Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse
stärker geworden, aber wir müssen den Vorgang beschleunigen. Und zwar drastisch. Mit Hyperantrieb.«
»Du denkst an die Quelle in deinem Inneren, zu der Asami dich geführt hat«, forschte Kastor nach. »Du willst diese Quelle benutzen, um Shirin zu helfen?«
Ich berührte das Katana, das ich neben mich gelegt hatte. »Wenn es mir gelingt, sie freizulegen …«
»… und sie zu beherrschen. Hast du diese Kunst mittlerweile gelernt?«, fragte Kastor.
Ich zuckte mir den Achseln.
»Das bedeutet also nein.« Kastors Ausdruck wurde hart. »Dann ist dein Plan zu gefährlich. Ich erinnere mich noch bestens an das letzte Mal, als deine freigesetzte Energie dich fast vernichtet hat, weil du keine Möglichkeit gefunden hast, ihr eine Form zu geben. Selbst wenn du dich heute vorsichtig an die Quelle herantastest, wäre das Risiko hoch, dass es dich zerreißt, so schwach, wie du bist.«
»Es zu probieren, birgt sicherlich ein Risiko. Abzuwarten aber auch. Shirin kann sich gegen die Klinge nicht länger zur Wehr setzen, dass brauche ich dir doch wohl nicht zu sagen. Wir werden sie verlieren. Willst du das?«
Shirin blickte uns aus fiebrigen Augen an, zu schwach, um sich an der Diskussion zu beteiligen, und auch Ranuken hielt sich weiterhin bedeckt. Dafür war er neben Mila getreten und tätschelte ihr den Rücken, wofür ich ihm ausgesprochen dankbar war, denn der Ring offenbarte mir ungeschönt, wie verstört sie war.
Endlich lenkte Kastor ein. »Ich werde dir helfen, aber nur unter einer Bedingung: Du lässt es langsam angehen, indem du die Quelle schichtweise freilegst. So viel Zeit muss sein, ansonsten wäre es das reinste Kamikazeunternehmen.«
Mila trat auf mich zu. Zögernd streckte sie die Hand nach mir aus, als wäre sie unsicher, ob sie mich berühren durfte.
»Und was ist mit mir? Wie kann ich helfen?«
Mit dieser Frage hatte ich gerechnet. Und ich ahnte, welche Wut mir gleich entgegenschlagen würde, wenn ich die Antwort darauf gab. »Ehrlich gesagt, würdest du mir am meisten helfen, indem du nach Hause gehst oder Lena besuchst.«
Mila richtete sich vor Empörung auf, bis sie fast auf den Zehenspitzen stand. »Wie bitte? Ich habe mich wohl verhört. Du willst mich wegschicken?«
»Nein, nicht wegschicken. Es ist nur …« Warum musste alles immer so verflucht schwierig sein? »Was ich vorhabe, ist eine anstrengende, aber vor allem langwierige Angelegenheit. Ich werde herumsitzen und in mich gehen. Für Außenstehende ist das reichlich dröge.«
»Mach dir um mich mal keine Sorgen«, erwiderte sie trotzig. »Ich werde schon nicht vor Langeweile umkommen.«
»Ach, komm schon, Mila.«
»Du willst mich loswerden, mich ausgrenzen. Wunderbar, dann mach deinen Krams doch allein!« In einem beeindruckenden Tempo raste sie aus dem Zimmer.
»Hoppla.« Ranuken sah ihr verwirrt hinterher. »Habe ich da irgendwas verpasst?«
Ich bedeutete ihm, den Schnabel zu halten, und sauste ihr hinterher. Tatsächlich gelang es mir erst, sie einzuholen, als sie bereits ihr Fahrrad erreicht hatte.
»Mila, ich will dich doch nicht loswerden! Es ist einfach eine schwierige Sache, bei der ich mir nicht sicher bin, ob sie klappt.«
Mila funkelte mich aufgebracht an, doch allmählich breitete sich Verstehen auf ihren Zügen aus. Was es allerdings nur bedingt besser machte. »Das ist es also: Ich soll nicht da sein, falls es schiefgeht. Ich soll mir deiner Meinung nach das Nachmittagsprogamm in der Glotze reinziehen, während du dir selbst Schaden zufügst.« Sie schüttelte fassungslos den Kopf. »Wenn das so ist, werde ich auf jeden Fall bleiben.«
»Dann kann ich Shirin leider nicht helfen. Sollte mein Plan nämlich nicht aufgehen, werde ich nicht nur mir Schaden zufügen, sondern vermutlich auch allen in meiner unmittelbaren Nähe. Mich der Quelle in mir zu nähern, ist gefährlich, du hast gehört, was Kastor gesagt hat. Ein solches Risiko würde ich niemals eingehen, solange du da bist.«
Mila schluckte. »Und damit rückst du erst raus, nachdem ich Druck gemacht habe. Freiwillig erzählst du mir die Wahrheit ja nicht. Das ist Mist.«
»Es ist Mist, dass ich nicht will, dass du dir unnötig Sorgen machst? Sehe ich nicht so.«
Wie zwei ausgemachte Sturköpfe standen wir voreinander. Dann schniefte Mila und eine Sekunde später brach mein Widerstand zusammen. Wenn ich so weitermachte, würde ich sie noch zum Weinen bringen, und das war das Letzte, das ich wollte.
»Bestimmt wird alles gut gehen, ist es bislang doch
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