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Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Titel: Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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musste erst wissen, was im Goldenen Meer geschehen war. Gajan war ihm immer der liebste der Prinzen gewesen, er musste einfach in Erfahrung bringen, ob er noch lebte, alles andere würde sich dann schon finden. Er schritt noch einmal den Kreis ab, die vier Birkenblätter sorgsam in den hohlen Händen haltend, und wiederholte: » Saru ziqu, galabu sami, awur dabawu nesu Gajan ti Olan.« Es war ein alter Zauber aus einem fernen, längst vergangenen Reich. Er hatte ihn in dieser Form noch nie angewandt, denn in der Schule des Lebendigen Odems hatten sie andere, neuere Sprüche, solche wie den, mit dem er es am Morgen versucht hatte, doch Quent klammerte sich an die Hoffnung, dass die Alten es vielleicht doch besser wussten. Er hielt inne und wartete. Der Wind antwortete. Er sprach durch die Blätter in seiner Hand, wisperte von dem Schiff, das untergegangen, und dem Boot, das davongekommen war. » Gajan ti Olan«, wiederholte Quent, aber der Wind wich aus, die Blätter verstummten.
    Quent erstarrte. Hatte er versagt? Warum war es so still? Dann geschah etwas Merkwürdiges: Er sah ein Bild. Er konnte nicht sagen, woher es kam, doch es stand so klar vor ihm, dass er glaubte, es berühren zu können. Es war das Meer, ein tückisches Riff, über dem sich kaum merklich die Wellen brachen. Und dann veränderte sich das Bild, und Quent war, als würde er mit dem Wind über die Wogen fliegen. Der Wind zog über das Meer. Da war ein Boot, klein auf den Wellen. Drei Männer saßen darin, doch keiner war Gajan, keiner Olan. Das wollte er nicht sehen, aber der Wind schien Quent noch näher heranzutragen.
    Das Boot hob und senkte sich im Rhythmus der Wellen. » Ich glaube, der Wind dreht«, sagte Wamed müde.
    Kapitän Baak reckte den Kopf und steckte die Nase in den Wind. » Nein, nur eine Böe.« Er starrte zum Horizont. Er meinte, eben etwas gesehen zu haben, was er schon lange suchte. Jetzt wieder. Er stand auf. Kein Zweifel, wir haben es geschafft, dachte er. » Da, seht ihr!«, sagte er laut und wies voraus.
    Wamed und Hafid reckten die Köpfe.
    » Was ist das?«, fragte Hafid.
    Baak streckte sich und wartete, bis er ganz sicher war. » Das ist der Spiegelturm von Felisan, der den Schiffen bei Tag den Weg weist. Wir können den Hafen nicht mehr verfehlen. In der Nacht entzünden sie in diesem Turm große Feuer, wisst ihr?«
    » Ich weiß, ich war schon oft …«, sagte Wamed und sprach nicht weiter.
    Sepe Baak drehte sich um. Wamed starrte ihn mit offenem Mund an, seine Lippen formten ein Wort, brachten aber keinen Ton heraus, und dann fiel er tot vornüber. Ein roter Fleck breitete sich auf seinem Rücken aus. Baak starrte entsetzt auf den Leichnam. Dann irrte sein Blick zu Hafid, der seelenruhig im Heck des Bootes saß und mit der Rechten das Ruder führte. In der Linken hielt er ein Messer.
    » Was hast du getan?«, flüsterte der Kapitän.
    Hafid seufzte, dann schüttelte er sich, und ein seltsamer falscher Schatten schien über seinen Körper zu gleiten, verschwand, und statt Hafid saß plötzlich Jamad dort, Jamad, der ihm den verfluchten Auftrag besorgt hatte, Jamad, den er gefürchtet hatte und der doch letzte Nacht ertrunken war. Er saß dort und lächelte.
    Baak starrte ihn fassungslos an. » Aber du bist tot!«, stieß er hervor.
    Jamad lachte auf eine seltsame, fröhliche Art, und jetzt, beim zweiten Hinsehen, erkannte Baak, dass Jamad sich noch weiter verändert hatte. Dort saß eine junge, lächelnde Frau, hager, mit harten Gesichtszügen und leicht mit einem Mann zu verwechseln.
    Der Kapitän sank schwer auf seinem Sitz zusammen. » Wer bist du?«, flüsterte er.
    » Ihr könnt mich Jamade nennen, Kapitän. Ich dachte, es wäre langsam Zeit, mich vorzustellen. Wisst Ihr, ich wäre Euch sogar zu Dank verpflichtet – wenn Ihr nicht versucht hättet, mich zu täuschen.«
    » Ich weiß nicht, was du meinst«, stieß Baak rau hervor.
    » Das Riff. Ihr wusstet, dass wir es Stunden früher als angekündigt erreichen würden. Ihr habt gehofft, das Schiff reißt mich mit in die Tiefe.«
    » Nein, ein Versehen, nur ein Versehen«, stammelte Baak.
    » Beruhigt Euch. Ohne Euch hätte ich es nie geschafft. Ihr wart eine große Hilfe.«
    » Eine Hilfe?«
    » Alleine hätte ich gewiss kein ganzes Schiff versenken können, und ohne Eure Kenntnisse hätte ich den Weg nach Felisan kaum gefunden. Ich bin kein Seemann«, sagte die junge Frau lächelnd.
    » Aber Wamed, Gollis und – was hast du mit Hafid gemacht?«
    » Mitwisser,

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