Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse - Heitmann, T: Schattenschwingen - Zeit der Geheimnisse
immer«, versuchte ich die Lage zu entschärfen. »Und jetzt habe ich auch noch mein Katana, das die Energie leiten kann, bevor sie mich zerreißt. Dank dir.«
»Na, da fühl ich mich doch gleich viel besser, Samuel Bristol.« Immer noch verärgert, ließ Mila sich von mir in den Arm nehmen. »Und ich darf mich noch nicht einmal beschweren, weil es mein Wunsch gewesen ist, dass du deine Schattenschwingen-Existenz wieder aufnimmst und Shirin beistehst. Als Belohnung dafür soll ich jetzt nach Hause fahren und dort Däumchen drehen, während du dich selbst in die Luft sprengst. Kann ich dir denn wirklich nicht helfen, indem ich meine Gabe einsetze?«
»Ich befürchte, das ist eine Sache, die ich ganz allein tun muss. Kastor bleibt nur, um den Schaden notfalls einzudämmen.«
»Was bist du: ein explodierender Reaktor?«
Obwohl uns beiden nicht danach zumute war, lachten wir. Dann nutzte ich die Gelegenheit, Mila an mich zu ziehen. »Alles wird gut, vertrau mir«, flüsterte ich, bevor ich sie küsste. Es war ein Abschiedskuss, bei dem die Furcht mitschwang, einander nicht wiederzusehen. Deshalb schloss ich meine Arme um sie, als wollte ich sie festhalten, obwohl ich es war, der sie fortschickte. Ich hielt sie. Verzweifelt. Und genau so war mein Kuss, den sie leidenschaftlich erwiderte, als könnte nichts an mir, weder meine Entscheidungen noch meine Sorgen oder gar Wünsche, sie zurückschrecken lassen. Gegen meinen Willen gruben sich meine Finger tiefer in ihre warme Haut, bis ich ein leises Aufstöhnen vernahm, das sie in einen hingebungsvollen Seufzer zu verwandeln versuchte. Ich wich zurück, nur ein winziges Stück, mehr ließ Mila nicht zu.
»Egal was passiert«, sagte sie mit belegter Stimme, »es wird nichts daran ändern, dass wir zusammengehören.«
Sie versuchte sich an einem tapferen Lächeln, doch danach stand mir nicht der Sinn. Ihre Worte brannten sich mir ein, und als ich erneut ihre Lippen suchte, nahm ich in dem Kuss mehr Abschiedsschmerz wahr, als ich ertragen konnte. Es ist doch nur für ein paar Stunden, versicherte ich mir, während ihre Fingerspitzen die Linien meiner Schwingen abfuhren. Nur ein paar Stunden, dann sind wir wieder zusammen, so, wie wir immer zusammen sein werden.
Aber warum fühlte es sich dann an, als würde ich sie nie wieder halten?
15 Dreh dich nicht um
Mila
»Das ist ja geil! Zeig deine Hände noch mal her.«
Brav folgte ich Lenas Forderung, selbst ganz verblüfft über meinen Nagellack, der im Schwarzlicht knallorange aufleuchtete.
»Die absolute Partyattraktion. Hast du gewusst, dass der Lack dermaßen schwarzlichtgeeignet ist?«
»Überhaupt nicht, ich hatte keine Ahnung.« Ungläubig ließ ich meine Hände auf- und abtanzen, wobei ich die Finger bewegte.
Ranuken staunte mit offenem Mund. Sam hatte ihn mir am frühen Abend mit der Nachricht vorbeigeschickt, dass er noch lebe, aber auf der Stelle tot umfiele, wenn er justamente keinen Schlaf bekäme. Kraft zu sammeln, kostete offenbar ganz schön viel Kraft. Der Ring hatte mir das zwar schon verraten, trotzdem hatte ich mir von Ranuken haarklein erzählen lassen, was in der Sternwarte seit meiner Verbannung gelaufen war.
»Dein Lover saß da mit diesem Schwert, von dem alle hellauf begeistert sind, obwohl der unfähige Asami die Klinge krumm geschmiedet hat. Ich meine: ein krummes Schwert? Auf solche irren Ideen kommen wirklich nur Japaner. Hör auf, mich zu stupsen, Mila. Ich erzähl ja schon weiter. Jedenfalls ist es Sam gelungen, die Luft um sich herum zum Kochen zu bringen, während Kastor vor lauter Stress keinen Pieps von sich gegeben hat, egal wie oft ich ihm eine Frage gestellt habe. Muss zugeben, dass Sams Veranstaltung mich nervös gemacht hat. So was habe ich noch nie zuvor erlebt. Alles um ihn herum fing an zu flimmern, wie wenn an heißen Sommertagen der Horizont verschwimmt. Und hinter diesen flirrenden Schichten sah er irgendwie anders aus … überirdisch … wie ein Lichtwandler, nur dass sein Körper ja unleugbar vorhanden ist. Ich mein, Sam war ja schon immer ziemlich beeindruckend mit seiner starken Aura und seiner Heldentour, aber dieses Flirren war für meinen Geschmack einfach zu viel. Einer wie Asami hätte vor Begeisterung bestimmt Pipi in den Augen gehabt. Ich mein: Was ist so verkehrt daran, bloß eine Schattenschwinge zu sein? Wir haben tolle Sachen drauf wie Rumfliegen, Pfortendurchschreiten und so. Müssen wir uns wirklich auch noch in waschechte Himmelswesen mit Schwertern in der
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