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Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse

Titel: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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nicht verschonen?«, bat Mila leise. »Dann werde ich mit dir gehen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das kann ich leider nicht tun.«
    Mila stieß weder einen Fluch aus, noch drohte sie mir oder beschimpfte mich. Stattdessen begann sie zu weinen, still und sichtlich ohne die Absicht, mich durch ihre Tränen umzustimmen. Mein Griff um Nikolais Schwinge lockerte sich. Ich wollte nur noch zu ihr, wollte sie halten und uns beide vor der ganzen Welt verbergen, doch das war unmöglich.
    »Bring sie fort«, bat ich Asami.
    Asami hob Mila hoch, ohne dass sie sich dagegen wehrte, und stieg mit ihr in den Himmel. Ich wartete, bis sie weit genug entfernt waren, dann schleuderte ich den allmählich zu sich kommenden Nikolai mit aller Kraft gegen die Wand des Turms, die unter seinem Aufprall zerbrach. Scherben rieselten zu Boden und in der Öffnung zeigte sich flüssiges Silber, in dem verschwommene Bilder zu sehen waren. Es waren die flüchtigen Eindrücke eines Traums, eingefangen in Nikolais Pforte. Außerdem drang eine klebrige Energie durch die Bruchstelle, die verriet, was aus den Körperlosen geworden war, deren Gegenwart vorhin einen Moment lang zu spüren gewesen war, bevor sie plötzlich verschwand. Sie hatten ihrem alten Herrn wieder einmal geholfen.
    Schwerfällig richtete Nikolai sich auf und betastete eine Stelle an seinem Kopf, an der sich das Haar bereits blutig verfärbte, dann blickte er auf die Bruchstelle im Turm und auf die Scherben. Zumindest dachte ich das, bis er sich nach dem Kleid streckte, das Mila zurückgelassen hatte. Ich kam ihm zuvor und griff nach dem roten Stoff, der jetzt dort, wo sich Nikolais Finger ihm genähert hatten, silbern schimmerte, und band ihn um meine Taille.
    »Das Kleid ist aus meiner Aura gewoben.« Nikolais Stimme war zwar brüchig, aber weiterhin von einem starken Willen beseelt.
    »Das mag sein, aber es gehört Mila. Du wirst keinen Nutzen mehr aus ihr ziehen.«
    Nikolai gab ein Schnauben von sich, dann richtete er sich auf und sprang in die Öffnung des Turms, wo ihn das Silber willkommen hieß. Ich zog das Katana und folgte ihm.
    ∞∞
    Ein helles Mädchenlachen erklang beim Eintritt in Nikolais Pforte, der Flugwind zog an mir vorbei, und eine unschuldige Begeisterung machte sich in mir breit, als der im Silber gefangene Traum mich umspann. Doch um mich herum herrschte kein Silber, sondern endloses Blau, das lediglich von einigen weißen Tupfen durchwirkt war. Wolken und ein weiter Himmel, so weit das Auge reichte.
    Ich fliege. Vollkommen frei von allen Zwängen, sämtlichen Regeln enthoben, fliege ich durch den weiten Himmel, sang unverkennbar Milas Stimme.
    Ich befand mich mitten in einem Traum von Mila, in dem sie flog und sämtliche Ängste und Sorgen hinter sich gelassen hatte. Zu gern wollte ich diesen Traum zu meiner Wirklichkeit werden lassen, aber das durfte ich nicht. Ich glitt durch die fest errichtete Pforte, die Nikolai mithilfe von Mila und den Körperlosen erbaut hatte. Mila würde niemals frei sein, solange sie Bestand hatte. Es kostete mich meine gesamte Konzentration, um den Traum wie einen Vorhang beiseitezuschieben, dann sah ich Nikolai. Schwankend, als habe er keinen festen Boden unter den Füßen, tastete er sich dem anderen Ende der Pforte entgegen. Schon bald würde er sie auf der Seite der Menschenwelt öffnen. Dann würde die Pforte nach den Träumen der Menschen greifen, diese festhalten und sich ausweiten, bis nichts mehr von ihnen übrigblieb.
    Um Nikolai zu folgen, musste ich einen Gang durchschreiten, einen Säulengang, den die Körperlosen bildeten, wie ich erschüttert feststellte. Offenbar hatten sie bereitwillig die Funktion eingenommen, die Nikolai eigentlich mir zugedacht hatte. Nun fungierten ihre Leiber, die nicht mehr als graue Tuscheschlieren waren, als Bindeglied, um den silbrigen Traumstaub mit dem blauen Himmel aus Milas Traum zu vereinen. Widerwillig setzte ich meinen ersten Schritt in den Gang, es war, als würde ich in zähem Sirup versinken. Schatten tanzten wirr umher, legten sich um mich und hielten mich fest. Du darfst hier nicht durch , flüsterte es von allen Seiten. Du kannst hier nicht durch .
    Wir werden sehen , hielt ich dagegen, obwohl jeder Schritt zu einer größeren Qual wurde.
    Zu meiner Erleichterung kam Nikolai nicht schneller voran als ich, und als er einen Blick über die Schulter warf, erkannte ich, warum: Er stand beim Durchqueren Höllenqualen aus.
    »Denkst du an das letzte Mal, als du in einer Pforte

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