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Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen

Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen

Titel: Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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warm.
    Jamade erwiderte das Lächeln, doch dann wurde sie ernst. Sie legte Aina eine Hand an die Wange, sah ihr tief in die Augen und sagte: » Ich glaube es nicht, denn ich bin nicht die Tochter eines Kaufmannes, und noch nie lag ich in den Armen eines Haretiers. Mein Vater ist vielmehr einer der Ältesten meines Stammes und meine Mutter die Odale, so wie ich es von Geburt auch bin. Du weißt vermutlich nicht, dass eine Odale die Gestalt wechseln kann, oder? Und ich bin auch noch etwas anderes.« Sie sah die wachsende Verwirrung in Ainas Augen. Es tat ihr beinahe leid, dass es keine andere Möglichkeit gab. Sie schloss die Augen, rief die Ahnen und Geister an, schüttelte sich und nahm ihre eigene Gestalt an. » Ich bin ein Schatten, Aina, wie der Geliebte, auf den du hier wartest.«
    » Du kennst … du kennst Sahif?«, fragte die Oramari. Sie war erbleicht und wich vor Jamades Berührung zurück.
    » Es ist möglich, dass ich ihn von früher kenne, und ich weiß, dass er alles versucht, um zu dir zurückzukommen.«
    » Er kommt hierher?«, rief Aina, plötzlich wieder mit vor Hoffnung leuchtenden Augen.
    » Es scheint, dass er dich wirklich liebt«, antwortete Jamade ernst. Und dann versenkte sie, mit einer beinahe zärtlichen Bewegung, ihr Messer in der Brust der Frau, wie es ihr Auftrag nun einmal verlangte.
    » Keine Angst«, sagte Jamade, » es ist gleich vorbei.« Sie hielt das Messer dabei fest und spürte die letzten Herzschläge Ainas, die sie mit ihren warmen braunen Augen verwundert ansah. Sie schien noch etwas sagen zu wollen, doch kam kein Wort mehr über ihre Lippen, nur einige wenige Tropfen Blut. Jamade hielt die junge Frau fest, bis ihr Leib erschlaffte, dann ließ sie ihn langsam zur Seite sinken. Für einen langen Augenblick starrte sie die Tote an. Ainas Gesichtszüge wirkten völlig entspannt, ihr Blick beinahe verklärt. Ein seltsames, übles Gefühl beschlich Jamade, aber dann schüttelte sie über sich selbst den Kopf, beugte sich hinab und schloss ihr die Augen. Anschließend zog sie die Tote aus und betrachtete sie von allen Seiten. Wie weich doch alles an diesem Körper war, und wie gut er duftete! Ainas Haut war samten wie ein Pfirsich, so ganz anders als ihre eigene. Ihr ganzer weicher Leib war das Gegenteil ihres sehnigen und von Narben gezeichneten Körpers, dessen Male eine Geschichte von Schmerzen und Kämpfen erzählten. Sie entdeckte zwei Muttermale auf dem Oberschenkel der Toten und prägte sie sich ein, ebenso wie die kleine Narbe an ihrem linken Zeigefinger. Sie hatte Aina danach gefragt und erfahren, wie sie sich als kleines Mädchen dort verletzt hatte, als sie sich in den Kopf gesetzt hatte, unbedingt ihrer Mutter in der Küche zu helfen. Als sie genug gesehen hatte, wickelte Jamade den kalten Körper in ein Laken. Das Kleid, das durch das Blut ruiniert war, legte sie dazu. Dann verschnürte sie das Laken mit zwei Schals der Toten.
    Sie sah sich weiter in der Kammer um und stellte schnell fest, dass diese junge Frau noch genügend andere schöne Kleider besaß. Sie musste also nur den Leib nachahmen, und das war bedeutend einfacher, als auch die Kleidung vorzutäuschen. Es war auch sicherer, vor allem, wenn sie Sahif so nahe kommen wollte, wie sie es vorhatte. Sie fand noch einige Briefe, die jedoch nicht von Sahif, sondern offenbar von Verwandten aus Elagir stammten. Die erkundigten sich besorgt nach ihrem Befinden und warnten sie davor, in die Hauptstadt zurückzukehren. Sie überflog die Zeilen und fand heraus, dass der Kapitän des Schiffes, auf dem sie Aina gesehen hatte, ein Vetter ihres Vaters war, womit auch dieses Rätsel gelöst war. Aina hatte ihre unauffälligen Fragen in diese Richtung ausweichend beantwortet. Vermutlich hatte sie ihren Verwandten schützen wollen. Jamade hielt inne. Gab es vielleicht noch einen anderen Grund? Sie wusste nicht genau, wie lange sie als Aina in diesem Gasthaus bleiben musste, aber sie durfte auf keinen Fall in dieser Gestalt in die Stadt oder gar zum Hafen gehen. Nicht auszudenken, wenn sie diesen Verwandten traf, ihn aber nicht erkannte.
    Sie legte die Briefe zur Seite und nahm sich vor, sie später noch einmal etwas gründlicher zu studieren. Dann löschte sie die Kerzen, öffnete das Fenster und spähte in die Gasse. Sie war menschenleer und schmal. Außer ihr schien nur der Mond hineinzusehen. Sie waren lediglich im ersten Stock. Jamade gab sich einen Ruck und warf den Leib auf die Straße, eine Sekunde später war sie selbst

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