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Schattenprinz

Schattenprinz

Titel: Schattenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clay und Susan Griffith
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Laut aus seinen Fingerspitzen. »Das hier sind meine Werkzeuge.« Cesare spreizte die krallenbewehrten Finger leicht vor seinem eiskalten Gesicht. »Und das hier. Von hier aus kann ich einen Vogel über dem Ozean sehen. Ich kann Blut riechen, das Meilen entfernt vergossen wird. Ich kann den Wind reiten und zu einem Schatten werden. Ich kann dein Herz schlagen hören. Ich brauche keine Technologie. Als wir uns erhoben, stellten wir uns euch Menschen und euren Maschinen. Eure Kanonen waren nicht mächtig genug. Eure Schiffe und Züge waren nicht schnell genug. Eure Häuser und Paläste waren nicht stark genug. Keine eurer Schöpfungen konnte euch vor mir bewahren. Ich tötete alle von euch, die mir in die Hände fielen, und ich trank euer Blut. Und das werde ich wieder tun, wenn die Zeit gekommen ist.«
    Adele blieb stumm. Sie würde mit diesem Ding kein Wort mehr wechseln. Sie hatte keinen Grund, zu streiten oder zu diskutieren. Schweigen würde ihre Waffe werden. Wenn er sie umbrachte, dann sollte es eben so sein.
    Cesare zog seine Krallen wieder ein. »Erzähl mir von den Kriegsplänen Equatorias.«
    Adele kehrte ihm den Rücken zu und wartete mit angehaltenem Atem auf einen Schlag von hinten.
    Mit ruhiger Stimme sagte Cesare: »Erzähl mir von euren Spionen.«
    Sie trat ans Fenster, das Cesare vorhin verlassen hatte. Die Sonne ging unter, und die Stadt ergab sich derselben kalten Dunkelheit, die sie jede Nacht tötete. Adele schloss die Augen vor dem unfassbaren Gedanken, ihre erste Nacht an diesem schrecklichen Ort zu verbringen. Die erste Nacht. Das implizierte, dass es viele sein würden. Es war schlimmer als die Angst vor dem Tod.
    Sie hörte, wie sich Cesares Schritte in Richtung Tür bewegten, gefolgt von zischenden Worten, die er zu Flay sagte. Und Adele konnte sie verstehen. Die schroffen, fauchenden Laute ergaben einen gewissen Sinn für sie. Sie wusste nicht wie, aber das Erlernen von Sprachen war ihr schon immer leichtgefallen. Adele konnte in dem abstoßenden Fauchen zwar keine konkreten Worte erkennen, doch sie erfasste die Bedeutung und die Absicht.
    Cesare wies Flay an, der Prinzessin »gebratenes Fleisch« zu bringen, und Adele wusste, dass der Ausdruck Menschenfleisch bedeutete. Das war zweifellos Cesares Vorstellung von einem Witz. Es ekelte sie so sehr, dass es ihr dankenswerterweise den Bärenhunger verschlug. Wenn sie sie am Leben halten wollten, würden sie letztendlich Brot oder Gemüse auftreiben müssen.
    Als Flay die gewundene Steintreppe nach unten glitt, sagte Cesare zu Adele, diesmal in ausgezeichnetem Arabisch: »Ich gebe dir zu essen. Und ich werde dafür sorgen, dass du ein Feuer hast. Wenn wir uns morgen unterhalten, wirst du mir sagen, was ich wissen will, und dann wirst du nach Hause zurückkehren. Diese Tür bleibt unverschlossen. Ich hoffe, du gibst alle Gedanken an Flucht auf, falls du welche hegen solltest. Es gibt keine Möglichkeit. Ich habe bemerkt, dass du einen auffälligen Ring trägst, zweifellos ein Geschenk von Senator Clark. Ich habe ihn dir deshalb nicht weggenommen, weil er dir gehört und wir eure eigentümlichen menschlichen Vorstellungen von Besitz respektieren. Aber in meinem Reich unterscheidet sich selbst der strahlendste Diamant nicht von einem gewöhnlichen Stein, den man auf der Erde findet. Du wirst ihn gegen nichts eintauschen können. Er hat keinen Wert für Vampire, und ebenso wenig, das kann ich dir versichern, für die Menschen unter uns.«
    Adele sah weiter unverwandt aus dem Fenster auf den schimmernden Fluss hinaus und auf die dunklen Umrisse, die in seinen Wellen trieben. Ihr Verstand kehrte zurück zu ihrer ehemaligen Welt in Alexandria, die zur selben Zeit existierte wie diese. Simon, der auf die Bäume in seinem Garten kletterte, ihr Plätzchen in der Bibliothek, milde Frühlingstage mit Luft, die nach Zitronen und Flieder duftete, warmer Sand und das endlose Dröhnen und Rauschen der Brandung.
    Adeles Hände berührten kalten Stein, und verzweifelt ließ sie die schmerzenden Schultern sinken.
    »Ja, ruh dich aus, Prinzessin«, sagte Cesare mit falscher Liebenswürdigkeit.
    Schnell straffte Adele den Rücken wieder, doch ihre Reaktion war offensichtlich gewesen. Sie war wütend darüber, vor diesem Ding Schwäche gezeigt zu haben. Dennoch lehnte sie es ab, sich umzudrehen, und bald hörte sie den Klang seiner sich entfernenden Schritte.
    Den Rücken an die Wand gelehnt, rutschte sie zu Boden. Die Dunkelheit reduzierte ihre Welt auf eine bloße

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