Schattenpakt - Roland, L: Schattenpakt - Viper Moon (01 The Novel of the Earth Witches)
sehr. Ich werde über kleinere Drogendeals hinwegsehen. Aber bewaffneter Raubüberfall? Nein.«
Davon würde er nicht abweichen, also musste ich das Beste daraus machen.
Flynn hatte an diesem Vormittag viel verkraften müssen. Abgesehen von seiner nagenden Angst wegen Selene machte es ihn bestimmt nicht froh, wie ungerührt ich wegen Michaels Akte war. Natürlich war es mir nicht gleichgültig, aber durch den täglichen Kontakt mit den Barrows hatte ich gelernt, berechnend zu sein. Ich nutzte die Werkzeuge, die mir zur Verfügung standen. Michael war so ein Werkzeug. Zumindest dachte ich das. Oder war es etwa umgekehrt, dass Michael mich aus irgendeinem Grund benutzte?
Elise stellte ein viel kleineres Geheimnis für mich dar als Michael. Sie schien mir eine Hexe zu sein oder zumindest eine stark medial veranlagte Person. Höchstwahrscheinlich jemand, der sich zu eingehend mit Geheimnissen befasst hatte, die man lieber ruhen ließ. Wahrscheinlich war sie einmal zu tief vorgestoßen, sodass sie an Geist und Seele Schaden genommen hatte. Abby hatte mir von solchen Dingen erzählt. Sie stellten eine große Gefahr für jene dar, die sich mit Magie befassten.
Trotz Theron und des Goblin Den wollte ich nicht vorschnell über Michael urteilen; vor allem, da ich so wenig wusste. Michael hatte recht. Mein kaum als blütenrein zu bezeichnender Charakter erlaubte mir nicht, mit Steinen zu werfen. Doch den Meisterverbrecher Carlos Dacardi konnte ich mir sehr wohl zunutze machen.
Wir fuhren auf der River Street in südlicher Richtung. Unser erster Halt würde beim Holey Joe’s sein.
Flynn machte ein finsteres Gesicht, als ich vor dem Laden anhielt. »Das ist eine Strip-Bar. Sie glauben doch wohl nicht …«
»Ich suche nach Informationen. Ich habe den sexbesessenen Joe mal vor einer Horde Bastinados gerettet. Ich habe ihn schon eine ganze Weile nicht mehr an meinen tapferen Einsatz erinnert, den ich seinetwegen auf mich genommen hatte.«
Flynn nahm meine Erklärung mit hochgezogener Augenbraue zur Kenntnis, sagte jedoch nichts dazu.
Joseph P. Holey nutzte seine unternehmerischen Fähigkeiten, um seine gierigen Finger in mehr als einem widerwärtigen Geschäft zu haben. Aber keines davon hatte etwas mit Kindern zu tun. Dadurch stand er eine Stufe über dem übrigen Abschaum.
Flynn folgte mir durch eine Gasse zum Hintereingang, da der Haupteingang erst nach Einbruch der Dunkelheit aufgemacht werden würde. Die erstickende Hitze wurde zwischen den eng stehenden Häusern zu einer schwülen, stinkenden Brühe. Ein totes Tier, bei dem nicht zu erkennen war, was es einmal gewesen war, lag neben einem überquellenden Müllcontainer, und eine Schar arroganter Ratten labte sich an dem Kadaver. Die kleinen Mistviecher machten sich noch nicht einmal die Mühe aufzuschauen, als wir an ihnen vorbeigingen.
»Versuchen Sie, nicht zu tief Luft zu holen«, erklärte ich Flynn.
Ein einzelnes, an die Wand gemaltes H zeigte, wo das Joe’s war. Die Stahlgittertür stand offen, aber die Tür dahinter war fest verschlossen.
Ich klopfte an die Tür. »Ich bin’s … Cass. Ich muss mit Joe sprechen.«
Das Schloss klickte, und die Tür ging auf. Ich trat ein und ging sofort in Habtachtstellung. Hector, Joe’s Türsteher, stand am anderen Ende des Raums. Der bullige Kerl mit einem Gehirn von der Größe einer Walnuss war ein Stück nach hinten gewichen, um mehr Spielraum zu haben. Hector stürzte sich auf mich. Ich trat zur Seite und stellte ihm ein Bein, sodass er zu Boden krachte. Allerdings hatte ich vergessen, dass Flynn hinter mir stand.
Hector prallte gegen Flynn, und beide gingen zu Boden, wobei Hector auf ihm landete. Alle Luft aus Flynns Lunge entwich mit einem lauten Zischen. Shit! Das hatte mir gerade noch gefehlt.
Hector, der außer sich vor Wut war, legte seine Hände um Flynns Hals. Ich packte Hector von hinten an den Haaren und riss seinen Kopf so weit zurück, dass ich ihm in die Augen sehen konnte. Ich wollte nur seine Aufmerksamkeit.
Flynns Faust sauste schnurgerade auf Hectors schutzlosen Kiefer zu. Ein kurzer Hieb, doch man hörte ein Knacken, als würde ein Ast unter seiner winterlichen Schneelast brechen. Verdammt beeindruckend.
Hector brach zusammen.
Ich rollte ihn gerade von Flynn herunter, als Sho Yi, Joe’s Barkeeper, eintraf.
»Du hast es schon wieder getan«, sagte Sho. »Jetzt muss ich für heute Abend einen Türsteher anheuern.«
»Er hat angefangen, Sho.«
Sho wirkte nicht sonderlich traurig. Hector
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