Schattenpferd
Pferdepflegerin, im Schlepptau aus dem Zelt, als wir gerade eintreten wollten. Van Zandt blaffte das Mädchen an, sie solle doch aufpassen und murmelte halblaut »dumme Kuh«, als das Pferd sie weiterzog.
»DJ., warum kannst du dir keine Mädchen mit etwas mehr Hirn suchen?«, fragte er laut.
Jade stand in der offenen Tür der Sattelkammer, die grün ausgeschlagen und mit Rosetten und Schleifen aus kürzlich gewonnenen Turnieren behängt war. Er trank gelassen eine Cola Light. »Soll das eine Art Rätsel sein?«
Van Zandt brauchte ein wenig, um zu kapieren, und lachte dann. »Ja – eine Fangfrage.«
»Entschuldigung«, sagte ich höflich, »aber sehe ich so aus, als stände ich hier mit einem Penis?«
»Nein«, erwiderte Paris Montgomery und kam aus der Sattelkammer. »Mit zwei Pimmeln.«
Van Zandt grummelte, gab sich aber gutmütig. »Du hast ein loses Mundwerk, Paris!«
Sie schenkte ihm ein breites Grinsen. »Das sagen die Kerle immer.«
Hahaha. Jade achtete nicht darauf. Er sah mich an. Ich erwiderte den Blick und streckte die Hand aus. »Ellen Stevens.«
»Don Jade. Sind Sie mit diesem Typ befreundet?«, fragte er und deutete mit dem Kopf auf Van Zandt.
»Werfen Sie mir das nicht vor. Er ist eine Zufallsbekanntschaft.«
Jades Mundwinkel hob sich. »Tja, eigentlich überlässt Tomas nie etwas dem Zufall.«
Van Zandt nickte. »Ich warte nicht darauf, dass die Gelegenheit an meine Tür klopft. Ich gehe raus und lade sie höflich ein. Und die hier ist gekommen, um deine Pferdepflegerin zu entführen«, fügte er hinzu und zeigte auf mich.
Jade wirkte verwirrt.
»Nicht die Dicke«, erklärte Van Zandt. »Die Hübsche. Die Blonde.«
»Erin«, erklärte Paris.
»Die, die abgehauen ist.« Jade sah mich immer noch an.
»Ja«, bestätigte ich. »Offenbar ist mir jemand zuvorgekommen.«
Er zeigte keine Reaktion, schaute nicht weg oder drückte sein Bedauern aus, dass das Mädchen gegangen war. Nichts.
»Scheint so«, witzelte Paris. »Elle und ich werden eine Unterstützergruppe für Leute ohne Pferdepfleger gründen.«
»Wieso waren Sie ausgerechnet an Erin interessiert?«, fragte Jade. »Sie hatte nicht viel Erfahrung.«
»Sie hat aber gut gearbeitet, Don«, verteidigte Paris das vermisste Mädchen. »Ich würde sie sofort wieder nehmen.«
»Die Freundin einer Freundin hatte gehört, dass Erin vielleicht wechseln wollte«, sagte ich zu Jade. »Jetzt, wo die Saison begonnen hat, können wir nicht zu wählerisch sein, stimmt’s?«
»Allerdings. Haben Sie Pferde hier, Elle?«
»Nein, obwohl Z. versucht, das zu korrigieren.«
»V.«, verbesserte mich Van Zandt.
»Mir gefällt Z. besser«, sagte ich. »Ich werde Sie Z. nennen.«
Er lachte. »Nimm dich vor der in Acht, Jade. Das ist eine Tigerin.«
Jade hatte den Blick nicht von mir abgewandt. Er schaute unter den dämlichen Hut und hinter meine schicke Aufmachung. Der ließ sich nicht so leicht zum Narren halten. Ich merkte, dass auch ich nicht wegsehen wollte. Magnetismus ging von ihm aus wie ein elektrischer Funke. Ich hatte das Gefühl, spüren zu können, wie dieser Magnetismus meine Haut berührte, und fragte mich, ob Jade ihn kontrollieren, ihn an- und abschalten konnte. Vermutlich. Don Jade hatte sein Spiel nicht ohne einen hohen Grad an Geschicklichkeit überlebt.
Ob ich mich damit wohl messen konnte?
Bevor ich diese Frage beantworten konnte, schwankte eine unmittelbarere Gefahr ins Bild.
»Gott im Himmel! Welcher Sadist hat meine Reitstunde auf diese unchristliche Tageszeit gelegt?«
Stellars Besitzer: Monte Hughes III, seinen Freunden und Speichelleckern als Trey bekannt. Ein Playboy aus Palm Beach. Ein zügelloser, verderbter Trinker. Mein erster großer Schwarm, als ich jung und rebellisch war und zügellose, verderbte, besoffene Playboys romantisch und aufregend fand.
Eine Sonnenbrille verbarg seine zweifellos blutunterlaufenen Augen. Der Don-Johnson-Haarschnitt aus Miami Vice war silbern und Wind zerzaust.
»Wie spät ist es überhaupt?«, fragte er mit schiefem Grinsen. »Welchen Tag haben wir heute?«
Er war betrunken oder auf Droge oder beides. Das war er schon immer. Sein Blut musste nach all den Jahren einen permanenten Alkoholgehalt haben. Trey Hughes: der glückliche Säufer, der Leben in jede Party brachte.
Ich verhielt mich ganz still, als er näher kam. Kaum anzunehmen, dass er mich wiedererkannte. Bei unserer letzten Begegnung – vor zwanzig Jahren – war ich ein junges Ding gewesen, und der Suff hatte seine
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