Schattenreiter
von uns hatte eine Forelle gefangen, die wir im Lager ausnahmen, aufspießten und über dem Feuer grillten. Sie schmeckten vortrefflich. Pway ließ keine Gelegenheit aus, Ira von meinen fantastischen Fangkünsten zu berichten. Dabei legte er immer wieder den Arm um meine Schultern. Natürlich nur rein freundschaftlich, wie er betonte, als er meinen missbilligenden Gesichtsausdruck bemerkte.
»Hier sind aber nicht viele Leute«, stellte ich fest und deutete zu den Wohnwagen und einem dritten Zelt in der Nähe. Ich hatte mit mehr Gästen gerechnet. Von unseren Campingnachbarn hatte ich bisher keinen einzigen zu Gesicht bekommen.
»Ja, da findet heute auf der anderen Seite des Lakes irgendeine Veranstaltung für Touristen statt«, meinte Ira und knabberte an ihrem Fisch.
»Weißt du, was das genau ist?«, hakte ich nach.
»Nein, leider nicht. Aber ich bin ehrlich gesagt viel zu müde, um das herauszufinden.«
Tatsächlich zogen sich Ira und Jack früh in ihr Zelt zurück. Beide waren nach dem langen Tag sehr erschöpft. Mir ging es nicht gerade besser. »Lass uns schlafen gehen«, schlug Pway vor und löschte das Feuer.
»Na schön«, sagte ich und räumte die Abfälle weg, damit wir nachts keinen ungewollten Besuch von wilden Tieren bekamen. Mir behagte es nicht, dass ich mit Pway allein in einem Zelt würde schlafen müssen. Ich hatte das Gefühl, er würde was bei mir versuchen. Doch vielleicht tat ich ihm unrecht.
Kurz nachdem ich die Fischreste beseitigt hatte, kroch ich ins Zelt und schlüpfte in meinen Schlafsack. Meine Befürchtung bewahrheitete sich schneller, als mir lieb war. Pway rückte dicht an mich heran. Zu dicht.
»Stört dich das?«, fragte er leise. »Es ist so kalt. Ich will mich nur wärmen.«
»Ja, es stört, Pway!« Himmel! Mir war doch auch nicht kalt. Die Schlafsäcke waren für diese Jahreszeit sogar viel zu dick.
»Mach dich mal locker«, knurrte er und rückte von mir ab. Gott sei Dank.
»Ich will nichts von dir, kapiert?« Ich drehte mich um, entschlossen, die Sache endlich aus der Welt zu schaffen. Es war sehr dunkel im Zelt, dennoch konnte ich seine Umrisse ausmachen. Er hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und blickte zum Zeltdach hoch. »Ja, ist ja gut.« Er klang gereizt. Erst nach einer Weile beteuerte er: »Tut mir leid, wenn ich dir auf den Wecker gehe.«
»Tust du nicht«, lenkte ich ein. Na ja, das war nicht ganz die Wahrheit, aber ich wollte ihn nicht kränken.
»Ich mag dich halt«, kam es zurück.
»Ich mag dich auch, aber nur als … Freund, verstehst du?«
Er seufzte gequält. »Klar. Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist.«
Er stützte den Kopf in die Hand. Obwohl ich sicher war, dass er im Dunkeln genauso wenig wie ich erkennen konnte, hatte ich doch das Gefühl, dass er mich direkt ansah.
»Dass mit meiner Freundin ist noch nicht lange her.«
»Was ist denn passiert?«
»Keine Ahnung. Sie hat einfach Schluss gemacht. Von heute auf morgen. Vielleicht will ich mich davon nur erholen?«
»Eine neue Beziehung anfangen«, ergänzte ich nachdenklich und überlegte, ob ich diesen Schritt nachvollziehen konnte.
»Jein. Ich habe ja nicht absichtlich nach einer neuen Freundin gesucht. Aber als ich dich sah, fand ich dich sofort gut. Du bist hübsch, nett, und ich bin gern mit dir zusammen.«
Nun war ich es, die seufzte.
»Jorani, ich habe es wirklich kapiert. Das war mehr als deutlich. Du hast von mir nichts mehr zu befürchten«, versicherte Pway eilig und drehte mir den Rücken zu. Wie symbolisch. Ich war mir sicher, er war trotzdem verletzt. Und das tat mir leid. An und für sich war er ja ein netter Kerl.
»Lass uns einfach schlafen«, sagte er, und das Gespräch war beendet, was mich nicht unbedingt traurig stimmte.
Ich rollte mich auf die andere Seite. Leider war meine Müdigkeit durch die ganze Aufregung verflogen. Aber Pway fing schon nach kurzer Zeit leise zu schnarchen an. Auch das noch. Ich suchte nach einem Papiertaschentuch, riss zwei kleine Stücke davon ab, knüllte sie zusammen und stopfte sie mir in die Ohren. Ruhe fand ich trotzdem nicht. Im Gegenteil. Das Schnarchen wurde lauter. Und seltsamerweise rhythmischer, bis ich merkte, dass es gar kein Schnarchen war, sondern ein Trommeln. Ich zog die Taschentuchfetzen aus den Ohren und lauschte in die Ferne. Das Trommeln wurde lauter. Was war das? Der Ruf eines Horns hallte durch die Nacht.
Abrupt richtete ich mich auf.
»Was ist los?«, fragte Pway, der durch meine hektische
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