Schattenschmerz
sei, sagte Jürgen Tetzlaff eisig: «Das hätten Sie vorher mit uns absprechen müssen.»
Mertens tat überrascht, aber der Polizeipräsident ging nicht weiter auf ihn ein. «Halten Sie sich bereit. Ich schicke Ihnen sofort zwei meiner Ermittler. Und rühren Sie das Schreiben nicht mehr an.»
Mertens wollte gerade auflegen, als der Mann noch hinzufügte: «Wir werden auch von Ihnen Fingerabdrücke nehmen.»
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11
Lars Diepenau riss die Tür zu dem kleinem Büro von Steenhoff und Petersen auf. Der Pressesprecher der Bremer Polizei hatte einen hochroten Kopf. Mühsam versuchte er, seine Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen.
«Bist du alle drei Stockwerke hochgerannt, ohne Luft zu holen?», erkundigte sich Petersen erstaunt.
«Der Attentäter hat sich bei der npa gemeldet», platzte Lars Diepenau heraus. «Hier!»
Er warf die Kopie einer Pressemeldung auf den Schreibtisch. «Das ging vor einer Viertelstunde an alle Medien, die npa abonniert haben. Unsere Telefone stehen nicht mehr still», fügte er atemlos hinzu. «Die Täter kündigen an, dass sie weitermachen wollen. Die Medien überschlagen sich. Sagt uns, wie wir darauf reagieren sollen.»
«Wieso
die
Täter?», fragte Petersen verblüfft.
«Die Gruppe nennt sich die ‹Mütter und Väter von Paghman›. Dem Bekennerschreiben zufolge richtet sich der Anschlag gegen ein Bremer Rüstungsunternehmen. Lies selbst.»
Petersen und Steenhoff beugten sich zeitgleich über das Papier. Einen Moment lang war es so still in dem kleinen Büro, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können.
Steenhoff richtete sich als Erster wieder auf. «Ruft die Kollegen zusammen. Ich werde den Präsidenten informieren.»
«Nicht nötig. Ich weiß schon Bescheid.»
In der offenen Tür stand Jürgen Tetzlaff und blickte ernst in die Runde. «In den nächsten Stunden wird sich hier ein Mediengewitter über uns zusammenbrauen.»
Tetzlaff war noch nicht lange Präsident, aber als ehemaliger Kripochef wusste er, was auf die Bremer Polizei zukommen würde. «Lars und ich müssen stets auf dem neusten Stand sein, deswegen werden wir bei eurem Treffen dabei sein. Außerdem kommen noch ein Kollege vom Staatsschutz und Staatsanwalt Degert dazu. In zehn Minuten geht es los. Aber erst muss ich noch mit dem Innensenator sprechen.»
Ohne eine Antwort abzuwarten, verschwand Tetzlaff im Flur.
Gleich nach der Besprechung der Mordkommission ließ sich Steenhoff mit dem Chef von
EvG-Technology
verbinden. Doch anstelle von Hasso von Germershausen erreichte er nur dessen aufgelöste Sekretärin. Sie teilte ihm mit, dass sich von Germershausen gerade in Brüssel aufhielt.
«Dann geben Sie mir bitte seine Handy-Nummer», sagte Steenhoff ungeduldig.
«Ich glaube nicht, dass dies Herrn von Germershausen recht ist», antwortete die Sekretärin widerstrebend.
«Hören Sie, wir ermitteln in einem höchst ungewöhnlichen Tötungsdelikt. Zwingen Sie mich nicht, ungemütlich zu werden», sagte Steenhoff scharf.
Sofort lenkte die Sekretärin ein. Keine fünf Minuten später hatte Steenhoff Hasso von Germershausen, den Hauptanteilseigner und Geschäftsführer von
EvG-Technology
, am Telefon.
Der Geschäftsmann schien nicht überrascht, dass sich ein Kripobeamter bei ihm in Brüssel meldete. Darauf angesprochen, bestätigte er Steenhoffs Eindruck.
«Meine Sekretärin hat mich über die Nachricht der Agentur bereits informiert.» Er machte eine Pause und fügte dann hinzu: «Sie können sich sicher vorstellen, dass dieser Vorfall für das Unternehmen, aber vor allem für die Mitarbeiter nicht angenehm ist. Man kann noch so sauber arbeiten und sich an alle gesetzlichen Vorgaben halten, bei solchen Verleumdungskampagnen bleibt immer etwas an der Firma hängen.»
Steenhoff wollte die eigentliche Vernehmung nicht vorwegnehmen, aber eine Frage musste er sofort stellen. «Hat der Attentäter auch direkt an Sie geschrieben?»
«Nein.»
Die Antwort kam ruhig und ohne Zögern.
«Keine Drohanrufe, Erpressungsversuche oder sonstige ungewöhnliche Zwischenfälle in letzter Zeit?»
Zu Steenhoffs Überraschung lachte von Germershausen plötzlich auf.
«Allerdings gab es unangenehme Zwischenfälle: Unsere Aktien sind gesunken!»
Steenhoff unterdrückte seinen Ärger nur mühsam. «Es geht hier nicht um Verlust- oder Gewinnzahlen, sondern um Menschenleben, die in Gefahr sind.»
Der Firmenchef machte sofort einen Rückzieher. «Natürlich. Sie haben recht. Aber es gibt kein
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