Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
Pfeife dieser unverschämten Zauberin zu tanzen. Sie hatte antworten lassen, dass sie kommen werde, sobald es ihre Zeit erlaube, und den Tag dann damit verbracht, wichtige und unwichtige Entscheidungen zu treffen. Hauptmann Aggi hatte vorgesprochen: Es ging um das Kind, das vor einigen Tagen ertrunken war, aber er äußerte Zweifel, dass es einfach so in den Bach gefallen war.
» Habt Ihr das Kind zu Meister Hamoch gebracht? Er versteht sich doch auf solche Dinge, wie ich hörte«, hatte sie gefragt.
Der Hauptmann hatte genickt. » Er hat das Mädchen untersucht, aber es war seltsam, wie wenig Bedeutung er der Stichwunde am Hals des Kindes zubilligen wollte.«
» Wollt Ihr etwas Bestimmtes andeuten, Hauptmann?«, hatte sie geradeheraus gefragt.
» Nur, dass ihm viele unserer Bürger nicht mehr trauen, Herrin«, hatte er überraschend offen geantwortet. » Und auch ich habe Zweifel, über die ich Euch unterrichten wollte.«
Sie hatte ihm die Hand gereicht, ihm so tief in die Augen geblickt, dass er errötete, und ihm dann für sein Vertrauen gedankt. Anschließend erteilte sie ihm den Befehl, sich um die Instandsetzung und Verstärkung der Stadtmauer zu kümmern. Sie wusste nicht, ob Hamoch oder Kisbara etwas mit diesem toten Kind zu tun hatten, aber es schien ihr geraten, den Hauptmann anderweitig zu beschäftigen. Er hatte bewiesen, dass er tüchtig war, und es war besser, er schnüffelte nicht herum.
Danach hatte sie sich mit Verwalter Ordeg und Richter Hert lange über die Krönung ihres Mannes zum Herzog und andere Angelegenheiten beraten, doch nun war es später Abend geworden, beinahe schon Mitternacht, und sie fand keinen Vorwand mehr, den Besuch noch länger aufzuschieben.
» Und wenn es wirklich wichtig ist?«, hatte Almisan am Mittag gefragt.
» Dann kann sie noch einen Boten schicken oder sich gefälligst selbst heraufbemühen«, hatte sie geantwortet. Sie sah es als Machtprobe an, und sie wollte zeigen, dass sie nicht schwach war.
Die hagere Esara, die Dienerin Hamochs, öffnete nach ihrem ungeduldigen Klopfen. » Melde deinem Herrn und seinem Gast, dass ich hier bin. Sie sollen mir sagen, was sie zu sagen haben, doch schnell, denn ich habe viel zu tun«, befahl sie noch eine Spur barscher, als sie es vorgehabt hatte. Esara nickte stumm, ließ sie in den Vorraum ein und verschwand im Laboratorium. Kurz darauf bat sie sie einzutreten. Shahila versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie unwohl sie sich bei dem Gedanken fühlte, dieser mächtigen Totenbeschwörerin gegenüberzutreten. Sie gab sich den Anschein völliger Selbstsicherheit und betrat die Katakombe.
Das Laboratorium wirkte stark verändert. Die Tische waren zur Seite geschoben worden, und auf den Steinboden waren ein großer schwarzer Kreis und allerlei Symbole gemalt. Auf Tierschädeln brannten Kerzen, sonst waren alle Lichter gelöscht. Die Homunkuli hatten sich in einer dunklen Ecke versammelt – kleine, schemenhafte Gestalten, die sich langsam in einem geheimnisvollen Rhythmus wiegten. Nach rechts und links wankten die kahlköpfigen Körper, ohne sich von der Stelle zu bewegen. Über das beinahe lautlose Patschen ihrer nackten Füße auf dem Steinboden drang das trockene Kratzen einer Feder. Kisbe Kisbara saß auf einem Stuhl und schien einen schwitzenden Bahut Hamoch zu überwachen, der mit unruhiger Hand etwas niederschrieb, was durch das schwache Licht zusätzlich erschwert werden musste.
» Ihr habt um einen Besuch gebeten, Kisbara«, begann Shahila.
Die Zauberin lachte. » Gebeten? So könnt Ihr es nennen, Kind. Und Ihr habt Euch Zeit gelassen, meiner Bitte Folge zu leisten.«
» Nun, mein Gemahl ist auf dem Land und inspiziert unsere Güter. So bleibt all die Arbeit, die ein Herrscher nun einmal zu bewältigen hat, an mir hängen.«
» Kommt ruhig näher, Kind, Ihr braucht keine Angst zu haben. Ich habe nicht die Absicht, Euch etwas zu tun.«
» Wie rücksichtsvoll«, spottete Shahila, um ihre Angst zu verbergen. Sie stieg die Treppe hinab und war froh, dass sie Almisan dicht hinter sich wusste.
» Ich würde Euch einen Platz anbieten, Baronin, doch gibt es nur diesen einen Stuhl.«
» Nicht nötig. Ich hoffe, es wird nicht lange dauern.«
» Ich nehme auch an, dass es schnell gehen wird. Hamoch, berichtet doch unserem Besuch, was wir herausgefunden haben.«
Bahut Hamoch zuckte bei der Nennung seines Namens zusammen, als sei er von einer Peitsche getroffen worden. Er blickte unglücklich auf das Pergament, und
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