Schattenschmerz
einen Hinweis darauf finden.»
Während die Experten von der Informations- und Kommunikationstechnik damit begannen, die Dateien zu durchforsten, fuhren Steenhoff und Petersen ins Krankenhaus, in dem Maren Krohn arbeitete.
Prof. Dr. Peter Hörchle, der Chefarzt der Abteilung, war bestürzt, als er von dem Verdacht gegen seine Ärztin hörte, und bat die beiden Beamten in sein Zimmer.
«Frau Krohn ist noch nicht lange hier, aber sie ist eine erfahrene Ärztin. Sehr engagiert.» Er zögerte.
«Ja?», ermutigte ihn Petersen weiterzusprechen.
«Sie ist dieser Typ Medizinerin, die in ihrem Beruf aufgeht, die kein Ende findet, voller Ideale ist. Ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass sie etwas mit diesem furchtbaren Anschlag zu tun hat.»
«Hört sich nach der perfekten Mitarbeiterin an», stellte Petersen fest.
Professor Hörchle sah sie prüfend an. «Ja, in der Tat. Ich freue mich, dass wir Frau Krohn bei uns haben. Aber wir haben natürlich auch eine Fürsorgepflicht für unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. In unserer Klinik wird darauf geachtet, dass niemand verschleißt wird.»
«Hat Frau Krohn Kollegen, mit denen sie befreundet ist?»
Der Chefarzt spielte mit einem Stift zwischen seinen Fingern und tat, als dächte er über die Frage nach. Als er schließlich antwortete, sah er abwechselnd von Petersen zu Steenhoff. «Es herrscht eine kollegiale Arbeitsatmosphäre in der Klinik. Ich will nicht ausschließen, dass Frau Krohn bereits engere Kontakte geknüpft hat. Aber Näheres kann ich Ihnen dazu nicht sagen.»
Auf Bitten von Steenhoff rief Professor Hörchle noch eine junge Assistenzärztin zu sich ins Zimmer. Steenhoff schätzte die Frau auf Ende 20. Sie hatte trotz ihrer Jugend tiefe Schatten unter den Augen. Obwohl ihr der Chefarzt demonstrativ einen Stuhl anbot, blieb die Ärtzin stehen. Sie konnte über Maren Krohn nur wenig sagen.
«Soviel ich weiß, ist Maren hier mit niemandem befreundet. Private Kontakte gibt es ohnehin wenig. Wann auch?»
Der Chefarzt sah sie tadelnd an. Doch die junge Ärztin tat, als bemerkte sie den Blick nicht.
Während Steenhoff darum bat, einen Blick auf Maren Krohns persönliche Sachen und den Dienstcomputer im Arztzimmer werfen zu können, gab Petersen ihm ein Zeichen, dass sie kurz rausgehen wollte.
«Bin gleich wieder da», sagte sie leise.
Steenhoff nahm an, dass sie auf der Suche nach einer Toilette war. Aber Petersen ging durch den Haupteingang nach draußen und lief 100 Meter weiter zu einer Auffahrt, wo die Krankenwagen mit den Notfällen hielten.
Dort stand eine kleine Gruppe von Männern und Frauen beieinander, die rauchten. Manche schienen zu dünn angezogen. Während sie sich an ihren Zigaretten festhielten, tänzelten sie von einem Fuß auf den anderen. Petersen stellte sich kurz vor und fragte, ob sie Maren Krohn kannten. Eine medizinisch-technische Assistentin horchte bei dem Namen auf.
«Die Ärztin, die so lange in Afghanistan war?» Sie zog noch ein letztes Mal kräftig an ihrer Zigarette und stopfte sie dann in einen mit Sand gefüllten Ständer. «Die hockt immer mit einem Pfleger von der Chirurgie in der Kantine zusammen. Ich weiß nur, dass der Jörg heißt und auch mal ein paar Monate in Afghanistan war.»
Navideh Petersen hatte Glück. Der Pfleger, ein kräftiger, großgewachsener Mann, leistete an diesem Tag seinen Dienst im Krankenhaus. Doch er schien wenig begeistert, mit der Polizistin über Maren Krohn reden zu müssen. Mit verschränkten Armen musterte er Petersen misstrauisch, als sie ihn nach seinem Nachnamen und seiner Beziehung zu Maren Krohn befragte. Seine äußere Abwehrhaltung wurde nur unterbrochen, wenn er sich mit Zeigefinger und Daumen über ein paar rote, schuppige Flecken auf den Nasenflügeln rieb.
«Jeder macht hier seine Arbeit, so gut es geht. Für großartige Gespräche fehlt die Zeit. Und daran habe ich auch gar kein Interesse», ließ er Navideh Petersen barsch wissen.
«Aber Sie sitzen doch manchmal mit Maren Krohn in der Kantine zusammen und unterhalten sich», insistierte Petersen.
«Wüsste nicht, wen das was angeht.»
«Hören Sie, es geht um die Aufklärung eines Tötungsdelikts und die Verhinderung weiterer Verbrechen. Frau Krohn ist möglicherweise in den Fall verwickelt, und deshalb müssen wir –»
«Lassen Sie die Kollegin in Ruhe», unterbrach er Navideh Petersen grob. «Für üble Verdächtigungen bin ich der Falsche.» Damit ließ der Pfleger sie auf dem Flur stehen, drehte
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