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Schattenreiter

Schattenreiter

Titel: Schattenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Nikolai
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Kräften. Schon fiel der Riese mit dem Basecap zu Boden, wimmerte wie ein hungriges Baby. Zwei andere Jungen klammerten sich an seine Schulter, aber er warf sie mit Leichtigkeit ab. Ich war wie erstarrt und geschockt von Rins enormer Kraft. Wie konnte ein Mensch so stark sein? Die Jungs hatten sich schnell wieder aufgerappelt und kreisten nun Rin ein. In dem Moment stieß er einen schrillen Pfiff aus, und ein dunkler Schwarm Krähen stürzte sich auf seine Angreifer. Sie waren überall. Die Jungen versuchten, mit den Armen die Vögel abzuwehren. Es war ein einziges Chaos, das nur von Rin beherrscht wurde.
    »Verdammte Scheiße, was ist das denn?«
    »Wie hat er das gemacht?«
    Die Krähen trieben die Jungen auseinander, verfolgten sie in alle Richtungen. Plötzlich blitzte etwas Metallenes in Sids Hand auf. Geschmeidig ließ er es durch die Luft gleiten, direkt auf Rins Rücken zu.
    »Vorsicht! Er hat ein Messer!«, rief ich, so laut ich konnte. Und in dem Moment veränderte sich meine Sicht. Alles um mich herum geschah wie in Zeitlupe.
    Ich wollte zu Rin, aber meine Beine schienen wie gelähmt zu sein.
    »Hinter dir!«
    Rin drehte sich viel zu langsam zu Sid um. Dessen Messer steuerte gefährlich auf ihn zu.
    »Nein!«, brüllte ich aus Leibeskräften. Meine Stimme klang viel tiefer und deutlich verzerrt. Rins Gesicht verzog sich vor Schmerz. Ich hörte einen tiefen, dumpfen Schrei. Mit einem gequälten Stöhnen sank er auf die Knie, hielt sich den Arm. Sid taumelte erschrocken zurück, blickte sich nach allen Seiten um und schien mich doch nicht zu sehen. Er rannte davon.
    »Rin!«
    Endlich war ich bei ihm. Ein dunkler Fleck bildete sich auf dem weißen Ärmel seines Hemdes. Er wurde beängstigend schnell größer. Sein Gesicht glich einer schrecklichen Fratze. Dicke Sehnen traten an seinem Hals hervor. Die Augen waren zusammengekniffen und endeten in tiefen Falten, die bis zu seinen Schläfen reichten.
    »Oh Gott, Rin!«, stieß ich erschüttert aus.
    Er versuchte aufzustehen, geriet jedoch ins Wanken. Als er sich mit dem Arm abstützte, stieß er einen Schmerzensschrei aus.
    Ich reichte ihm beide Hände, half ihm auf und stützte ihn, so gut es ging. Von den Jungen war weit und breit nichts mehr zu sehen. Auch die Krähen waren verschwunden. Wir waren allein.
    »Du hättest fliehen sollen …«
    »Und dich allein lassen? Kommt nicht in Frage. Ich bringe dich zum Desert Spring. Dort kannst du dich hinlegen. Wir brauchen dringend einen Krankenwagen.«
    »Nein, keinen Krankenwagen …«
    »Der hat dir den Arm aufgeschlitzt. Wir müssen den Notarzt rufen und die Polizei gleich dazu.«
    Rin schüttelte den Kopf und schleppte sich zum Straßenrand, nahm ein Tuch aus seiner Hosentasche und presste es auf die blutende Stelle.
    »So was kann aber gefährlich werden. Das muss gereinigt und versorgt, vielleicht sogar genäht werden.«
    »Sieht schlimmer aus, als es ist.« Er klang angestrengt. Wem wollte er etwas vormachen? Entschlossen zog ich ihn weiter, bis wir die Stadt erreichten.
    »Jorani, vertrau mir. Schau mal, es hat schon aufgehört zu bluten.« Er nahm das Tuch von seinem Arm.
    »Ich kann keine Veränderung feststellen.«
    Rin seufzte und riss den Ärmel des Hemdes ab, um mir die Verletzung zu zeigen.
    Die Wunde schien nicht sehr tief zu sein und hatte sich tatsächlich geschlossen. Doch Rin hatte eine Menge Blut verloren, und das deutete naturgemäß auf eine erhebliche Verletzung hin. Ich würde mich deutlich wohler fühlen, wenn er das im Krankenhaus untersuchen ließe.
    »Ich hole das Moped«, erklärte ich entschieden. Hoffentlich würde es dieses Mal anspringen. Rins Widerworte ignorierend, rannte ich die Straße bis zum Desert Spring hinunter und holte mein Moped aus der Garage. Gott sei Dank sprang es an. Ich fuhr zu Rin, der mir schon langsam entgegenkam.
    »Mir geht es gut«, beharrte er. »Mach doch aus einer Mücke keinen Elefanten.«
    »Wir fahren nach Rapid City.« Ich duldete keinen Widerspruch. Nicht in diesem Fall.
    »Wir sollten die Notaufnahme frei halten für die echten Notfälle.«
    »Setz dich auf den Sattel«, forderte ich streng und warüberrascht, dass er sich tatsächlich fügte. »Und gut festhalten.«
    Ganz vorsichtig legte er mir die Arme um die Taille und wärmte mir mit seiner Brust den Rücken. Es fühlte sich wie eine Umarmung an. Der Gedanke, dass er sich die ganze Fahrt über auf diese Weise an mir festhalten würde, ließ mein Herz flattern. Er fühlte sich so gut an. Fast

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