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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd
Autoren: Tami Hoag
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zu tun hätte.«
    Die kleinen Augen in dem teigigen Gesicht funkelten wieder hinterhältig. »Ich war nicht für ihn zuständig. Das war Erins Aufgabe. Sehen Sie jetzt, was für eine Art Pferdepflegerin sie war? Wenn ich Mr. Jade wäre, hätte ich sie umgebracht.«
    Vielleicht hat er das ja, dachte ich, als ich aus dem Zelt ging.
    Ich entdeckte Paris Montgomery auf dem Trainingsparcours. Mit wippendem goldblonden Pferdeschwanz und Sonnenbrille auf der Nase übersprang sie mit ihrem Pferd eine Reihe von Hindernissen. Poesie in Bewegung. Don Jade stand am Rand, filmte sie mit einem Camcorder, während ein großer, magerer, rothaariger, rotgesichtiger Mann mit wütenden Gesten auf ihn einredete. Ich näherte mich dem Parcours ein Stück von den Männern entfernt, meine Aufmerksamkeit scheinbar auf das Pferd gerichtet.
    »Wenn die Testergebnisse auch nur irgendwas Verdächtiges zeigen, Jade, dann bist du dran«, sagte der Rotgesichtige laut, kümmerte sich anscheinend nicht darum, ob jemand zuhörte, oder wollte genau das erreichen. »Hier geht’s nicht nur darum, ob General Fidelity zahlt oder nicht. Du bist schon viel zu lange mit diesem Scheiß davongekommen. Wird Zeit, dass dir jemand einen Riegel vorschiebt.«
    Jade verhielt sich absolut still, wurde nicht wütend, brachte nichts zu seiner Verteidigung vor. Er hörte nicht mal auf zu filmen. Er war ein gedrungener Mann mit den muskulösen Unterarmen eines professionellen Reiters. Sein Profil hätte gut auf eine römische Münze gepasst. Er mochte etwa fünfunddreißig sein oder auch fünfzig, und man würde das immer noch über ihn sagen, wenn er siebzig war.
    Er beobachtete seine Assistentin beim Sprung mit Park Lane über ein kombiniertes Hindernis und runzelte die Stirn, als das Pferd mit der Vorderhand gegen eine Stange schlug und sie runterwarf. Als Paris vorbeigaloppierte, sah er zu ihr hoch und rief ihr ein paar Korrekturen zu, mit denen sie das Pferd dazu bringen sollte, beim Absprung die Hinterhand besser anzuwinkeln.
    Der andere Mann schien es nicht glauben zu können, dass seine Drohungen unbeantwortet blieben. »Du bist wirklich ein ganz Ausgebuffter, Don. Willst du’s denn nicht mal abstreiten?«
    Jade sah ihn immer noch nicht an. »Warum sollte ich, Michael? Ich hab keine Lust, zu allem anderen auch noch für deine Herzattacke verantwortlich gemacht zu werden.«
    »Du selbstgefälliger Dreckskerl. Du glaubst wohl immer noch, du könntest die Leute dazu bringen, deinen Arsch zu küssen und ihnen einreden, dass er nach Rosen duftet.«
    »Vielleicht tut er das ja, Michael«, erwiderte Jade ruhig, beobachtete weiter sein Pferd. »Du wirst es nie erfahren, weil du ihn nicht küssen willst. Du willst nicht, dass ich unschuldig bin. Du genießt es zu sehr, mich zu hassen.«
    »Da bin ich nicht der Einzige.«
    »Ich weiß. Ich bin zum nationalen Freizeitvergnügen geworden. Das ändert aber nichts daran, dass ich unschuldig bin.«
    Er rieb sich den sonnenverbrannten Nacken, sah auf die Uhr und seufzte. »Das reicht für heute, Paris«, rief er und schaltete die Kamera aus.
    »Ich rufe heute Dr. Arnes an«, sagte der andere Mann. »Wenn ich rausfinde, dass du Verbindungen zu dem Labor hast …«
    »Wenn Arnes dir irgendwas über Stellar erzählt, lass ich ihm die Zulassung entziehen«, gab Jade gelassen zurück. »Nicht dass es da was zu erzählen gäbe.«
    »Oh, ich bin sicher, dass was dahinter steckt. Tut’s bei dir doch immer. Mit wem warst du diesmal im Bett?«
    »Wenn ich schon darauf antworten muss, würde ich sagen, das geht dich nichts an, Michael.«
    »Ich sorge dafür, dass es mich etwas angeht.«
    »Du bist besessen.« Jade wandte sich den Ställen zu, als Paris mit Park Lane herankam. »Wenn du genauso viel Energie auf deine Arbeit verwenden würdest wie auf deinen Hass gegen mich, könntest du vielleicht was aus dir machen. Und jetzt entschuldige mich, Michael, ich hab ein Geschäft zu führen.«
    Michaels Gesicht war eine verzerrte, mit Sommersprossen bedeckte Maske der Verbitterung. »Nicht mehr lange, wenn ich es verhindern kann.«
    Jade verschwand in Richtung der Ställe, anscheinend unberührt von dem Wortwechsel. Sein Gegner blieb noch einen Augenblick stehen, atmete schwer und sah enttäuscht aus. Dann drehte er sich um und stapfte davon.
    »Bah, das war widerlich«, sagte ich. Tomas Van Zandt stand keine drei Meter von mir entfernt. Er hatte den Wortwechsel zwischen Jade und dem anderen Mann heimlich belauscht, genau wie ich, und so
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