Schattenpakt - Roland, L: Schattenpakt - Viper Moon (01 The Novel of the Earth Witches)
Hintertür in den Garten.
Ich wollte ihm hinterher.
»Nein«, sagte Abby. »Gib ihm Zeit zum Nachdenken. Denk daran, was du selber durchgemacht hast. Du warst dafür empfänglich so zu denken, wie du es tust. Er ist sehr stark und glaubt an Ordnung, nicht an Chaos. Aber er wird damit klarkommen.«
»Ich weiß, aber alles geht vor die Hunde. Nichts ergibt mehr einen Sinn in den Barrows.«
»Für irgendjemanden doch. Du scheinst nur Bruchteile von Informationen zu erhalten. Du musst wissen, dass ich in dieser Sache nicht drinstecke. Ich kann dir nur ganz wenig Hilfe anbieten.«
»Das habe ich mir schon gedacht. Warum? Die Mutter …«
»… entscheidet, was ich wissen soll und wann und erteilt mir Instruktionen. In dieser Sache habe ich jedoch weder Informationen noch Anweisungen erhalten.«
»Ich nehme an, dass ich irgendetwas Wichtiges tun soll … etwas sehr Gefährliches. Und ich glaube, weil du mich zu sehr liebst, würdest du mich vielleicht aufhalten wollen.«
Abby lachte. Abbys Lachen konnte Blumen zum Blühen und Bäume dazu bringen, mitten im Winter auszuschlagen. »Cassandra, hast du nach all den gemeinsamen Jahren endlich ein bisschen Weisheit erlangt? Reife? Wirst du tatsächlich endlich einmal erst nachdenken, ehe du handelst?«
»Na ja, so weit würde ich nun nicht gehen. Und falls du es nicht wissen solltest … ich liebe dich auch sehr.«
Abby lachte wieder, schlang die Arme um mich und umarmte mich ein letztes Mal. Sie drückte mich zu fest und zu lang … Sie strahlte Angst aus. Was konnte die mächtigste Hohepriesterin der Erdmutter so in Angst versetzen? Ich nahm an, dass ich das schon bald herausfinden würde.
»Du und Flynn … seid ihr ein Liebespaar?« Abby klang neugierig, aber keinesfalls missbilligend.
»Seit letzter Nacht. Es ist anders mit ihm. Ich habe Angst. Ich will, dass er bleibt, aber …«
»Er ist nicht wie die anderen, Cassandra. Er gehört dir. Ich habe gesehen, wie er dich anschaut.«
Ich stand auf. »Ich schaue ihn auch an. Ich werde es nehmen, wie es kommt.«
Ich ging nach draußen und sah Flynn im Garten stehen.
»Na«, sagte ich. »Alles in Ordnung?«
»Ja. Ich denke schon.« Er legte einen Arm um meine Schulter.
In dem Moment wollte ich nur eins: Mit ihm schlafen und dann einschlummern. Stattdessen verließen wir die kühle Oase, Abbys Haus, und begaben uns zu den Docks. Ich umklammerte das Lenkrad, als wir in die Barrows fuhren. Die brennende Sonne stand tief am Himmel, als ich die River Street verließ und ins Industriegebiet abbog. Ich warf Flynn einen kurzen Blick zu und sah, dass er die Hände zu Fäusten geballt hatte.
»Hat Dacardi viele legale Geschäfte laufen?«, fragte Flynn.
»Ich glaube schon. Ich arbeite nicht in dem Bereich, aber die Bundesbehörden und vor allem die Steuerbehörde behalten ihn ständig im Auge.«
»Drogen?«
»Erstaunlicherweise nicht. Er hat ein paar Kasinos; wahrscheinlich zum Geldwaschen. Er handelt vor allem mit Gewehren und anderen Waffen. Ihm gehören ein paar große Dinger in Mexiko. Irgendjemand hat mir erzählt, dass Interpol ihn auch im Visier hat.«
»Ich hoffe, das Zeug im Lagerhaus heute war nicht seins«, meinte ich. »Er ist wahrscheinlich etwas mies drauf, wenn er weiß, was wir getan haben.«
»Waren nicht seine Sachen, obwohl es schon möglich ist, dass er damit irgendwann mal gehandelt hat. Ich habe am Tatort mit Perkins gesprochen. Er ist von der Bundessicherheitspolizei und seit der Sache in der Exeter Street hier. Habe letztes Jahr ein paar Mal mit ihm zusammen ermittelt. Sie verfolgten da so eine Lieferung aus China, als die verschwand. Die von der Bundespolizei erzählen einem nicht viel, aber Perkins sagt, dass sie seit einem Jahr wissen, dass es da einen großen Käufer in den Staaten gibt. Offensichtlich war unser Fund für sie ein richtiger Durchbruch in der Sache.«
»Es könnte sein, dass Dacardi dich nicht reinlässt.«
»Dann wirst du ihn eben dazu bringen müssen, nicht wahr? Du scheinst mir ziemlich gut darin zu sein, ihn herumzukommandieren.« Er streckte die Hand aus und verstrubbelte mir das Haar.
In der Gegend standen vor allem Lagerhäuser, bis man endlich die Docks erreichte. Eine ziemlich saubere, florierende Gegend. Landwirtschafts- und Industriegüter wurden über Frachtkähne umgeschlagen, die den Mississippi befuhren. Das Columbia-Lagerhaus und dessen Nordeingang zu finden war nicht weiter schwer. Doch hineinzugelangen erwies sich schon als ein bisschen problematischer.
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