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Schattenschmerz

Schattenschmerz

Titel: Schattenschmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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gerade auf dem Weg in ihr eigenes Badezimmer im ersten Stock, um noch etwas Lippenstift aufzulegen, als die Eingangstür hastig aufgeschlossen wurde. Verwundert hörte sie, wie jemand die Tür mit Nachdruck wieder ins Schloss fallen ließ und mehrfach abschloss. Dann ging die Glastür zum Wohnzimmer auf.
    Von der Galerie im ersten Stock schaute sie auf ihren Mann. Hasso von Germershausen wirkte fahrig. Seine Golftasche hatte er draußen liegengelassen.
    «Hast du etwas vergessen?», fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf und sah sich blitzschnell im Wohnzimmer um. Mit wenigen Schritten war er bei den Lampen und schaltete sie aus.
    «Was machst du da?»
    «Komm runter», befahl von Germershausen.
    «Entschuldige mal, ich wollte gerade ins Bad», erwiderte seine Frau empört.
    Hasso von Germershausen zog mit einem Ruck die Vorhänge zu. Anschließend schob er sie vorsichtig einen Spalt zur Seite. Einen Moment blieb sein Blick auf den mächtigen Rhododendren hängen, die bis an die hohe, weiße Mauer des vorderen Grundstücks grenzten.
    «Hasso, ich bitte dich, was ist los?»
    Die Unternehmersfrau lief die Treppe hinunter und berührte ihren Mann am Arm. Ungeduldig schob er sie beiseite. Aus seiner Hosentasche zog er einen großen Zettel und warf ihn auf den Glastisch. Dann wählte er die Nummer der Polizei.
    Beunruhigt beugte sich Gesine von Germershausen über das Papier.
    «Fass ihn nicht an!», zischte ihr Mann. Aber es war schon zu spät. Erschrocken ließ Gesine von Germershausen den Zettel zurückfallen. Als sie las, was ihren Mann so nervös machte, unterdrückte sie einen Aufschrei.

[zur Inhaltsübersicht]
    35
    Der Anruf aus dem Kriminaldauerdienst kam Steenhoff nur allzu gelegen. Seit drei Stunden telefonierte er gemeinsam mit Petersen alle potenziellen Adressen in der Hansestadt ab, wo die Attentäter die Materialien für die Sprengstoffmischung gekauft haben könnten.
    Bislang vergeblich.
    Petersen unterdrückte ein Gähnen und wählte die nächste Nummer auf ihrem Zettel, als Steenhoff den Hörer auf seinem Schreibtisch abnahm.
    «Was sagst du da?», fragte er elektrisiert.
    Petersen sah gespannt von ihren Unterlagen hoch.
    «Sag ihnen, wir kommen sofort. Sie sollen nichts anrühren.»
    Petersen war bereits aufgestanden und hatte sich ihre Jacke übergezogen. «Hoffentlich nichts mit Motjaba?»
    «Nein. Hasso von Germershausen», erwiderte Steenhoff knapp. «Jemand hat ihn zu Hause bedroht.»
    Auf dem Weg zum Dienstwagen klingelte sein Handy. Überrascht erkannte Steenhoff auf dem Display seine private Nummer. Sollte Ira frühzeitig aus Portugal zurückgekehrt sein? Sein Puls schlug schneller.
    Er war niemand, der gut über weite Distanzen Probleme austauschen konnte. Selbst zu zweit und in ruhiger Atmosphäre suchte er nach einem Konflikt oft vergeblich nach den richtigen Worten. Am Telefon aber sei es «die Pest» mit ihm, wie Ira und Marie in der Vergangenheit mehrfach versichert hatten.
    Endlich war Ira wieder da. Sie würden abends beisammensitzen, reden, vielleicht miteinander schlafen und endlich diesen merkwürdigen Graben zwischen ihnen überwinden. Dafür würde Ira mit ihrer direkten Art schon sorgen.
    Erleichtert nahm er das Gespräch an. «Ira!»
    Am anderen Ende blieb es einen Moment lang still. Dann erkannte er die Stimme seiner Tochter. Sie klang irritiert.
    «Na, du scheinst ja Sehnsucht nach Mama zu haben!»
    «Ich habe nur ihren Namen gesagt, mehr nicht», stellte Steenhoff klar.
    «Ja, aber wie!» Sie imitierte gekonnt seinen Ton und wiederholte den Namen ihrer Mutter.
    Steenhoff unterdrückte ein Seufzen. Marie hatte feine Antennen. So fein, dass sie ihm manchmal schon unheimlich waren. Bereits als Kind hatte sie ihn oft bei einer Notlüge ertappt. Dabei wollte er sie meist nur schonen:
    «Ira und ich hatten etwas Stress in letzter Zeit miteinander», räumte er ein. «Und ich dachte, dass wir das jetzt endlich klären können. Aber das ist unsere Sache und nicht deine», fügte er noch mit fester Stimme hinzu. «Alles klar?»
    «Aye, aye, Kapitän.»
    «Also, was machst du zu Hause?»
    «Och … Ich hatte doch gesagt, dass ich euch mal wieder besuchen wollte», antwortete sie gedehnt.
    Steenhoff warf Petersen den Autoschlüssel zu und machte ihr ein Zeichen, dass sie fahren sollte. Sie sah ihn fragend an, und er formte mit den Lippen die Bezeichnung des Stadtteils, in dem von Germershausen wohnte. Dann setzte er sich auf den Beifahrersitz und schnallte sich mit der linken Hand an, ohne

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