Schattenprinz
verlockenden Hauch von ihr gewittert, der ihn jedoch von einer ergebnislosen Richtung in die andere gelockt hatte.
Greyfriar hatte gesehen, dass Flay ebenfalls versuchte, die Prinzessin aufzuspüren. Die Kriegsführerin war ein flüchtiger Schatten gewesen, und er hatte keine Gelegenheit gehabt zuzuschlagen. Wenigstens war er erleichtert, dass Flay Adele nicht hatte. Aber das bedeutete nicht, dass das arme, verängstigte Mädchen nicht von vorbeikommenden Feiernden niedergemetzelt worden war. Die Vision der sterbenden Adele, die vergeblich seinen Namen rief, traf ihn wie ein Pfahl ins Herz.
Sie konnte alleine nicht überleben. Er hatte versagt.
Nichts verlief nach Plan. Er hatte gehofft, als Greyfriar zu Adele in ihr Gefängnis kommen und sie heimlich aus London herausschaffen zu können. Doch als er Flay und Adele vom Palast aus durch London gefolgt war, hatte er gesehen, wie die Kriegsführerin wütend wurde und bereit war, die Prinzessin zu töten. Einzugreifen war seine einzige Möglichkeit gewesen.
Er zog das Tuch von seinem Gesicht und sog prüfend die Luft ein. Im Wind witterte er den feuchten, schlammigen Geruch des Flusses, das rostende Eisen der Brücke und den allgegenwärtigen Nachge schmack von Blut. Nichts davon war Adeles Blut. Ihr Geruch war ihm so vertraut, dass er ihn beinahe schmecken konnte.
Greyfriar knurrte und sprang auf die Füße. Wieder bedeckte das Tuch seinen Mund mit den spitzen Zähnen, und die menschlichen Waffen fühlten sich schwer an seiner Hüfte an. Umständlich berührte und rückte er sie zurecht, wie kein Vampir es jemals tun würde, getröstet von ihrer Form und Schwere.
Er würde sich nach Osten durchkämpfen, nach Canterbury. Vielleicht würde er Adeles Witterung aufnehmen und sie in Sicherheit finden. Das war alles, was er sich wünschte. Sie in Sicherheit vorzufinden und dafür zu sorgen, dass sie in Sicherheit blieb.
Sie konnte alleine nicht überleben. Er durfte nicht versagen.
Wolken trieben über das Deck der Ranger, wanden sich durch die Wanten und Webleinen und liebkosten sanft Männer und Messing. In der grauen Stille knarrten Masten wie ächzende Bäume, Gas wurde mit einem brüllenden Fauchen abgelassen, und die Mannschaftsmitglieder schlurften über die hölzernen Planken, als trügen sie Schuhe aus Eisen. Senator Clark stand an der Reling und umklammerte mit behandschuhter Hand eine Fallleine. Er krümmte sich bei jedem Geräusch und starrte wütend auf jede Bewegung.
Dies war die Art von Schlacht, die ihn berühmt gemacht hatte. Tollkühn ins Feindesgebiet zu fliegen, obwohl alle Chancen gegen ihn standen, und auf Überraschung und Kühnheit und seine angeborene Unverwundbarkeit zu vertrauen. Aber dies war nicht die Art von Situation, die Clark wollte. Er besaß nur Informationen von Kundschaftern, die er nicht kannte und denen er nicht vertraute. Und diesmal war sein Ziel nicht das üblicherweise bevorzugte Abschlachten der feindlichen Bevölkerung oder die Verringerung ihrer Kampffähigkeit. Stattdessen wollte er sich einer Zielperson bemächtigen und entkommen.
Major Stoddard erschien an Clarks Seite. Er salutierte, um zu bestätigen, dass die Karronaden an Deck mit Nebelgasbomben geladen waren. Die Augen des Majors verrieten Unsicherheit.
Clark nickte selbstsicher und berührte die Gasmaske aus Leder und Messing, die um seinen Hals hing. Sie war so konzipiert, dass sie es Menschen erlaubte, normal im Innern der dunklen Wolke aus Nebelgas zu operieren. Obwohl das Gas nicht giftig war, setzte es menschlichen Lungen zu. Die Schutzbrillen waren mit einer speziellen Gasschicht versehen, wodurch Vampire in dem schwarzen Rauch als blaue Aura erschienen, wohingegen Menschen rot wirkten. Wie auch immer, diese Operation in einem klar abgegrenzten Raum eignete sich für die Verwendung von Nebelgas, und Clark hatte angeordnet, dass die Kanonen mit den Bomben geladen wurden, um sie in den Hof des Towers zu feuern.
Major Stoddards Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, aber er war der Meinung, dass das Risiko zu sprechen gerechtfertigt war. Er musste Clark in dieser Angelegenheit zur Einsicht bringen. »Sir, Nebelgas ist ein gefährliches Wagnis, wenn sich Prinzessin Adele im Zielgebiet befindet.«
Clarks Blick blieb auf das flüchtigste Aufblitzen des Erdbodens geheftet, den er durch den Dunst sehen konnte, doch sein Mund verzog sich zu einer angespannten Grimasse. »Dank der Karte dieses schlitzäugigen Schullehrers wissen wir angeblich genau, wo sich
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