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Schattenschmerz

Schattenschmerz

Titel: Schattenschmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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an
EvG-Technology
gerichtetes Erpresserschreiben. Tut mir leid. Sehen Sie», fügte er seufzend hinzu, «unsere Firma eignet sich aus Sicht einiger Spontis und Krawallmacher einfach von unserer Produktlinie her, um Dampf abzulassen.»
    «Was für eine
Produktlinie
haben Sie denn?», erkundigte sich Steenhoff mit unverhohlenem Missfallen. Er hatte schon im Internet auf der Homepage von
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nachgeschaut, aber er wollte es von dem Mann selbst wissen.
    «Elektronische Rüstungsgüter», erklärte von Germershausen. «In einigen Bereichen liegen wir mit an der Spitze.»
    Von Germershausen sagte zu, noch in der Nacht nach Bremen zurückzufliegen. Am Morgen des nächsten Tages wollten sie sich in dem Verwaltungsgebäude von
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treffen.
    Im Verlauf der nächsten Stunden versuchten mehrere Journalisten, Steenhoff auf dem Handy zu erreichen. Auch Andrea Voss probierte es mehrmals. Er schickte ihr eine knappe SMS . Den anderen antwortete er nicht.

[zur Inhaltsübersicht]
    12
    Mit geübten Handgriffen sortierte Sigrid Werlemann die Post.
    Ihr Chef bekleidete mehrere Ehrenämter und saß im Vorstand des Golfclubs zu Oberneuland. Doch seine private Post pflegte von Germershausen erst am Abend zu erledigen. Alle persönlichen Briefe musste sie auf den rechten Stapel legen, die Geschäftspost auf den linken.
    Sie hatte fast alle Briefe gesichtet, als ihr ein Umschlag ins Auge fiel. Ihr Puls ging schneller. Sie nahm den Brief und ging damit ans Fenster. Kein Zweifel: Da war sie wieder, die leicht nach links gekippte Handschrift. Der Erpresser hatte wieder geschrieben.
    Sigrid Werlemann atmete schwer.
    Hasso von Germershausen hatte ihr strikte Anweisung gegeben, weitere Erpresserschreiben sofort ungeöffnet an ihn weiterzuleiten. Sigrid Werlemann wusste, er würde sie vernichten, so wie all die anderen.
    Dabei hatten die verrückten Erpresser ihre Drohungen wahr gemacht. Fünf Tage hatten sie
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das letzte Mal Zeit gegeben. Fünf Tage, die Hasso von Germershausen verstreichen ließ. Und nun war am Montag im Park an der Neustadtscontrescarpe eine Bombe hochgegangen.
    Sigrid Werlemann hatte seitdem all ihre Selbstbeherrschung aufbieten müssen, um weiterarbeiten zu können. Seit sie das erste Mal von dem Park-Attentat im Radio gehört hatte, verfolgte sie genau alle Nachrichten. Am Montagmorgen hatte sie Hasso von Germershausen im Büro gleich von der Explosion im Park berichtet. Ihr Chef hörte scheinbar ruhig zu, ohne ihren Bericht zu kommentieren. Am Ende des kurzen Gesprächs befahl er ihr, ihn bei weiteren Schreiben des Erpressers sofort zu informieren. Doch er befand sich noch auf einer Geschäftsreise in Brüssel, und jetzt kam dieser Brief. Der zweite innerhalb kurzer Zeit.
    Die Attentäter würden weitermachen, weiterdrohen, bis
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endlich auf ihre Forderungen einging. Doch Sigrid Werlemann war sich genauso sicher, dass von Germershausen auch dieses Schreiben vernichten würde.
    Der alte Ernst von Germershausen hatte bis vor drei Jahren alle Fäden in der Firma in der Hand gehabt. Mit seinem Sohn Hasso begann eine neue Ära. Vater und Sohn kamen schon früher nicht gut miteinander aus. Seit einiger Zeit sprachen sie kaum noch miteinander. Sigrid Werlemann wusste, dass Hasso von Germershausen niemals bereit wäre, auch nur einen Cent für Dinge zu zahlen, die sein Vater zu verantworten hatte. Skrupel oder innere Zweifel kannte niemand aus der Familie. Schließlich hatte
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seit Jahrzehnten mit Elektronik und Hightech für den Rüstungsbereich Geld verdient.
    Anfangs hatte auch Sigrid Werlemann Bedenken gegen eine Arbeit bei
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gehabt. Doch schon vor vielen Jahren hatte sie sich nur zu gerne von Argumenten wie dem «Gleichgewicht des Schreckens» überzeugen lassen. «Wenn es
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nicht macht», hatte ihr Mann damals angemerkt, «dann macht es eine andere Firma.» Ihr früherer Arbeitgeber stand zu dem Zeitpunkt kurz vor der Insolvenz, und Sigrid Werlemann hatte das Unternehmen verlassen und sich eine neue Arbeit suchen wollen. Sie brauchten das Geld. Und so hatte sie schließlich die Argumente ihres Mannes übernommen. So wie alle, die bei
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arbeiteten.
    Ob die Attentäter der Firma erneut eine Frist gesetzt hatten?
    Einem plötzlichen Impuls folgend, öffnete Sigrid Werlemann das Schreiben. Im selben Moment erschrak die Sekretärin über ihre eigene Kühnheit. Ein feiner Schweißfilm bildete sich auf ihrer Stirn. Von Germershausen

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