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Schattenraum 01 - Garlyn - Das Schattenspiel

Schattenraum 01 - Garlyn - Das Schattenspiel

Titel: Schattenraum 01 - Garlyn - Das Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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rot und so lang wie ihr Arm. Das wahre Gesicht der Dru’hn.
    Das eine Ende des Wurmes war nur zerfetztes Fleisch und Muskelmasse. Das andere öffnete blind ein Maul, wie eine missgestaltete Blüte, und stieß einen Schrei hervor, von dem sie wusste, dass er sie bis in ihre Alpträume verfolgen würde: ein langgezogener Schrei, wie Nägel auf Glas, wie gequälte Kinder, wie ein sterbendes Tier. Im nächsten Moment wurden die Überreste des Wurmes von einem herabfallenden Metallbein zerquetscht; der Schrei endete, doch Kirai fühlte ihn immer noch, wie Glassplitter in ihren Ohren.
    »Vater der Sterne«, flüsterte sie. »Vater der Sterne, steh uns bei!«
    Wie die Menschen auch stand sie noch immer stocksteif da, aus Angst, nur die kleinste Regung könnte die Kreaturen auf sie aufmerksam machen.
    Und sie sah Garlyn inmitten des Schauspiels. Wie ein Mechamagier auf der Bühne ließ er die Arme kreisen und bewegte die Hände, als wären die Alträume von jenseits des Universums ein Schattenspiel, das seine Finger in die Wirklichkeit projizierten.
    Sein Gesicht erschien im dunklen Schein der Helix unwirklich, dämonisch. Sie wusste nicht, wer es war, der seinen Körper lenkte: er, oder die Helix. Sie hörte ihn lachen und erschauderte.
    Bald fielen die Überreste der letzten Dru’hn scheppernd und klirrend aus dem Himmel, ihre mechanoiden Rüstungen wie Aluminiumfolie zerfetzt und von den Zähnen der Schattenmonster durchlöchert.
    Doch die Monster, die Garlyn beschworen hatte, waren nicht befriedigt. Ihr hungriges Brüllen ließ den Boden unter Kirais Füßen vibrieren. Erneut nahm eine der Scheußlichkeiten sie ins Visier, ließ sie zu Eis erstarren.
    »NEIN!«, schrie Garlyn. Er breitete die Arme aus und zog die Fäuste an sich, ließ die schwarzen Energiefesseln der Monster schrumpfen. Sie sah, wie er die Zähne bleckte, wie die Sehnen an seinem Hals hervorstanden, und begriff, welche Kraft es ihn kostete, die Bestien zu halten.
    Dröhnend vor Zorn wehrten sich die Monster gegen seinen Einfluss, kämpften darum, wieder frei zu kommen und über die starrenden und hilflosen Menschen herzufallen.
    »NEIN!«, schrie Garlyn wieder. Er legte die Arme zusammen, holte mit ihnen aus wie ein Kugelstoßer – und schleuderte die Kreaturen in den Himmel. Ein Donnerschlag krachte, die Welt wurde erneut aufgerissen und die Monster mit einem letzten Brüllen zurück in den Abgrund verbannt.
    Der Riss schloss sich zwischen zwei Lidschlägen, als wäre er niemals da gewesen. Die düstere Aura der Schattenhelix erlosch.
    Für einen Moment hüllte eine entsetzliche, drückende Stille die Plattform ein.
    »Mein Gott«, sagte Parker, immer wieder. »Mein Gott!«
    Alle Blicke lagen auf Garlyn. Er ließ die Arme kraftlos sinken, sein Kopf kippte nach vorn. Seine Beine gaben nach.
    »Garlyn!« Kirai sprang hinter dem Shuttle vor, wollte ihn halten, aber sie war zu langsam.
    Garlyn fiel auf die Knie und stützte sich mit den Händen vom rußigen Boden ab. Seine graue Haut glitzerte vor Schweiß. Sie hörte ihn keuchend atmen. Sein ganzer Körper bebte wie im Frostwind.
    »Garlyn«, sagte sie wieder, vorsichtiger diesmal. Sie wusste nicht, ob er sie gehört hatte. Ob der Bann der Helix gebrochen war.
    Ob er wieder Garlyn war, ihr Garlyn.
    Er war durch einen Kosmos aus Finsternis und bösen Träumen gefallen, so wie damals, als er die Schattenhelix zum ersten Mal berührt hatte. Aber er hatte sich geschworen, diesmal keine Angst zu zeigen, sich seinem Erbe zu stellen.
    »Helix!« Seine Stimme war durch die Dunkelheit gegeistert, monströs verzerrt, ihm selbst fremd.
    Und er hatte ihre Nähe gespürt, wie die Präsenz eines Freundes, dicht bei ihm, in seinem Herzen. » Ich bin hier, Garlyn «, hatte die Helix gesagt. » Ich bin immer bei dir. «
    »Ich brauche deine Hilfe!«
    » Du hast sie. «
    »Was muss ich tun?«, hatte er gefragt.
    Und er hatte es gewusst.
    Er hatte die Augen wieder geöffnet und die Vision verlassen. Er hatte sich an Kirai vorbeigeschoben und war ins Blickfeld der Dru’hn gegangen.
    Und er hatte das Portal geöffnet.
    Furcht hatte seinen Verstand gekitzelt, aber er hatte sie in die hinterste Ecke seines Bewusstsein verbannt.
    Dann waren die Schattenmonster erschienen und er hatte ganz instinktiv gehandelt. Die Bewegungen seiner Hände, seiner Arme – das Schattenspiel. Es hatte sich richtig angefühlt, so natürlich wie Atmen. Er hatte nicht gewusst, ob es die Helix war, die ihm sein Wissen vermittelt hatte, oder ob

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