Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
zurück und legte die Hand auf den Dolch in ihrem Gürtel. » Du bist ein Geschöpf dieses Totenbeschwörers? Was hast du mit Aina gemacht?«
Jamade lachte. » Aina ist schon seit Tagen tot. Du wirst sie gleich treffen.« Und dann rief sie den Schatten und huschte zur Seite.
Das Mädchen wich zurück und fuchtelte mit dem Dolch wild in der Gegend herum. » Komm mir nicht zu nahe, du verfluchtes Weib. Ich bin schon mit ganz anderen Leuten fertiggeworden!« Dann machte sie einen Ausfallschritt und stieß ins Leere.
Jamade war nicht einmal in der Nähe. Sie schlich zur Seite, zog ihr eigenes Messer und wartete ab. Sie musste den Schatten fallen lassen, bevor sie zustieß, deshalb musste sie das Mädchen von hinten erwischen. Sie stellte fest, dass es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war, es auf der Mauer zu beenden. Der Wehrgang war schmal, und es war nicht leicht, ihr Opfer zu umgehen. Sie sprang auf die Zinnen. Viele Klafter unter ihr schäumte das Meer in die Bucht, aber die Brandung klang nur gedämpft, weil sie so hoch waren. Jamade sah hinab und spürte den Sog der Tiefe. Dann sprang Ela gleich zweimal in dieselbe Richtung, die sogar beinahe die richtige war, als würde irgendein Instinkt sie leiten, ließ ihren Dolch dabei wild durch die Luft sausen und sprang doch einen guten Schritt an Jamade vorbei.
Jamade glitt von den Zinnen, schlich sich von hinten lautlos an das Mädchen heran, das ihr den Rücken zukehrte, und hob die Klinge. Gerade als sie den Schatten fallen ließ, fuhr Ela herum und stürzte sich auf sie. Jamade war überrascht und kam nicht zum Stoß. Ela schrie, packte Jamades Messerarm mit der Linken und schlug ihr mit der Rechten hart ins Gesicht. Die Überraschung währte nur einen Augenblick, dem nächsten Schlag konnte Jamade schon ausweichen, und sie rammte dem Mädchen ihr Knie mit voller Wucht in den Unterleib. Ela stöhnte, klappte halb zusammen und ließ sie dennoch nicht los. Sie rangen miteinander, und Jamade stellte fest, dass sie ihre Gegnerin unterschätzt hatte. Sie war stärker und schneller, als sie aussah, und allmählich drückte sie sie bedrohlich nah an die Zinnen heran. Jamade wusste, wie tief es da hinunterging, sie hatte es ja gerade erst gesehen. Sie stemmte sich gegen die Köhlertochter, die sie wütend anfunkelte, aber dann besann sie sich auf all das, was sie gelernt hatte. Sie verstärkte ihren Widerstand für einen kurzen Moment, und dann gab sie nach, wich zur Seite, nutzte die Kraft ihrer Angreiferin aus und beförderte sie mit einer einfachen Drehung über die Mauer.
Ela schrie auf, als sie über die Zinnen stolperte und das Gleichgewicht nicht mehr halten konnte. Für ein paar Sekunden hatte sie geglaubt, dass sie eine Chance hätte, hatte gehofft, dass ihr das, was sie von ihrem Vater gelernt hatte, doch endlich einmal etwas nutzen würde. Aber jetzt verlor sie den Boden unter den Füßen und stürzte über die Mauer – aber noch hielt sie den rechten Arm dieser falschen Schlange umklammert. Sie hielt ihn fest, auch als es ihr fast den eigenen Arm auskugelte und sie hart gegen die steinerne Brüstung prallte. Die Frau oben schrie ebenfalls auf. » Lass los, Bauernmädchen!«, zischte sie.
» Ich denke nicht dran!«, schrie Ela und merkte doch, wie sie allmählich den Griff verlor. Sie sah nach unten. Da warteten etliche Felsen auf dem langen Weg hinunter ins Meer. Sie würde sich sämtliche Knochen brechen, bevor sie auf dem Wasser aufschlug und ertrank.
» Schluss jetzt«, sagte die Fremde, und dann spürte Ela einen Schnitt auf dem Handrücken. Sie ließ los und fiel, prallte hart auf einen Felsvorsprung, brach sich ein paar Rippen und schaffte es dennoch irgendwie, sich festzuklammern. Sie hielt sich stöhnend an den scharfen Felsen fest, spürte Blut unter ihrem Gewand und an ihrer Hand, spürte, dass sie sich den linken Arm am Ende doch ausgekugelt hatte, und zog sich keuchend trotzdem irgendwie hoch, bis sie auf dem Felsen saß und die Mauer in ihrem Rücken spürte.
» Du bist wirklich zäh«, höhnte eine Stimme von oben.
Ela blickte auf. Die andere grinste. Sie war nicht weit weg, zehn Ellen, mehr nicht, aber dazwischen lag eine glatte Mauer, errichtet, um Menschen daran zu hindern, hier hinaufzuklettern. Sie blickte nach links, sie blickte nach rechts, aber es gab keinen Weg. Sie saß in der Falle. Sie warf noch einen vorsichtigen Blick hinab, dahin, wo die Brandung an die Felsen donnerte. Vielleicht würde sie einen Sprung da hinunter
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