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Schattenreiter

Schattenreiter

Titel: Schattenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Nikolai
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einzusteigen. Isaac nahm auf dem Fahrersitz Platz, während Hevova und ich uns den breiten Beifahrersitz teilten. Ich half ihr, sich anzuschnallen.
    Isaac trat aufs Gas, und Hevova wurde so stark in ihren Sitz gepresst, dass sie aufschrie. Im nächsten Moment hielt sie einen Dolch in der Hand, der auf Isaacs Kehle gerichtet war. Der hielt den Wagen genauso abrupt an, wie er ihn gestartet hatte.
    »Verdammt, so kommen wir nie dort an.«
    »Ich setze mich besser in die Mitte«, schlug ich vor.
    Damit waren alle einverstanden.
    »Er anders ist«, flüsterte Hevova. »Er dich zu uns führte, ja?«
    Ich war nicht sicher, ob Isaac sie hören konnte. Das Radio war auf laut gestellt, und Hevova gab sich redlich Mühe, leise zu sprechen. Ich warf einen Blick zur Seite, um seine Reaktion zu sehen, doch seine Augen waren starr auf die Fahrbahn gerichtet.
    »Was meinst du mit anders?«, flüsterte ich zurück.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich nicht wissen. Aber herausfinden ich werde.«
    Während der Fahrt blieb Hevova sehr angespannt. Sie konnte sich nur schwer an die »fahrende Kiste« gewöhnen. Ihre Hände hielten verkrampft den Speer fest, und ihre Beine zitterten merklich. Ich versuchte, ihr zu erklären, dass eine Fahrt in einem Truck normalerweise eine sehr ungefährliche Angelegenheit war, doch es gelang mir nicht, sie vollends davon zu überzeugen.
    Die Landschaft veränderte sich, wurde karg und trocken, erinnerte an eine Kraterlandschaft. Es hieß nicht umsonst, die Badlands seien für die Landwirtschaft gänzlich ungeeignet. Nur die wenigsten Pflanzen kamen mit der Trockenheit zurecht. Die meisten von ihnen waren ausgedörrt und verwelkt. »Land der Steine«, hatte Rin sie genannt. Der Name war mehr als passend.
    »Er anhalten soll«, forderte Hevova plötzlich.
    Isaac trat auf die Bremse.
    »Wir aussteigen. Aber er nicht mitkommen«, entschied sie unerbittlich.
    Ich wollte mich bei Isaac entschuldigen, schließlich half er mir völlig uneigennützig, aber ehe ich etwas sagen konnte, winkte er ab. »Ist schon okay, Jorani. Ich warte hier auf dich.«
    »Danke. Du bist ein echter Schatz.«
    »Ich weiß.«
    »Komm, komm«, drängte Hevova und verließ die Straße in Richtung Süden.
    »Beeil dich besser, sonst verlierst du sie aus den Augen.«
    Ich umarmte Isaac und bemerkte zum ersten Mal, dass sein Geruch tatsächlich anders war. Eine Mischung aus dem, was Rin normalerweise anhaftete, und etwas anderem, das ich noch nicht zuordnen konnte. Ich rannte Hevova durch die karge Landschaft hinterher.
    »Nicht langsam, du schneller, schnell, schnell«, mahnte sie und lief voran. »Prüfung in Hand des Himmels sehr wichtig für junge Männer. Hier müssen beweisen ihre Stärke und Geschicklichkeit im Zweikampf«, erklärte sie. Dann blickte sie hinauf zu den Sternen, um sich zu orientieren.
    »Du sehen großen Stern, der heller als andere?« Sie deutete auf ein außergewöhnlich helles Gestirn, das alle anderen überstrahlte.
    »Er ist weit weg.«
    »Ja. Dort, wo Licht am hellsten, ist Hand des Himmels, Fuga’a-tata-Skilarg. Doch du so langsam, wir kaum von Fleck gekommen, erst morgen früh werden ankommen. Das geht nicht. Du tritt zurück.«
    Ich tat, was sie von mir verlangte. Hevova warf den Kopf in den Nacken und streckte die Arme zu beiden Seiten aus. Konzentriert schloss sie die Augen. Ihre Lippen bewegten sich. Aber ich verstand nicht, was sie sagte. Sie flüsterte etwas, hob ihre Stimme leicht an, ließ sie immer lauter werden, bis auch ich die Worte vernahm.
    »Calla-mii Zorwaya de Onpatok.« Das Flüstern wandelte sich in ein Sprechen und das Sprechen in ein Rufen. »San-mii Zorwaya de Onpatok!«
    Der Boden unter unseren Füßen erzitterte. Es fühlte sich an, als hielte eine Bisonherde direkt auf uns zu. Aber es war nichts zu sehen außer dem Staub, der glitzernd durch die Ebene flog. Der Erdboden brach plötzlich auf, und ein schillerndes geisterhaftes Wesen erhob sich aus ihm, erwachte zum Leben wie der Phönix aus der Asche. Es war umgeben von kleinsten Partikeln aus Staub und Erde. Wind kam auf, Sand trieb mir in die Augen. Ich musste sie zusammenkneifen. Schützend hielt ich die Hände vor mein Gesicht. Zwischen meinen Fingern sah ich kräftige Beine, ein imposantes Haupt mit bebenden Nüstern und einen geschmeidigen Körper, die sich allesamt aus dem Nichts heraus formten.
    Es war ein beeindruckendes Schauspiel. Instinktiv wich ich ein paar Schritte zurück.
    Der Zorwaya umschmiegte Hevovas Körper wie

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