Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
das ist Meister Leef, und er kann es nicht leiden, wenn seine Leute rasten.«
Als der Arbeiter mit seiner Last davonwankte, sah Jamade ihm nachdenklich hinterher. Ein Botschafter aus Oramar? Was hatte Aina mit ihm zu tun? Sie hoffte, dass die junge Frau das Schiff bald wieder verlassen würde. Ihr Plan sah vor, dass sie sich noch heute » zufällig« begegnen und kennenlernen würden. Sie war schon sehr neugierig, was diese Frau ihr zu erzählen hatte. Aber würde sie genug Zeit haben zu erfahren, was sie wissen musste? Entscheidend war, wann Prinz Sahif nach Felisan kommen würde. Reichte eine Nacht aus, um Ainas und seine Geheimnisse zu erfahren? Jamade lächelte. Es war eine Herausforderung, und sie liebte Herausforderungen.
Faran Ured und Heiram Grams erreichten das mächtige Nordtor der Stadt, einen uralten Bau, gemauert aus riesigen, vom jahrzehntelangen Ruß der Wachfeuer geschwärzten Steinquadern und versehen mit vielen feindselig starrenden Schießscharten, in denen hie und da Fackelschein aufleuchtete. Der Tag war trüb, und es schien selbst jetzt am Nachmittag nicht richtig hell werden zu wollen. Vor dem Tor stießen sie zu Ureds Verdruss auf eine lange Schlange von Menschen, die alle in die Stadt strebten.
» Was ist denn los? Sind die Tore etwa geschlossen? Oder wird ein Verbrecher gesucht?«, fragte Ured einen der Wartenden. Er hatte sich viel Mühe gegeben, den Anschein zu erwecken, dass die Diebe des herzoglichen Schatzes nach Osten, nach Niederharetien gegangen waren. Suchte man sie etwa trotzdem auch in Felisan?
Der Angesprochene schüttelte den Kopf. » So ist es jetzt, seit die Dinge in Atgath so drunter und drüber gehen. Habt Ihr es nicht gehört? Der gute Herzog Hado wurde von einem Schatten erschlagen. Und jetzt haben sie die Sicherheit verdoppelt und verdreifacht.«
» Aber einen Schatten werden sie doch so nicht fangen können«, meinte Ured verärgert.
» Wohl wahr, Freund, wem sagst du das, aber für die Dümmeren sieht es so aus, als wären sie hinter der Mauer sicherer als davor. Mich aber wird es nur Geld kosten. Ich will auf den Markt, aber erst morgen, doch muss ich schon heute in die Stadt und in einer Herberge übernachten, denn sonst komme ich zu spät, und es gibt nur noch das, was andere verschmäht haben, und das zu einem überhöhten Preis.«
Faran Ured äußerte tiefes Verständnis für die Nöte des Mannes, eines Müllers aus einem der nahegelegenen Dörfer, und fügte sich in das Unvermeidliche.
» Was soll ich sagen, wenn die mich fragen, wo wir herkommen, Meister Ured?«, fragte Köhler Grams brummend. Er trug die Kiste, in der sie das Silber aus Atgath herausgeschafft hatten, auf der Schulter, aber es sah nicht so aus, als ob ihn das Gewicht sonderlich drückte.
» Ihr, mein Freund, sagt gar nichts«, beschied ihn Ured. » Überlasst das Reden mir, ich bringe uns schon hinein.«
» Es ist nur, weil ich durstig bin, wisst Ihr? Ich hoffe sehr, sie weisen uns nicht ab.«
Es ging nur schleppend voran, weil die Wachen, ein gutes Dutzend an der Zahl, sehr gründlich waren und jeden Wagen und jeden Korb durchsuchten.
» Und Ihr zwei, was seid Ihr für seltsame Vögel?«, fragte der Befehlshaber, als die Reihe an ihnen war.
» Wir sind Reisende, Herr Oberst, und hoffen ein Schiff zu finden, das uns nach Anuwa bringt, und von dort wollen wir weiter nach Süden.«
» Reisende? Besonders viel Gepäck habt Ihr aber nicht, wie mir scheint«, meinte der Soldat, » und ich bin Hauptmann, nicht Oberst.«
» Verzeiht meinen Fehler, Herr Hauptmann«, sagte Ured mit seiner freundlichsten und harmlosesten Miene. » Was das Gepäck betrifft, nun, uns ereilte ein Unglück auf einem der Gebirgspfade, und wir mussten uns zwischen unseren Habseligkeiten und unserem Leben entscheiden.«
» Und was ist in der Kiste, die Euer schweigsamer Freund da schultert?«
» Gesteinsproben, Herr, nur Gesteinsproben. Wir hoffen, mit ihrer Hilfe seltene Erze in den Bergen nachweisen zu können, versteht Ihr?«
» Aufmachen«, befahl der Hauptmann.
Auf Grams’ fragenden Blick hin seufzte Ured ergeben. Der Köhler setzte die Kiste ab, öffnete sie umständlich, und der Hauptmann starrte hinein. » Steine«, stellte er fest.
» Gesteinsproben, Herr«, berichtigte Ured freundlich.
Der Soldat nahm erst einen und dann einen anderen Stein in die Hand und betrachtete sie misstrauisch. » Die sehen nicht aus wie Erze«, erklärte er dann.
» Natürlich nicht, Herr, doch enthalten sie Erz. Ja, ich
Weitere Kostenlose Bücher