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Schattenschmerz

Schattenschmerz

Titel: Schattenschmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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Befreiungsbewegung oder Terrorgruppe gleichen Namens. Es ergab keinen Sinn.
    Wer waren diese
Mütter und Väter
, die plötzlich zu Attentätern im fernen Deutschland wurden?
    Irgendwann hatte Andrea die Recherche im Internet wieder abgebrochen. So kam sie nicht weiter.
    Sie überflog ihre Telefonliste. Es gab nur einen, den sie wegen Paghman anrufen konnte: Frank Steenhoff.
    Sein Name stand allerdings ganz unten auf der Liste. Dort, wo die Informanten standen, die vermutlich am meisten über den Fall wussten, aber nichts rausrücken würden, wenn sie nicht ihrerseits mit einer wichtigen Neuigkeit kam.
    Auch Navideh Petersen musste alles über den Fall wissen. Aber die gebürtige Iranerin brauchte Andrea erst gar nicht anzurufen. Die Ermittlerin würde nichts sagen. Navideh Petersen überließ die Entscheidung, welche Informationen an der Pressestelle vorbei Andrea Voss zugespielt wurden, allein ihrem Kollegen Frank Steenhoff.
    Die Journalistin und den Kripobeamten verband ein unsichtbares Band, seitdem Steenhoffs Tochter Marie vor einigen Jahren in die Fänge eines brutalen Serientäters geraten war. Steenhoff wäre damals um Haaresbreite zu spät gekommen, hätte Andrea Voss an jenem Tag nicht mit allen Mitteln versucht, ihn aus einer dienstlichen Besprechung herauszuholen, um ihm von dem Anruf einer Katzenliebhaberin zu erzählen. In dem aufgeschlitzten Leib ihrer grausam zugerichteten Katze hatte die Frau ein rotes Tuch entdeckt. Ein scheinbar unwichtiges Detail, das Steenhoff jedoch damals das Blut gefrieren ließ – hatten die Ermittler doch auch im Körper einer ermordeten jungen Frau ein solches Tuch gefunden. Der Hinweis der Journalistin führte letztlich dazu, dass Steenhoff und Petersen nachts auf einen Bauernhof fuhren, wo Unbekannte Wochen zuvor einige Kleintiere zu Tode gequält hatten. Engagierte Jugendliche hielten dort abwechselnd Wache. Ohne Wissen ihres Vaters hatte sich auch Marie damals gemeinsam mit ihrem Freund für ein Wochenende einteilen lassen, um Kaninchen, Hühner und Pferde vor dem Tiermörder zu schützen. Sie ahnte dabei nicht, dass der Unbekannte keineswegs nur an Tieren interessiert war.
    Seit diesem ungewöhnlichen Fall hielten Andrea Voss und Steenhoff Kontakt. In größeren Abständen gingen sie zusammen Mittag essen oder trafen sich auf einen Kaffee in der Bremer Innenstadt. Steenhoff bestand stets darauf, sich irgendwo in einem der belebten Cafés rund um den Markt oder im Schnoorviertel zu treffen. Die hübschen, schmalen Gässchen mit den ausgefallenen Boutiquen und den exklusiven Schmuckläden zogen Tag für Tag unzählige Besucher an. In dieser «polizeifreien Zone» fühle er sich am wohlsten, hatte Steenhoff betont. Schließlich gehe es niemanden etwas an, ob und wann er sich mit einer Journalistin treffe. Natürlich hatte Andrea Voss nicht widersprochen.
    Ihm gegenüber konnte sie sich ihre Methoden und üblichen Bluffs sparen. Entweder Steenhoff entschied sich, ihr etwas zu erzählen oder nicht. Was bei dem Mordermittler zählte, war allein Tatsachenwissen. Doch damit konnte Andrea derzeit nicht auftrumpfen. Vielleicht erbarmte sich Steenhoff und rückte trotzdem mit ein paar exklusiven Details raus? Um keinen ungünstigen Moment zu erwischen, entschied sie sich, nicht zu telefonieren, sondern ihm eine SMS zu schicken.
    «Hi, Frank. Wann kann ich dich anrufen? Was bedeutet Paghman? Andrea.»
    Sie hatte die SMS gerade abgeschickt, als einer der Volontäre den Kopf zur Tür hereinsteckte.
    «Ich soll noch mal rausfahren», kündigte er gehetzt an. «Die Witwe des Getöteten hat bei der Chefredaktion angerufen. Sie möchte mit uns reden. Von Jan soll ich dir ausrichten, dass er auf dem Weg zu
EvG-Technology
ist. Hasso von Germershausen will ein Interview geben.»
    «Wieso Jan?», fragte Andrea Voss verdutzt.
    Der Volontär zuckte mit den Schultern. «Keine Ahnung. Ich glaube, die kennen sich von einem Firmenporträt her, das Jan im Frühjahr über
EvG
geschrieben hat.»
    Andrea Voss unterdrückte eine wütende Bemerkung. «Und ich habe einen Termin bei den Delaborierern der Polizei», erklärte sie trotzig. «Die sind bereit, etwas zu den USBV -Dingern zu erzählen.»
    Ihr junger Kollege schaute sie verständnislos an.
    «Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen», fügte Andrea ungeduldig hinzu. «Irgend so was soll ja am Montag im Park hochgegangen sein. Nur kann sich keiner wirklich etwas darunter vorstellen. Die sollen mir mal erklären, was genau das ist.»

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