Schattenreiter
Hügel hinunter und mischten uns unter die Camper, die ausgelassen feierten.
Junge Männer mit freien Oberkörpern sprangen in akrobatischen Posen über die meterhohen Flammen des Lagerfeuers. Um sie herum hatte sich eine Traube aus Schaulustigen gebildet, welche die Jungen anfeuerten und kräftig applaudierten. Ich geriet zufällig in die Nähe eines Tänzers, der mich mit einem feurigen Blick bedachte, ehe auch er einen gewagten Sprung hinlegte.
Er erhielt stürmischen Applaus und tanzte sich förmlich die Seele aus dem Leib. Ein paar hübsche Mädchen klatschten im Takt und jubelten, als er ein zweites Mal durch das Feuer sprang, ohne die Flammen berührt zu haben.
Am Rande des Geschehens entdeckte ich einige Musiker, die kräftig ihre Trommeln schlugen. Auch ein Hornbläser befand sich unter ihnen. In der Nähe machte ich einen Stand mit Getränken aus. Meine Kehle fühlte sich nach der ganzen Aufregung so trocken an, dass ich unbedingt etwas trinken musste.
»Ich bin gleich wieder da«, sagte ich zu Ira und lief um das Feuer herum.
Eine nette Dame drückte mir einen Becher Limonade in die Hand.
»Wohl bekomm’s«, sagte sie freundlich.
»Danke.«
Als ich zum Feuer zurückging, waren Ira, Jack und Pway verschwunden. Ich sah mich nach ihnen um, konnte sie aber nirgends in der Menge entdecken. Wahrscheinlich trieben sie sich bei den Ständen herum.
Es war überraschend, wie viele Camper sich hier eingefunden hatten. Nicht alle stammten von unserem Platz.
Da huschte plötzlich ein Schatten an mir vorbei. Es war der junge Tänzer, der die Hände über den Kopf hob und die Menschen zum Klatschen animierte. Seine dunklen Haare waren mit Federn geschmückt. Um seinen Hals hing eine Holzperlenkette, die ihm bis zur Hüfte reichte. Ein tolles, sehr körperbetontes Kostüm.
Ich nippte an meinem Becher und spülte das prickelnde Fruchtgetränk meine schmerzende Kehle hinunter.
»Für Sie, schöne Frau«, sagte er zu mir und nahm Anlauf. Mit der Grazie eines jungen Gottes sprang er über die Flammen und blieb direkt vor mir stehen, als hätte er es nur auf mich abgesehen. All die anderen hübschen Mädchen, die ihm Liebesschwüre zuriefen und Kusshände sandten, beachtete er nicht.
Seine dunklen Augen zogen mich förmlich in ihren Bann. Mir wurde ganz schwach. Der Becher mit der kühlen Limonade glitt mir aus der Hand und fiel zu Boden. Ich verspürte den Drang, den Fremden zu küssen. Seine Lippen kamen meinem Mund verdächtig nah. Doch im letzten Moment wich er zurück und tanzte weiter, als wäre nichts geschehen.
Ich fühlte mich eigenartig leer, weil er mir den Kuss verweigert hatte, und suchte meinen Becher. Als ich ihn zu meinen Füßen fand, hob ich ihn auf. Und ich kam viel zu schnell wieder hoch. Schwindel befiel mich, ich drohte hinzufallen. Jemand hinter mir fing mich auf. Die Stimmen wurden lauter. Der Tänzer stellte sich vor mich und ließ anzüglich seine Hüften kreisen. Dann kräuselte er die Lippen. Allmählich verstand ich. Er wollte mich reizen. Ein freches Zwinkern, und er wandte sich wieder dem Feuerspiel zu.
Leute klatschten und jubelten, spornten ihn durch Zurufe an. Zusammen mit seinem Partner sprang er über die Flammen.
»Kann ich Ihnen helfen ?«, fragte mich der ältere Herr besorgt, der mich stützte. Ich löste mich von ihm.
»Nein, nein. Alles in Ordnung.« Mein Magen rumorte. Ich wollte lieber zurück zu den Zelten. Da entdeckte ich Pway auf der anderen Seite des Feuers. Ich winkte ihm zu. Er merkte, dass etwas nicht mit mir stimmte.
»Was ist los, Jorani?«
»Ich weiß es nicht … ich habe Bauchschmerzen.«
»Hoffentlich kommt das nicht vom Fisch.«
»Keine Ahnung. Ich möchte nur noch schlafen.«
»Okay, wir machen Folgendes. Ich sage Ira und JackBescheid, und dann bringe ich dich zu den Zelten zurück. In diesem Zustand läufst du mir nicht allein durch den Wald.«
Ich war ihm unendlich dankbar. Dafür, dass er so schnell einsichtig war, und dafür, dass er mir helfen wollte.
»Du bist ein echter Freund.«
In dem Moment kamen Jack und Ira auf uns zu. Beide hatten sich Maiskolben von einem der Stände organisiert.
»Jorani fühlt sich nicht gut«, klärte Pway die beiden auf. Ira musterte mich besorgt von oben bis unten. »Du siehst wirklich nicht besonders gesund aus, hoffentlich brütest du nichts Ernstes aus«, meinte sie und drückte mich. »Leg dich hin.«
»Mach ich.«
Der Weg zum Lager war nicht sonderlich beschwerlich. Ich hatte sogar das Gefühl, wir
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