Schattenseelen Roman
missdeutete er ihre Absichten. »Ich komme zurück, versprochen. Aber wenn du mitgehst und dir etwas passiert, würde ich es mir nie verzeihen.« Er küsste sie, noch bevor sie protestieren konnte. »Ich liebe dich.«
Mit diesen Worten verschwand er im Eingang, aus dem sie gekommen waren. Bald verschluckte die Finsternis auch den Klang seiner Schritte.
Noch bevor Evelyn ihre Gedanken zusammenfassen konnte, echote Linneas Stimme: »Ergreift sie!«
Evelyn fuhr herum. Die zwei Männer und die Frau stürmten auf sie zu. Auf dem Boden schoss ein Wiesel auf ihre Füße zu und versuchte, sie in die Wade zu beißen, über ihrem Kopf ertönte ein Flattern. Die Kampfamazone erwachte in ihr - so leicht würde sie es ihnen nicht machen. Sie trat das Wiesel zur Seite. Mit dem hoch erhobenen Khukuri wartete sie auf ihre Angreifer. Diese begannen, sie wie ein Rudel Wölfe zu umkreisen.
»Na, warum so schüchtern?«, spottete sie. Aus dem Augenwinkel bemerkte Evelyn, wie Verstärkung aus den anderen Durchgängen anrückte. Inzwischen waren es acht Metamorphe, gegen die sie bestehen musste. Mit so vielen würde sie nicht fertigwerden.
Das wusste auch Linnea. »Gib auf, meine Süße, du kannst nicht gewinnen.«
»Nein, aber wenn ich ein paar von euch zum Schöpfer mitnehme, bin ich auch zufrieden.«
»Dein Weg führt direkt in die Hölle«, knurrte ein Metamorph. »Du Leichenschlampe.«
»Aber Kinder«, mischte sich Linnea ein. »Niemand muss sterben. Nicht wahr, Lynn? Leg deine Waffe nieder und sei vernünftig.«
»Nein, Mami«, säuselte Evelyn. »Ich will lieber noch spielen.«
Die Biester hinter ihr griffen an. Sie duckte sich, wirbelte um ihre eigene Achse und durchschnitt mit dem Khukuri die Luft. Ihre Angreifer sprangen zurück, während diejenigen in ihrem Rücken sie zu packen versuchten. Wieder eine Drehung - diesmal streifte das Messer einen Mann am Arm. Die Blutstropfen, die auf den Steinboden fielen, ließen Evelyn aufjubeln.
Der Ring ihrer Gegner wurde enger. Sie musste sich wenden und ducken, stach und schnitt um sich und hielt die Feinde auf Abstand. Als ein Luchs auf sie zustürmte, sammelte Evelyn ihre Energie und sprang hoch. Wie ein Schachtelteufel schnellte ihr Körper
über die Köpfe der Angreifer hinweg, sie stieß sich mit den Beinen von einer Wand ab und landete hinter dem Ring der Metamorphe. Wow. Das überraschte nicht nur ihre Feinde, sondern auch sie selbst. Erst jetzt begriff sie, wie Adrián damals aus dem 8. Stock gesprungen war.
Ihre Gegner fielen über sie her. Kein Warten mehr, kein vorsichtiges Herantasten. Es wurde ernst. Evelyn funktionierte nur noch wie ein Automat, ihre Instinkte steuerten den Körper und brachten ihn dazu, Unglaubliches zu leisten. Aber jede Bewegung forderte Energie, jeder Kraftschub senkte ihre Stärke. Lange würde sie nicht mehr durchhalten.
Ihr Messer wurde blutig, viele der Biester trugen tiefe Schnitte, aber keiner gab auf. Die Metamorphe kämpften, als spürten sie keinen Schmerz. Evelyn fragte sich, warum keiner von ihnen zu Waffen griff. Als sollte sie mit bloßen Händen gefangen werden … Das bescherte ihr einen Vorteil.
Sie gab sich dem Kampf hin. Als sie einem Mann gegenüberstand und ihr Khukuri an seinen Hals führte, las sie Angst und Flehen in seinen Augen. Aber auch das konnte sie nicht mehr aufhalten. Die Klinge grub sich in seine Kehle. Ein Blutstrom schoss Evelyn entgegen und lief ihr einer warmen Flut gleich über das Gesicht. Der Mann sackte zu Boden. Sie wandte sich dem Nächsten zu, als von oben ein Netz über sie fiel und sie zu Fall brachte. Evelyn setzte ihr Messer an die Stricke an, durchtrennte einige zu einem Loch, da
biss ihr das Wiesel in die Hand. Das Khukuri fiel klirrend auf den Boden.
Noch zappelte Evelyn hin und her, begriff aber sofort, dass der Kampf vorbei war. Sie wurde gefangen genommen. Das Netz schnürte ihre Glieder ein, und Evelyn wurde aus der Halle geschleift. Die harten Steine des Ganges schürften ihre Haut auf und hinterließen blaue Flecken.
Die Metamorphe brachten sie in einen Saal mit einem Käfig. Wie ein wildes Tier warfen sie Evelyn in die Zelle und sperrten die Tür zu. Obwohl ihr der ganze Körper wehtat, kam sie schwankend auf die Knie und rüttelte an den Gitterstäben. Sich ganz aufzurichten, erlaubten ihr die Maße des Käfigs nicht.
»Lasst mich sofort hier raus, hört ihr?«, brüllte sie.
Im Gang erschien Linnea. »Du bist eine gute Kämpferin, das muss man dir lassen.«
»Was willst du
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