Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
unglücklichen General Hasfal den Hang hinunterführten. » Du hast mir einmal erklärt, man könne nicht unter dem Schutz eines magischen Schattens töten«, sagte sie.
» Es war nicht meine Hand, die die Waffe hielt, Hoheit«, erklärte Almisan ruhig. » Es war der Arm des Generals, den ich nur bewegte.«
» Erstaunlich«, murmelte Shahila.
» Seid Ihr zufrieden, Hoheit?«
» Ich wollte den Kopf dieses Generals, nun habe ich zwei andere dafür bekommen. Ich bin mir noch nicht sicher, ob das ein guter Tausch war.«
» Er hat sich schuldig bekannt. Ich halte es für gut möglich, dass ihn diese beiden Toten auch noch den Kopf kosten werden. Auf jeden Fall ist er verhaftet und dieses Heer da unten völlig führungslos, Hoheit.«
» Ich glaube nicht, dass Gidus zulassen wird, dass der General hingerichtet wird. Hast du nicht gehört, wie er ihm gut zuredete, nur ja zu schweigen, und ständig von unglücklichen Umständen und tragischen Versehen sprach? Nein, ich glaube nicht, dass der Seebund seinen beliebtesten General aufs Schafott schickt.«
» Auf jeden Fall sind sie erst einmal beschäftigt – und erheblich geschwächt, Hoheit«, sagte der Hüne und seufzte.
» Was ist, Almisan? Du wirkst trotz des Erfolges besorgt.«
Die Miene des Hünen blieb unbewegt, als er sagte: » Ihr solltet ein Bad nehmen, Hoheit. Selbst ich spüre die Wirkung dieses Elixiers. Wir schulden dieser Hexe Kisbara Dank.«
Shahila trat einen Schritt zurück. Sie kannte Almisan, seit sie ein Kind war. Sie wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass sie auch in diesem Meister der Schatten diese Art von Gefühlen hervorrufen könnte. » Ich glaube, wir sollten ihr nicht zu sehr danken, sie könnte sonst misstrauisch werden.«
» Glaubt Ihr, dass Hamoch dieser Sache gewachsen ist, Hoheit?«
» Nein, eigentlich nicht. Ich denke, sie wird merken, was er vorhat, und den Spieß umdrehen. Aber sieh es einmal so – wir werden auch dann einen von zwei Totenbeschwörern los sein.«
» Hamoch war aber viel leichter zu manipulieren, als es diese Hexe je sein wird.«
Shahila blickte nach Osten. Die Spitzen der Berge hatten sich im Licht der aufgehenden Sonne rosa verfärbt, aber der Himmel darüber war schwarz von schweren Wolken. » Das ist wahr, Almisan«, sagte sie nachdenklich, » also wünschen wir ihm besser viel Glück.«
Sechzehnter Tag
Bahut Hamoch konnte eine gewisse Faszination nicht verhehlen: Er sah zu, wie Kisbe Kisbara noch einmal die kleine Messingschale ansetzte und den letzten Tropfen Blut daraus schlürfte.
Dann entfernte sie die kleine Röhre, die den roten Saft aus der Wunde im Nacken des Mädchens fließen ließ. » Du wirst dich an nichts hiervon erinnern, nicht wahr?«, fragte sie.
Das Mädchen, vielleicht zwölf Jahre alt, nickte langsam.
» Haltet Ihr das nicht für gefährlich, Meisterin? Sie arbeitet in der Burgküche.«
Kisbara zuckte mit den Achseln. » Seid nicht immer so furchtsam, Hamoch. Die Wege unter der Stadt werden uns leider für eine ganze Weile versperrt bleiben. Woher soll ich das junge Blut Eurer Meinung nach also nehmen? Und jetzt sagt Eurer Sklavin, dass sie das Mädchen hier hinausschaffen soll.«
Bahut Hamoch gab Esara einen Wink, und die Frau nahm das Kind an der Hand und zerrte das taumelnde Mädchen recht grob aus dem Laboratorium. Hamoch sah der verhärmten Frau an, wie wütend sie auf die Totenbeschwörerin war.
Kisbara reckte sich und leckte sich das letzte Blut von den Lippen. » Schaut nicht so angewidert drein, Hamoch. Eines Tages werdet auch Ihr auf die verjüngende Kraft von Jungfrauenblut zurückgreifen – wenn ich Euch denn jemals in die Einzelheiten dieses Zaubers einweihen sollte. Er steht nicht im Schwarzen Buch, wie Ihr sicher schon bemerkt habt, und selbst in unserem Orden beherrschen ihn nur die wenigsten.«
Hamoch betrachtete sie. Ihr Haar war immer noch schneeweiß, aber ihre Haut war wieder die einer jungen Frau, eher die eines Mädchens. Sie hatte sehr mitgenommen, um Jahre gealtert gewirkt, als sie dem Tod in den Stollen so knapp entronnen war. Jetzt war davon nichts mehr zu sehen.
» Ich habe einen anderen Zauber gefunden, ehrwürdige Kisbara, einen, der uns in der jetzigen Lage sehr nützlich sein könnte«, begann Bahut Hamoch.
» Wirklich? Soll ich das glauben? Ich hoffe, es gelingt Euch, mich zu überraschen. Enttäuscht habt Ihr mich wahrlich oft genug, Hamoch.«
Bahut Hamoch erbleichte und öffnete das Schwarze Buch auf einer der letzten Seiten.
Kisbara
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