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Schattenschmerz

Schattenschmerz

Titel: Schattenschmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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betrat.
    «Entschuldige, dass ich dich bei deinem Termin gestört habe, aber ich denke, das hier ist wichtig.» Sie zeigte auf zwei Schnellhefter von der Kriminaltechnischen Untersuchungsstelle vor sich.
    «Die KTU ist also endlich fertig», stellte Steenhoff fest.
    «Ja. Außerdem haben sich unsere Profiler noch ein paar interessante Gedanken zu dem Bekennerschreiben gemacht.»
    Steenhoff begann noch im Stehen zu lesen. Als er geendet hatte, schaute er Petersen nachdenklich an. «Wenn die Kollegen mit ihrer Analyse richtigliegen, haben wir es mit deutschen Tätern und nicht mit Afghanen zu tun.»
    Petersen nickte und sagte: «Oder mit einer deutsch-afghanischen Gruppe.»
    «Nach Überzeugung der Profiler sind die Attentäter aber kulturell deutsch geprägt.» Er suchte die entsprechende Passage aus dem Schreiben an die Nachrichtenagentur. «Hier:
Tag für Tag werden Kinder, Frauen und Männer durch Minen getötet
», las er laut vor. «Die Reihenfolge in der Aufzählung sei für eine patriarchalisch geprägte Gesellschaft wie in Afghanistan untypisch.»
    «Das stimmt», bestätigte Petersen und zog die linke Augenbraue hoch. «Noch überzeugender finde ich das Wort ‹exportieren› im folgenden Absatz. Die Kollegen haben recht, wenn sie sagen, dass dies eine bestimmte Sichtachse verrät, nämlich von der westlichen Welt hin zu den Dritte-Welt-Ländern.»
    Erneut suchte Steenhoff nach der Stelle im Bekennerschreiben. Laut las er vor:
«Der Schrecken wird nach Afghanistan, Kambodscha, dem Irak und vielen anderen unterentwickelten Ländern der Welt exportiert
.
»
    Er zog die Jacke aus und setzte sich auf seinen Bürostuhl. «Wäre es eine rein afghanische Gruppe, wäre von ‹importieren› die Rede. Hier aber heißt es ‹exportieren›.»
    «Außerdem sprechen die Attentäter perfektes Deutsch. Anders als Farid.»
    «Selbst wenn es sich um eine gemischte Tätergruppe handeln sollte», gab Steenhoff zu bedenken, «haben die deutschen Akteure offenbar das Sagen. Sie bemühen zudem Konfuzius und zitieren ihn gleich an zwei Stellen. In ihrem Gutachten weisen die Kollegen darauf hin, dass der chinesische Philosoph in Afghanistan nur einer sehr kleinen, gebildeten Schicht bekannt sein dürfte.»
    «Wie in Deutschland …», warf Petersen ein.
    «Nein, du findest seine berühmtesten Zitate als Tagessprüche in Zeitungen und auf allen möglichen Kalendern», erwiderte Steenhoff.
    «Trotzdem, die Wortwahl, die perfekte Rechtschreibung, die umsichtige Vorgehensweise, das Wort ‹exportieren› … Das alles spricht für gebildete, deutsche Täter», sagte Petersen bestimmt.
    «Mit einer Ausnahme: Welcher Deutsche kennt das Unglück, bei dem die Schulkinder eines kleinen Orts in den neunziger Jahren in Afghanistan getötet wurden? Und welcher Deutscher benutzt eine Bezeichnung für eine Region, die nur von den Einheimischen benutzt wird?»
    «Jemand, der vor Ort war», erwiderte Petersen.
    «Genau. Entweder sie haben einen oder mehrere Afghanen in ihrer Gruppe, oder die deutschen Täter verstecken sich hinter der Bezeichnung
Mütter und Väter von Paghman
», betonte Steenhoff.
    «Da ist wieder die Reihenfolge», sagte Petersen plötzlich.
    Steenhoff sah sie fragend an.
    «Die Gruppe nennt sich
Mütter und Väter von Paghman
», erläuterte Petersen. «Die Väter werden erst an zweiter Stelle genannt.»
    «Du hast recht.» Steenhoff kratzte sich am Kopf. «Was hat eigentlich unsere Telefonzentrale bislang rausgefunden?»
    Petersen sah ihn überrascht an. Dann verstand sie. «Noch gibt es nichts Neues. Viele Hilfsorganisationen sind am Wochenende ohnehin nur schwer zu erreichen. Aber die Kollegen schreiben alle an und telefonieren pausenlos.»
    «Gut.»
    Steenhoff griff sich den zweiten Schnellhefter von der Kriminaltechnischen Untersuchungsstelle.
    Petersen beobachtete ihn gespannt. Er schien den Text mehrfach zu lesen, denn er benötigte für die wenigen Seiten deutlich länger als sie.
    Als Steenhoff wieder aufblickte, wirkte er hochkonzentriert. «Die sagen, dass es sich um ein Selbstlaborat handelt.» Er blickte zur Kontrolle in die Unterlage. « HMTD , Hexamethylentriperoxid, heißt das Zeug. Ein brisanter Sprengstoff, unterliegt dem Sprengstoffgesetz. Die dafür notwendigen Grundsubstanzen sind aber angeblich in Geschäften und Apotheken frei käuflich.» Er schüttelte verständnislos den Kopf.
    «Man muss es nur kaufen und richtig zusammenmischen», sagte Petersen.
    «Und dabei nicht in die Luft fliegen», ergänzte

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