen meiner Füße, Ma’am«, sagte ich und blieb auf der Schwelle stehen.
    Sie blickte von einer Akte auf, die sie studierte. »Wenn die müffeln, dann nicht so stark, dass ich gerochen hätte, wie du kamst.«
    »Nein, Ma’am, es geht darum, dass ich in Socken bin. Schwester Maria Clara hat mir die Stiefel weggenommen.«
    »Die gibt sie dir bestimmt zurück, Oddie. Bisher hatten wir jedenfalls kein Problem damit, dass Schwester Maria Clara irgendjemandem
die Schuhe gestohlen hätte. Komm rein, setz dich!«
    Ich machte es mir auf einem der Stühle vor ihrem Tisch bequem und zeigte auf die Poster an der Wand. »Das sind alles Südstaatler.«
    »Südstaatler haben viele gute Eigenschaften, zum Beispiel Charme, Höflichkeit und einen Sinn für Tragik. Das ist aber nicht der Grund, weshalb mich gerade diese Leute inspirieren.«
    »Liegt es an ihrem Ruhm?«, fragte ich.
    »Jetzt stellst du dich aber bewusst dumm.«
    »Nein, Ma’am, jedenfalls nicht bewusst.«
    »Wenn ich bei diesen dreien ausgerechnet ihren Ruhm bewundern

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