Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten
verschwunden.«
Aggi nickte nachdenklich. Diese Frau war klüger, als er erwartet hatte, aber auch verbittert, was ihm leid tat.
» Er wollte übrigens schon bald fort, wenn Euch das hilft, Herr Soldat. Er sagte etwas von einer größeren Summe, die er bald erhalten würde, und war ziemlich aufgeregt deswegen.«
Aggi leckte sich nachdenklich die Lippen. Ludgar hatte also fortgewollt. Weil sein Auftrag so gut wie vollendet gewesen war? Das schien ihm wahrscheinlich, denn das würde auch die größere Summe erklären, auf die der Verwalter gewartet hatte. War das vielleicht der Punkt? Ein Streit um die Bezahlung? Aber Bezahlung wofür? Aggi hatte das Gefühl, dass er nahe dran war. Auf jeden Fall hieß das, dass die Pläne, in die der Verwalter verwickelt war, kurz vor dem Abschluss standen. Dann stand es ihm klar vor Augen: Apei Ludgar war ermordet worden, weil er zu viel wusste, vielleicht auch zu viel kostete und wahrscheinlich nicht mehr gebraucht wurde, so einfach war das. Teis Aggi nickte grimmig. Ob Ludgar gewusst hatte, dass er sich mit einem Schatten eingelassen hatte?
» Ich danke Euch, Fräulein Coraja, Ihr habt mir sehr geholfen«, sagte er, und dann verabschiedete er sich höflich. Sie lächelte zur Antwort auf eine Art, die Aggi wieder in Verlegenheit brachte. Er war froh, dass er das Rote Haus verlassen konnte. Er musste nachdenken, und in Anwesenheit dieser Frau hatte er damit große Schwierigkeiten. Der Geruch von warmem, feuchtem Stroh folgte ihm bis auf die Straße. Es roch auf einmal irgendwie verlockend.
Erst als er wieder in der Altstadt war, ging er etwas langsamer. Er verstand vieles noch immer nicht. Was wollte der Schatten in Atgath, was hatte er in der Burg gewollt? Diese Frage zu beantworten war auf der einen Seite einfach, denn es gab nur ein mögliches Ziel für einen solchen Mann, und das war Herzog Hado, doch andererseits war es wieder überhaupt nicht einfach, denn Atgath war eine unbedeutende, arme Stadt, eine unter vielen kleinen Städten im Seebund, kein Ort, um dessen Herrschaft je gestritten wurde, auch wenn die Stadt Sitz und Stimme im Seerat hatte. Die Zeiten des Silberrauschs waren doch schon lange vorbei, und außerdem – es standen Erben hinter dem Herzog. Da Hado III . keine eigenen Kinder hatte, wäre Prinz Gajan der nächste. Aggi kannte den Prinzen von früher. Er erinnerte sich daran, wie froh der Mann gewesen war, als der Seerat ihn nach Frialis gerufen hatte und er Atgath endlich hatte verlassen dürfen. Er grinste. Gajan würde vermutlich eher morden, um nicht Herzog werden zu müssen. Und nach Gajan kamen seine drei Söhne, dann seine beiden Brüder, und keiner von denen war der Mann, Herzog Hado einen Mörder auf den Hals zu hetzen. Aggi seufzte. Er übersah irgendetwas, oder vielleicht wusste er auch irgendetwas noch nicht. Er hoffte, dass Meister Hamoch mehr Glück bei seinen Nachforschungen hatte. Und er hoffte, dass der Magier schnell herausfinden würde, dass Ela mit der ganzen Sache doch nichts zu tun hatte. Er ging wieder schneller. Es kam nicht sehr oft vor, dass einer der Magier einen Verbrecher verhörte, aber Aggi hatte gehört, dass sie sehr schmerzhafte Methoden kannten, um die Wahrheit herauszufinden. Der Adlatus kannte Ela nicht so gut wie er. Aggi konnte sich nicht darauf verlassen, dass er ihre Unschuld gleich erkannte.
Bahut Hamoch sah seinen Kindern gerne bei der Arbeit zu. Er stand am Kopf der Treppe und blickte hinab in sein Laboratorium. Die Homunkuli waren fleißig und unermüdlich wie immer. In gewisser Weise erinnerten ihn die kleinen Helfer an seine eigene Kindheit in den Sümpfen von Saam, wo er, ein stets kränkelndes Kind von acht Jahren, der Obhut von Meister Krohm übergeben worden war, weil sein Vater eingesehen hatte, dass er für die harte Arbeit auf den Reisfeldern nicht taugte. Zu seinem Pech war sein erster Lehrer für einen Zauberer ziemlich beschränkt gewesen, und der junge Bahut hatte in wenigen Jahren alles gelernt, was es dort zu lernen gab. Trotzdem hatte Meister Krohm ihn nicht fortgelassen, hatte ihn bei sich behalten und sich geweigert, ihn für eine der Zauberschulen zu empfehlen. Kostbare Jahre hatte er in den Sümpfen verloren, und erst auf dem Totenbett hatte Krohm ihn freigegeben. So war es gekommen, dass er, als er endlich in Elsing dem Orden der Silbernen Flamme der Weisheit beitreten durfte, der mit Abstand älteste Schüler war und schmerzhaft erfuhr, wie lückenhaft Meister Krohms Ausbildung gewesen war.
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