Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
in das Kohlebecken gestarrt hatte, blickte auf, und ein Lächeln huschte über sein Gesicht. » Ihr seid ungeduldig. Ich dachte, ein Mann Eures Rufes würde wissen, wann die Zeit gekommen ist, um zu sprechen.«
Er ließ ihn also zappeln. Ured griff nach dem Kelch mit Wasser und nahm einen Schluck. Ein Bann – er würde vieles erfahren können, wenn er den Mann unter einen leichten Bann stellte.
Dieser zwinkerte ihm jetzt in plumper Vertraulichkeit zu. » Versucht das nicht, Meister, es wäre doch sehr … unhöflich.« Dabei spielte er an seiner goldenen Halskette, an der ein ausgesprochen hässlicher Anhänger baumelte.
Ein Amulett. Der Kerl trägt ein Amulett!, durchfuhr es Ured. Weszen hat seine Laufburschen gut vorbereitet. Das Haus des Großen Skorpions, und damit auch die Prinzen, geboten über erfahrene Zauberer, die leider wussten, aus welcher Quelle er seine Kraft schöpfte. Wahrscheinlich würde dieses hässliche Ding den Gesandten tatsächlich schützen. Aber er konnte jemand anderen unter einen Bann stellen, und der könnte diese kleine Kröte für ihn über Bord werfen. Dieser – ziemlich absurde – Gedanke gab Ured kurz das tröstliche Gefühl, doch wieder irgendwie Herr der Lage werden zu können.
Ein Mann kam vom Unterdeck herauf und flüsterte dem Botschafter etwas ins Ohr. Der schickte den Diener mit einem Nicken fort und versank dann wieder in nachdenkliches Schweigen.
» Ihr habt Recht. Lasst uns schweigen und diesen erfrischend kühlen Abend genießen«, sagte Ured grimmig.
Orus Lanat lachte. » Wie schön, Ihr habt Euren Humor wiedergefunden, wie es scheint. Verzeiht, dass ich Euch so lange auf eine Antwort warten ließ, doch musste ich selbst erst bedenken, was die Nachrichten bedeuten, die ich zu übermitteln habe. Prinz Weszen ist schwer zu ergründen, aber leicht zu erzürnen.« Er setzte sich auf und streckte die Hände über das Becken. » Uns ist bekannt, dass Ihr in Atgath, alles in allem, gute Arbeit geleistet habt. Die Baronin hat die Hand am Thron, so wie der Prinz es wünschte.«
Nein, so wie der Padischah es wünschte, dachte Ured. Jeder weiß doch, dass die Kinder des Großen Skorpions keinen Schritt gehen können, von dem ihr Vater nichts erfährt. Doch tun wir ruhig weiter so, als sei es der Prinz, auf dessen Befehle ich hier warte.
» Ihr habt Euch jedoch die eine oder andere Eigenmächtigkeit erlaubt«, fuhr der Botschafter fort.
Faran Ured zuckte mit den Achseln. » Meine Anweisungen waren recht ungenau.«
» Sagten sie etwas davon, dass Ihr das Silber der zukünftigen Herzogin stehlen solltet?«
» Sie haben es mir auch nicht verboten.«
Der Gesandte lächelte. » Prinz Weszen war zunächst nicht sehr erfreut, aber er glaubt jetzt, einen Weg gefunden zu haben, wie Ihr seinen Zorn wieder besänftigen könnt.«
Ured überdachte diese Worte. Der Prinz wusste also bereits Bescheid. Das war erstaunlich, falls er in Elagir oder überhaupt in Oramar weilte. War er vielleicht in der Nähe? Auf dem Schiff? Nein, das wäre abwegig. Aber vielleicht hatte der Gesandte einen Magier an seiner Seite, der irgendwie Botschaften übermittelte. Es gab Schulen, die sich in geistigen Verbindungen über große Entfernungen hinweg übten.
Faran Ured sammelte sich und lauschte mit allen Sinnen auf die Nacht. Taue knarrten, auf dem Vorderdeck unterhielten sich Menschen, und sanft schlugen Wellen gegen den Rumpf. Es würde vermutlich bald Nebel aufziehen, Ured konnte ihn fühlen. Und da war noch etwas, schwer fassbar, aber vorhanden, eine Art Nachgeschmack: Es lag Magie in der Luft, schwach, widersprüchlich in ihrer Art, und sie war nicht weit entfernt gewirkt worden.
» Es ist ein Magier an Bord«, stellte er fest.
Der Gesandte lächelte hintergründig. » Er sagte mir, dass Ihr es merken würdet.«
» Warum kommt er nicht zu uns, ich würde ihn gerne begrüßen.«
» Wir halten es im Augenblick für besser, wenn in Felisan noch niemand von seiner Anwesenheit weiß.«
» Dann solltet Ihr Euer Amulett besser verstecken«, meinte Ured grimmig.
Der Gesandte ging nicht darauf ein. » Wollt Ihr nicht wissen, wie Ihr die Gnade des Prinzen zurückerlangen könnt, Meister Ured?«, fragte er stattdessen.
» Ich wusste gar nicht, dass Prinz Weszen das Wort Gnade kennt«, erwiderte Faran Ured bissig. Damit versuchte er zu verbergen, dass er tatsächlich etwas Hoffnung aus den Worten des Gesandten geschöpft hatte: Es war keine Rede von einer Strafe, Prinz Weszen brauchte ihn noch!
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