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Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Titel: Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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schwindelig, von meiner Verwirrung einmal abgesehen. Also nickte ich.
    »Möchtest du aufstehen und ein paar Schritte gehen?«
    Kaum hatte ich ein zittriges »Ja« hervorgebracht, da war Sam schon um den Tisch herum und half mir beim Aufstehen. Nun fühlte sich die Berührung seiner Hände warm und behutsam an. Beinahe fand ich seine Fürsorge übertrieben - doch dann begannen meine Knie zu zittern. Mein Körper fühlte sich an wie nach einem 1000-Meter-Lauf, während er zugleich so starr war, als hätte ich mich seit Stunden nicht mehr gerührt. Erst als wir den Pausenhof betraten und die Sonne auf mich fiel, verlor sich diese seltsame Anspannung und die Kälte. Langsam gingen wir ein wenig umher, wobei Sam mich umfasst hielt, als rechnete er damit, dass jeden Moment meine Beine versagen könnten und er mich würde auffangen müssen. Unter anderen Umständen hätte ich seine Nähe noch stärker genossen, jetzt aber war ich vor allem froh darüber, dass er mir Halt gab.
    »Ich habe dir einen ganz schönen Schrecken eingejagt, was?«, fragte ich schließlich, nachdem wir uns auf eine Bank gesetzt hatten. Unauffällig rutschte ich so dicht wie möglich an ihn heran, denn seine Körperwärme war tröstlich. Erst jetzt wurde mir richtig bewusst, wie sehr ich gefroren hatte. Zu meiner Erleichterung legte er mir einen Arm um die Schultern und nahm meine Hand, um sie zu wärmen. Für einen Augenblick sah es aus, als wäre meine Haut mit einem silbrigen Schimmer überzogen, doch das lag gewiss nur daran, dass Sams Hand neben meiner so dunkel gebräunt aussah. Ich musste mich dringend mehr im Freien aufhalten.
    Sam hielt einen Moment lang inne, als müsste er seine Gedanken nach dem Schrecken erst einmal ordnen. »Zuerst dachte ich, du willst mich ärgern, weil ich einfach zu den Matheübungen umgeschwenkt bin, anstatt noch ein wenig zu quatschen. Du warst mit einem Mal vollkommen still, wie eine Statue. Nach dem Motto: Ich bin gerade dabei, vor lauter Langeweile zu sterben. Dann ist mir klar geworden, dass du völlig abgetaucht warst, aber auf eine ganz und gar nicht gute Art. Als du nicht auf mich reagiert hast, bin ich wirklich nervös geworden. Passiert dir so etwas öfter?«
    »Nein, so etwas kenne ich überhaupt nicht von mir.« Das entsprach der Wahrheit, und das war es, was mich mehr als verunsicherte. Klar, ich konnte mich sehr gut auf Dinge konzentrieren, die mich interessierten, und dabei Gott und die Welt vergessen. Aber damit hatte dieses Erlebnis nichts zu tun gehabt. Ich spürte, dass Sam auf eine Erklärung hoffte. Doch wie sollte ich ihm erklären, was passiert war, wenn ich es selbst nicht begriff? Dieses überwältigende Bild, die Berührung durch den Schatten konnte ich unmöglich in Worte fassen. Außerdem befürchtete ich, Sam könnte mich für sonderbar halten, wenn ich ihm die Wahrheit sagte, für ein völlig überspanntes Mädchen, das einen in unangenehme Situationen brachte. Ich wusste nur zu gut, was Rufus davon hielt, wenn Mädchen etwas Außergewöhnliches taten oder sich sonstwie in den Mittelpunkt spielten: Er war schwer genervt. Sam war zwar ganz anders als mein Machobruder, trotzdem befürchtete ich, dass sie sich in diesem Punkt gleichen könnten. Besonders, wenn ich auch noch erwähnte, dass er es gewesen war, der mich befreit hatte. Sam, mein Retter. So pathetisch und verrückt das klang, genauso war es gewesen. Das behielt ich besser für mich. Also sagte ich das Nächstliegende: »Dieses Ammoniak-Zeug hat mich irgendwie aus der Bahn geschmissen. Vielleicht reagiere ich ja allergisch darauf.«
    Sam machte keinen sonderlich überzeugten Eindruck, aber er hakte auch nicht nach. So saßen wir beide schweigend auf der Bank, während meine Hand in seiner wieder zum Leben erwachte und seine Finger sanft an meiner Schulter kreisten. So hätte ich bis in alle Ewigkeit dasitzen können, gedankenverloren, mit Sam an meiner Seite, dessen regelmäßiger Atem schöner als jedes Konzert war. Doch leider klingelte irgendwann die Pausenglocke, ein fast brutales Geräusch nach dieser himmlischen Auszeit. Behutsam legte Sam meine Hand auf meinem Schoß ab. Gleich würden die Raucher in den Innenhof einfallen, um schnell ein paar Züge zu nehmen, bevor die Pausenaufsicht ihre Runden drehte. Ich verstand, dass Sam nicht wollte, dass man uns so innig sah, aber es verletzte mich trotzdem.
    »Am besten bleibst du hier sitzen, während ich Rufus suche. Ich glaube, er hatte jetzt gerade Französisch.«
    »Was

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