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Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Titel: Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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besorgen uns was zu futtern und hängen an unserem Lieblingsplatz ab. Nur zu zweit, wie in alten Tagen, als sich noch keine kleine Schwester zwischen uns Männer gedrängt hatte.«
    »Warum nicht«, sagte Sam widerwillig und beugte sich zu mir hinunter. Doch anstelle eines weiteren heimlichen Kusses flüsterte er mir dieses Mal tatsächlich ins Ohr: »Denkst du, dein Vater erleidet einen Tobsuchtsanfall, wenn ich morgen Vormittag gleich wieder bei euch auftauche und dir das Bike zurückbringe?«
    »Nein, der knurrt doch nur. Außerdem hat meine Mutter ihn gut im Griff und sie mag dich«, sagte ich leise und musste ein Lachen unterdrücken.
    »Das ist gut, denn ich hätte mich nur ungern mit ihm duelliert.«
    Nun musste ich doch lachen.
    »Mila?«
    »Ja?«
    »Ich komme zu dir, so schnell es geht. Du weißt, dass ich es ernst meine.«
    Mit einem Schlag war die Leichtigkeit aus seinen Worten verflogen. Ich nickte nur, denn ich wagte es nicht auszusprechen, was mir in den letzten Stunden zur Gewissheit geworden war. Ohne Sam wollte ich nicht sein, konnte es vielleicht nicht einmal. Und er … auch für ihn gab es keine Alternative, er hatte sich mir verschrieben. Das erkannte ich so klar, wie ich sein schmales und so aufrichtiges Gesicht vor mir sah.

12
    Schwarze Scherben
    Ein Poltern aus dem Badezimmer riss mich aus dem Schlaf. Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, wo ich mich befand. Die Schwärze in meinem Zimmer entsprang schlicht der Tatsache, dass es noch Nacht war, und nicht etwa einer um sich greifenden Dunkelheit, die ein Eigenleben führte, so wie es gerade wieder in meinen Träumen geschehen war.
    Das Rauschen der Toilettenspülung setzte ein. Rufus hatte also den Weg nach Hause gefunden. Mit klammen Fingern schaltete ich die Nachttischlampe ein, blieb aber zögernd auf dem Bettrand sitzen. Warum sollte ich Rufus stören? Vermutlich hatte er auf dem Rückweg über den Festplatz Leute aus seinem Jahrgang getroffen und doch noch ein paar Bier getrunken. Wenn ich jetzt ins Badezimmer platzte, überraschte ich ihn bestenfalls dabei, wie er gerade dabei war, sein bestes Stück einzupacken.
    Gerade als ich die Lampe ausschalten wollte, hörte ich ein unterdrücktes Stöhnen. Es klang so qualvoll, dass ich auf den Beinen war, bevor ich diese Entscheidung bewusst getroffen hatte.
    Im Badezimmer herrschte Dunkelheit, trotzdem machte ich die in sich zusammengesunkene Gestalt an der Wand aus. Während meine Hand nach dem Lichtschalter tastete, stieg eine Furcht in mir auf, die ich zuvor nicht gekannt hatte. Etwas ist passiert, schoss es mir durch den Kopf. Ich fand den Schalter, drückte ihn aber nicht. Die Silhouette bebte leicht, fast so, als würde sich ihr Umriss gleich auflösen. Was sollte schon passiert sein? Rufus war vom Trinken übel, mehr nicht. Trotzdem gelang es mir kaum, Luft in meine Lungen zu ziehen.
    »Rufus?«
    Keine Antwort.
    »Rufus, kann ich das Licht anmachen?«
    Zuerst erklang nur ein erneutes Stöhnen, das mich fast die Nerven verlieren ließ, dann ein kaum hörbares »Nein«. Verzweifelt, verwirrt.
    Ich drückte den Lichtschalter. Auf dem Boden neben der Toilette kauerte mein Bruder, die Arme um den Oberkörper geschlungen, die Beine angewinkelt, die Stirn auf den Knien. Kleiner konnte er sich nicht machen. Mein Bruder war aber niemand, der sich freiwillig klein machte.
    Behutsam, darauf bedacht, ihn nicht zu erschrecken, kniete ich mich vor ihn und streichelte ihm durch das verfilzte Haar. »Was ist denn passiert?«
    Es kam bloß ein Wimmern. Ich schnupperte, konnte aber keinen Alkohol riechen. Nur meinen großen Bruder und etwas Metallisches, das ich nicht sogleich zuordnen konnte. Gerade als ich aufstehen und nach unseren Eltern rufen wollte, sagte er: »Weiß nicht.«
    »Du weißt nicht, was passiert ist?«
    Rufus hob den Kopf. Über seiner linken Braue klaffte eine zentimeterlange Platzwunde und sein halbes Gesicht war mit verkrustetem und frischem rotem Blut verklebt. Der Rest der Haut war aschgrau, sogar die Lippen waren blass und bebten, als er sich zu einem weiteren Satz durchrang. »Weiß nicht, was passiert ist.«
    Ich war kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. Deshalb zwang ich mich dazu, Rufus’ Blick zu halten, obgleich mich das Blut in seinem Gesicht fast wahnsinnig machte. »Hast du noch andere Verletzungen als die in deinem Gesicht?«
    »Welche Verletzung?« Rufus’ Stimme brach weg und ein Zucken durchfuhr seinen Körper. Ehe ich mich versah, hatte er sich in die

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