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Schattenreiter

Schattenreiter

Titel: Schattenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Nikolai
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sagte Pway, immerhin laut genug, dass selbst das Pärchen neben uns ihn verstehen konnte.
    »Leute, was machen wir denn nun?«, fragte Linda ungeduldig.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Mir gefällt es hier, also bleiben wir«, schlug ich vor. Die beiden waren einverstanden, und wir setzten uns an die Theke, um unsere Gutscheine einzulösen.
    Linda verschwand schon bald auf die Tanzfläche, und Pway rutschte mit seinem Stuhl zu mir auf. »Darf ich dich mal was fragen?«
    »Natürlich.«
    »Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, wie ich anfangen soll«, druckste er herum.
    Ich lachte. »Schieß einfach los.«
    »Na schön. Also, ich möchte nicht, dass du das falsch verstehst.« Nervös fuhr er mit dem Zeigefinger über den Rand seines Colaglases.
    »Jetzt mach’s nicht so spannend. Raus mit der Sprache.«
    »Na gut. Ich habe dich neulich Nacht mit Rin vor dem Desert Spring gesehen und mich gefragt, was da los war zwischen euch …« Er deutete auf den Shi-ru’u, den ich, seit Rin ihn mir geschenkt hatte, immer trug.
    »Hast du mir etwa nachspioniert?« Ich meinte das gar nicht ernst, aber Pway fasste es so auf.
    »Ich habe nur aus dem Fenster geschaut. Unser Haus liegt gegenüber vom Desert Spring«, rechtfertigte er sich. »Eigentlich will ich ja auch nur wissen, ob Rin was von dir will?« Pway machte ein verächtliches Gesicht.
    »Selbst wenn es so wäre, ich wüsste nicht, was dich das anginge«, erwiderte ich heftiger als beabsichtigt.
    »Schon gut, ich war ja nur neugierig.« Er hob abwehrend die Hände, als wollte er sich gegen imaginäre Schläge verteidigen. »Hätte ja sein können, dass der dich belästigt.«
    »Bitte?«
    »Na ja, der ist komisch. Findest du nicht? Unzivilisiert. Ein Wilder.«
    Ich hätte Pway dafür am liebsten den Inhalt meines Glases ins Gesicht geschüttet, aber ihm war anzusehen, dass ihm seine eigenen Worte peinlich waren. »Entschuldige«, lenkte er ein. »Das war nicht fair. Ist mir so rausgerutscht.« Beschämt senkte er den Kopf.
    »Okay, hab verstanden.« Vielleicht stimmten Rins Befürchtungen doch. Vielleicht hatten die Leute eine schlechte Meinung über ihn. Wenn ja, konnte ich das allerdings nicht verstehen. »Du, die Luft ist so stickig. Ich sehe mich mal um«, sagte ich und stand auf.
    »He, sei jetzt bitte nicht sauer, ja? Ich wollte dir denAbend nicht versauen.« Ihm schien es wirklich leidzutun.
    »Ja, ist gut«, versicherte ich.
    Er wirkte erleichtert. »Soll ich mitkommen?«
    Ich schüttelte den Kopf. Nach diesem Gespräch wollte ich lieber allein sein, um mich zu beruhigen. Seine Äußerungen waren trotzdem verletzend gewesen, und ich war froh, dass Rin sie nicht gehört hatte. Schnell verschwand ich in der 80 er-Lounge.
    Dort spielten sie »Big in Japan« von Alphaville. Ich ließ mich am Rande der Tanzfläche auf einen Stuhl sinken und schaute den jungen Leuten zu. Erst jetzt merkte ich, wie angespannt ich in Pways Gegenwart gewesen war. Dass er Rin als »Wilden« bezeichnet hatte, würde ich nicht so schnell vergessen. Es zeigte, wie wenig er ihn kannte. Hätte er gewusst, was für ein spiritueller und sanfter Mensch Rin war, hätte er eine so ungeheuerliche Behauptung niemals aufgestellt.
    »Sieh mal einer an, wen haben wir denn da?« Der Stachelkopf, der mich im Desert Spring belästigt hatte, setzte sich ungefragt neben mich. Ein Ausdruck von Triumph lag auf seinem Gesicht. Er war nicht allein. Er hatte seine Freunde sowie ein Mädchen mit einem Nasenring und hochtoupierten schwarzen Haaren im Schlepptau. Sie bauten sich um den Tisch auf. In der Gruppe fühlten sie sich augenscheinlich stark.
    »Wie heißt es so schön, man sieht sich immer zweimal im Leben«, meinte er.
    »Lass mich doch einfach in Ruhe.« Ich hatte wirklich keine Lust auf eine Konfrontation. Aber ich wusste, dass sie es genau darauf anlegten. Alles in mir schrie nach Flucht. Doch ich war auch wütend. Wütend, weilsie Abigails Fensterscheiben eingeschmissen hatten. Niemand konnte mir erzählen, dass diese Typen nicht dahintersteckten.
    »Das geht nicht, Mäuschen, wir haben noch eine Rechnung offen«, provozierte er mich.
    Ich ließ mich nicht darauf ein. Ihre Drohung beeindruckte mich nicht im Geringsten. Was wollten sie tun? Mich hier vor allen Leuten bedrohen oder zusammenschlagen? Dafür waren selbst diese Jungs zu schlau.
    Ich beschloss zu gehen. Doch als ich aufstehen wollte, spürte ich zwei Hände, die sich kraftvoll auf meine Schultern legten und mich auf den Stuhl

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