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Schattenpferd

Titel: Schattenpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Bälle sind üppige, übertriebene Angelegenheiten, die fast so viel kosten, wie sie für den jeweiligen guten Zweck an Spenden erbringen. Der Nettoerlös für die Wohltätigkeitsorganisation kann schockierend gering sein, gemessen an der Bruttosumme, aber alle amüsieren sich dabei prächtig. Wenn man sich für so was interessiert – Designerklamotten, teuren Schmuck, die neuesten Schönheitsoperationen, das Posieren und die dämlichen Spielchen der lächerlich Reichen. Obwohl ich in dieser Welt groß geworden war, hatte ich nie die Geduld dafür aufgebracht.
    Ich fand Sean in seinem begehbaren Kleiderschrank – größer als ein normales Schlafzimmer – und gerade dabei, seine Fliege zu binden.
    »Was ist denn die Krankheit des Tages?«, fragte ich.
    »Fängt mit P an.«
    »Plattfüße?«
    »Parkinson. Da sind die Berühmtheiten heutzutage ganz wild drauf. Und die Ballgäste werden jünger sein als bei den traditionelleren Krankheiten.« Er schlüpfte in seine Armani-Smokingjacke und bewunderte sich im dreiteiligen Spiegel.
    Ich lehnte mich gegen die Marmorplatte des Ankleidetisches und beobachtete ihn. »Eines Tages werden ihnen die Gebrechen ausgehen.«
    »Ich hab meiner Mutter gedroht, einen Ball für Genitalherpes zu veranstalten«, sagte Sean.
    »Davon könnte die Hälfte der Bevölkerung von Palm Beach profitieren.«
    »Und die andere Hälfte würde ihn sich bei den Nachfeiern zuziehen. Willst du als meine Begleiterin mitkommen?«
    »Um mir Herpes zu holen?«
    »Zum Ball, Aschenputtel. Deine Eltern sind bestimmt da. Je mehr Skandal, desto mehr Spaß.«
    Die Vorstellung, meine Eltern zu sehen, war noch abstoßender als die Erinnerung an den Besuch im Büro des Sheriffs. Zumindest bestand nach der Auseinandersetzung mit Landry die Möglichkeit, dass dabei etwas Gutes herauskam.
    Meine Mutter hatte mich zweimal im Krankenhaus besucht. Die mütterliche Pflicht einer Frau, die nichts Mütterliches an sich hatte. Sie hatte die Adoption eines Kindes aus Gründen durchgesetzt, die nichts mit der Liebe für ein Kind zu tun hatten. Ich war ein Accessoire ihres Lebens gewesen, wie eine Handtasche oder ein Schoßhund.
    Ein Schoßhund unbekannter Herkunft, und mein Vater hatte mir das jedes Mal vorgeworfen, wenn ich etwas in seinen Augen Ungebührliches tat – was oft der Fall war. Er hatte mein Eindringen in sein Leben abgelehnt. Ich war eine ständige Erinnerung daran, dass er unfähig war, eigene Kinder zu zeugen. Meine Ablehnung seiner Gefühle hatte das Feuer meiner Rebellion nur noch geschürt.
    Seit über einem Jahrzehnt hatte ich nicht mehr mit meinem Vater gesprochen. Er hatte mich verstoßen, als ich das College verließ und eine gewöhnliche Polizistin wurde. Ein Affront gegen ihn. Ein Schlag ins Gesicht. Genau. Und eine dürftige Ausrede, eine Beziehung zu beenden, die unzerstörbar hätte sein sollen. Wir hatten uns beide auf die Gelegenheit gestürzt.
    »Ach, das tut mir aber Leid«, sagte ich jetzt und breitete die Arme aus. »Ich bin nicht dafür angezogen.«
    Sean betrachtete meine alten Jeans und den schwarzen Rollkragenpullover mit kritischem Blick. »Was ist aus der Modepuppe von heute Morgen geworden?«
    »Sie hat den ganzen Tag damit verbracht, Leute vor den Kopf zu stoßen.«
    »Ist das was Gutes?«
    »Wir werden sehen. Drück an genug Pickeln herum, dann geht bestimmt einer auf.«
    »Wie ordinär.«
    »Ist Van Zandt aufgetaucht?«
    Er verdrehte die Augen. »Schätzchen, Leute wie Tomas Van Zandt sind der Grund, warum mein Grundstück mit einem Tor verschlossen ist. Falls er da war, hab ich nichts davon mitbekommen.«
    »Wahrscheinlich ist er zu sehr damit beschäftigt, Trey Hughes Pferde für ein paar Millionen aufzuschwatzen.«
    »Die Pferde wird der auch brauchen. Hast du die Stallungen gesehen, die er baut? Das Taj Mahal von Wellington.«
    »Ich hab davon gehört.«
    »Fünfzig Boxen mit Stuckverzierungen, stell dir das mal vor. Über dem Stall vier Wohnungen für die Pferdepfleger. Überdachte Reitbahn. Riesiger Parcours.«
    »Und wo ist das?«
    »Vierzigtausend Quadratmeter bestes Bauland auf diesem neu erschlossenen Gelände beim Grand Prix Village: Fairfields.«
    Der Name versetzte mir einen Schock. »Fairfields?«
    »Ja«, bestätigte er, befestigte seine französischen Manschettenknöpfe und betrachtete sich erneut im Spiegel. »Das wird eine gewaltige, protzige Monstrosität, und jeder Springreiter an der Ostküste wird Hughes’ Trainer beneiden. Ich muss los, Herzchen.«
    »Warte.

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