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Schattenschmerz

Schattenschmerz

Titel: Schattenschmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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Verräter
gemeint haben könnte. Anschließend werden wir uns im Haus umgucken.»
    Sein Blick blieb an einer Pfütze auf dem Weg hängen. «Hat es heute Vormittag eigentlich geregnet?»
    «Ja, heute früh. Gegen 8.30 Uhr. Ich bin noch gerade rechtzeitig mit dem Rad im Präsidium angekommen», sagte Petersen. «Warum fragst du?»
    «Der Zettel ist bis auf ein paar Wassertropfen von der feuchten Windschutzscheibe trocken. Das heißt, der Täter muss nach dem Regen auf das Grundstück gekommen sein und den Drohbrief hinter die Scheibenwischer geklemmt haben.»
    «Damit ist er ein ziemlich hohes Risiko eingegangen, entdeckt zu werden», merkte Petersen nachdenklich an.
    «Oder gar keins, weil er genau wusste, dass er nicht entdeckt werden konnte.»
     
    Hasso von Germershausen und seine Frau sahen die beiden Polizisten gespannt an, als sie wieder zur Tür hereinkamen.
    «Haben Sie etwas gefunden?», erkundigte sich von Germershausen ungeduldig.
    «Schon möglich», erwiderte Steenhoff ausweichend. Dann sah er ihn direkt an. «Haben Sie Feinde, Herr von Germershausen?»
    Der Unternehmer bedachte Steenhoff mit einem misstrauischen Blick. Er ging um einen Sessel herum und ließ sich aufs Sofa fallen. «Nun, natürlich habe ich Feinde», sagte er gedehnt. «In meiner Branche bleibt das nicht aus. Ich arbeite schließlich nicht in der Suppenküche eines Obdachlosenasyls und verteile den ganzen Tag Geschenke.» Er lachte über den eigenen Witz.
    «Das kann ich mir denken», erwiderte Steenhoff ungerührt. «Ich meinte auch nicht beruflich, sondern privat.»
    Hasso von Germershausen richtete sich mit einem Ruck auf. «Was soll diese Frage?»
    Petersen und Steenhoff antworteten nicht.
    Er räusperte sich. «Ich umgebe mich in meiner Freizeit mit Leuten, die mir meinen Lebensstil nicht neiden müssen, weil sie ebenfalls genug haben. Und für sonstige Freunde habe ich keine Zeit.» Kühl sah er die beiden Ermittler an. «Wie geht es denn jetzt weiter?»
    «Das hintere Tor in der Mauer stand offen …»
    Von Germershausen sah sich verblüfft nach seiner Frau um. Gesine von Germershausen wirkte erschrocken.
    «Aber bevor wir die Kollegen von der Spurensuche alarmieren», fuhr Steenhoff fort, «und bei Ihnen den großen Aufschlag machen, möchten wir uns gerne mal im Haus umschauen.»
    Das Ehepaar zögerte.
    «Es ist nur zu Ihrer eigenen Sicherheit», fügte Steenhoff hinzu.
    Gesine von Germershausen schüttelte unwillig den Kopf, aber ihr Mann war schon aufgestanden. Er ging ein paar Schritte vor und stieß die Tür zum hinteren Teil des Hauses auf: «Bitte schön.»
    Er ließ den beiden Beamten den Vortritt.
    Jedes Zimmer war individuell eingerichtet. Statt Drucken schienen Originale an den Wänden zu hängen. Bewundernd zeigte Steenhoff auf ein Bild im Gästezimmer. «Ist das etwa ein echter Nolde?»
    «Ja», erwiderte von Germershausen gleichgültig. «Meine Frau hat einen Narren an Emil Nolde gefressen. Mir sagt er nichts.»
    Andächtig trat Steenhoff näher und betrachtete das Bild. Auch Petersen wirkte fasziniert.
    «Ich habe das mal versucht nachzumalen. Unmöglich», sagte sie fast ehrfurchtsvoll.
    Dunkle Wellenberge in Grau- und Grüntönen schienen auf den Betrachter zuzurollen. Die weiße Gischt, die der Künstler mit einem breiten Pinselstrich angedeutet hatte, ließ einen aufziehenden Sturm erahnen. Wasser, so weit das Auge reichte. Die dramatischen, gelborangefarbenen Wolken verliehen dem Bild Schwere und Sehnsucht zugleich.
    Von Germershausen sah die beiden Polizisten missbilligend an. «Ich wusste gar nicht, dass man sich bei der Kriminalpolizei so für Kunst interessiert. Vielleicht dürfte ich den Herrschaften jetzt zur Abwechslung die anderen Räume zeigen?»
    Steenhoff überging den arroganten Unterton und wandte sich stattdessen den Sprossenfenstern zu. Er öffnete einen Flügel und überprüfte den Rahmen nach Kratzern.
    Wie erwartet, fanden sie weder an den Fenstern noch an den Terrassen- und Balkontüren irgendwelche Spuren.
    Es fehlte nur noch der Ostflügel des großen Hauses, als Hasso von Germershausen von seiner Frau gerufen wurde. Sie lief ihm eilig die Treppe entgegen und blieb auf der obersten Stufe stehen: «Einer deiner Golfer ist am Apparat. Sie warten auf dich. Ich wusste nicht, was du ihnen sagen willst …»
    Hasso von Germershausen zeigte auf die Zimmertüren an der Treppe. «Der Arbeitsraum meiner Frau, daneben das zweite Gästezimmer.» Damit entschuldigte er sich und folgte seiner

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