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Schattenreiter

Schattenreiter

Titel: Schattenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Nikolai
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sehr verliebt aus. Mir wurde erst jetzt, da ich sie in solch inniger Zweisamkeit sah, klar, was das für die Aufteilung der Zelte bedeutete.
    Natürlich würde das Pärchen in einem eigenen Zelt schlafen wollen. So blieb das zweite Zelt nur für Pway und mich übrig. Der machte sich auch gleich daran, die Gestänge ineinanderzuschieben. Jack half ihm, während Ira und ich unsere Taschen in ihr Zelt brachten.
    »Ich habe gehört, du bist hellauf begeistert vom Campen?«
    Ira lachte. »Eigentlich bin ich von Jacks Küssen begeistert. Hier sind wir ziemlich ungestört. Du verstehst?«
    Die Erwähnung von Jacks Kussfertigkeiten ließ mich an Rins Lippen denken, die so weich und wunderbar waren, dass ich am liebsten gar nicht mehr von ihnen gelassen hätte. Ich vermisste ihn. Schon jetzt. Wie würde es erst sein, wenn ich wieder in Berlin war? Im Augenblick war ich überzeugt, es würde mich umbringen.
    »Jack ist der Beste«, sagte Ira und wirkte so unendlich glücklich, dass ich neidisch auf sie wurde. Neidisch, weil sie ihren Jack haben durfte, weil sie beide in Calmwood lebten und sich jederzeit, wann immer sie Sehnsucht nacheinander hatten, sehen konnten. Und wie sah es bei mir aus?
    Ich würde nach Hause fliegen und Rin nie wiedersehen. Das war das Beste. Für ihn und wahrscheinlich auch für mich. Nur warum tat es dann so schrecklich weh?
    »Süße, du weinst ja!«
    Ira nahm mich in die Arme. Das tat gut. »Was ist denn passiert?«
    »Schon okay, alles in Ordnung«, erwiderte ich und wischte mir mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen.
    »Danach sieht das aber nicht aus.«
    Ich setzte mich und spürte den Waldboden unter der dünnen Plastikplane hindurch. Kleine Kiesel bohrten sich in meine Jeans.
    Was sollte ich Ira erzählen? Dass ich in Rin verliebt war, aber nicht mit ihm zusammen sein konnte, weil er ein Kentaur war? Sie würde mich für verrückt halten. Und das völlig zu Recht.
    »Es ist wegen Rin, hab ich recht?«
    Oh Gott, ich war so durchschaubar wie eine blanke Fensterscheibe!
    »Ja«, sagte ich und seufzte.
    »Muss hart sein, wenn man sich frisch verliebt hat und dann nicht zusammen sein kann. Aber schau mal, dukannst uns doch jederzeit in Calmwood besuchen. Wir würden uns alle freuen, dich wiederzusehen.« Sie drückte mich, und ich musste lachen. Das war ja überhaupt nicht das Problem. Aber mehr durfte ich nicht sagen.
    Pway kam zu uns. »Es steht!«, verkündete er voller Stolz.
    Zum Glück hatte ich genau in dem Moment die letzten Tränen runtergeschluckt. Auf eine Frage- und Tröstrunde hatte ich jetzt keine große Lust. Ich nahm meine Sachen und brachte sie in unser Zelt.
    »Gute Arbeit«, sagte ich anerkennend zu Pway, der mir gefolgt war. »Sieht stabil aus.«
    »Sieht nicht nur so aus, ist auch so.«
    Nachdem ich mich eingerichtet hatte, wollten Jack und Pway zum Sheridan Lake runter, um unser Abendbrot zu organisieren. Ich wollte mit. Mich ablenken. Und Ira aus dem Weg gehen. Sie hatte im Augenblick eine mütterliche Phase, in der sie mich mit noch mehr Fragen über Rin bombardieren würde. Auf die meisten konnte und durfte ich nicht antworten. Also war die Flucht nach vorn die einzige Option.
    »Du willst auch angeln?«, fragte Ira verblüfft.
    »Wieso nicht? Das macht sicher Spaß«, log ich. Ich war einmal mit Dad angeln gewesen, und das war das Langweiligste, was ich jemals unternommen hatte. Aber jetzt kam es mir gelegen.
    »Ich find’s gut«, meinte Pway und reichte mir eine Angel. Wir gingen zu dritt los. Ira blieb zurück und passte auf die Sachen auf.
    Der Sheridan Lake war beeindruckend groß und das Wasser so klar, dass man vom Ufer aus mehrere Meter weit auf den Grund sehen konnte.
    Jack öffnete eine kleine Blechbox mit Ködern und gab mir einen, den ich nur widerwillig entgegennahm und an den Haken meiner Angel steckte.
    Das Angeln mit Pway und Jack war nicht halb so einschläfernd wie mit Dad. Pway stand neben mir und erklärte mir in aller Ausführlichkeit, in welchem Winkel ich die Angel am besten auswarf, woran ich merkte, dass ein Fisch angebissen hatte, und wie ich diesen aus dem Wasser bekam.
    »Nein, du musst sie so halten«, korrigierte er mich und rückte die Angel in meinen Händen zurecht. Dabei kam er mir so nahe, dass ich seinen Atem an meinem Hals spürte. Ich versuchte, auf Abstand zu gehen, aber Pway blieb eisern. Jack schien von alldem nichts mitzukriegen. Wahrscheinlich war er in Gedanken bei Ira.
    Unser Fang konnte sich letztlich sehen lassen. Jeder

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