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Schattenreiter

Schattenreiter

Titel: Schattenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Nikolai
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nicht mehr. Alle hielten den Atem an.
    Plötzlich reichte der rote Kämpfer dem Verlierer die Hand, und der nahm sie an, ließ sich von ihm hochziehen. Erneut brachen die Männer in Jubel aus. Mir fiel ein zentnerschwerer Stein vom Herzen. Für einen Moment hatte ich geglaubt, der Mann wäre tödlich verletzt worden. Erleichtert, dass es ihm allem Anschein nach gutging, ließ ich mich auf den Boden sinken und wartete auf Hevova und Rin. Doch sie kamen nicht. Eine halbe Ewigkeit verging, bevor ich endlich nahende Schritte hörte.
    »Ich habe mit Männern gesprochen«, sagte Hevova und hockte sich zu mir. »Rin in der … wie sage ich es … Schwitzhütte sein.«
    »Wo?«
    »Das ist Ort von Reinigung, wo Zeremonien abgehalten, aber auch Kranke geheilt.«
    »Was ist mit ihm geschehen?« Ich stand sofort auf.
    »Kronn ihn beim Kampf verletzt haben.«
    Kronn? Ausgerechnet der?
    »Alles in Ordnung ist. Kronn ihn unglücklich an Schulter getroffen mit Tomahawk. Aber es ihm gutgeht.«
    Ich versuchte, mich zu beruhigen. Das war alles andere als einfach. Zumindest schien es keine schwere Verletzung zu sein.
    »Ich ihn zu dir bringen, doch erst die Kämpfe müssen vorbei sein und die Männer sich zur Ruhe legen. Du so lange warten, beweisen deine Geduld.«
    »Okay«, sagte ich aufgelöst und setzte mich hin. Es würde mir schwerfallen. Diese Nachricht hatte mich so sehr schockiert, dass ich noch immer ganz durcheinander war.
    »Ich muss zurück. Bleib hier. Du nichts tun, was Schwierigkeiten bringt. Rin zu dir kommt, wenn Luft rein ist.«
    Ich nickte nur, und Hevova ließ mich allein.
    Es wurde eine sehr lange, sehr kalte und sehr unruhige Nacht. Die Kämpfe in der Hand des Himmels hielten an, und der rote Krieger stellte sich als Favorit heraus. Er besiegte noch viele weitere Gegner. Sein Kampfstil beeindruckte mich. Er war sehr wendig, sehr kraftvoll und setzte mehr als einmal auf den Überraschungseffekt.
    Nachdem die Kämpfe beendet waren, saßen die Männer noch am Feuer und feierten die Sieger. Es wurde gelacht, getanzt und musiziert. Trommeln erklangen. Sie ließen mich schmerzhaft an meinen Traum denken. Und an das, was er bedeutete.
    Irgendwann schlief ich trotz aller Aufregung ein. Schuld daran war meine Erschöpfung, aber gewiss auch der monotone Rhythmus, der durch die Nacht hallte.
    Ich kam erst wieder zu mir, als ich eine sanfte Stimme an meinem Ohr vernahm. »Du aufstehen, Jorani«, flüsterte sie.
    Langsam kam ich wieder zu mir und blickte in Hevovas Gesicht. Meine Beine waren vor Kälte steif geworden. Ich musste mich an dem Felsen hochziehen und festhalten, um nicht gleich wieder umzufallen. Der Geier über mir krächzte aufgeregt und schlug mit den Flügeln.
    »Du in Ordnung?«, fragte mich Hevova besorgt. Ich sah zu dem riesigen Raubvogel hinauf. Es schien, als wartete er nur darauf, dass mir etwas zustieß.
    »Ja, alles okay.«
    »Gut. Hier jemand ist, der sehen dich will.«
    Sie winkte jemandem zu, und kurz darauf tauchte Rin hinter der Felswand auf. Die grüne Bemalung in seinem Gesicht war zerlaufen, und der Verband an seiner Schulter verriet, dass die Wunde sehr tief war. Der weiße Stoff hatte sich rötlich verfärbt.
    »Oh, Rin, Gott sei Dank.« Ich machte einen Schritt auf ihn zu, hielt dann aber inne, weil ich ihm nicht durch eine unbedachte Bewegung weh tun wollte.
    »Ihr nicht viel Zeit habt«, erklärte Hevova und ließ uns allein.
    Ich war ihr so dankbar für alles, was sie für mich undRin getan hatte. Rin schloss mich überschwenglich in die Arme. Ich konnte seine Sehnsucht nach mir deutlich spüren.
    »Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht«, sagte er tapfer. Seine Augen schimmerten glasig, und sein Kopf fühlte sich heiß an. Ich machte mir große Sorgen, aber es gelang ihm, sie mit einem einzigen Kuss zu lindern. Seine heißen Lippen verschlossen meinen Mund.
    Wir sanken gemeinsam auf den Boden, lehnten uns an die Felswand, hielten einander fest. Eng umschlungen. Wie ein Pärchen, das sich seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Dabei waren wir nur wenige Tage getrennt gewesen.
    Vorsichtig strich ich ihm das schweißnasse Haar aus dem Gesicht. Grüne Farbe blieb an meinen Fingern zurück. Versehentlich berührte ich meine Wangen und malte mich ungewollt selbst an. Auch mein T-Shirt hatte sich durch die innige Umarmung verfärbt. Wir sahen einfach schrecklich, aber unglaublich lustig aus. Ich musste mir ein Lachen verkneifen.
    »Jorani, meine stolze Kriegerin«, hauchte er in Anspielung

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