Schattenspäher
gegangen und rappelte sich gerade wieder auf.
Silberdun erwog, ihn anzusprechen, um ihren Mann-gegen-Mann-Kampf wieder aufzunehmen, wie es Sitte und Anstand geboten.
»Zur Hölle damit«, murmelte er und rammte Hy Pezho kurzerhand das Messer in den Rücken. Der Schwarzkünstler stürzte zu Boden, zuckte auf dem eisernen Untergrund hin und her, während seine Haut verbrannte.
»Gut gemacht«, sagte Silberdun. »Doch was nun?«
Nie im Leben hatte sich Sela so hilflos gefühlt. Sie und Eisenfuß schwebten auf der Silberscheibe ein gutes Stück über dem Boden. Ein hatte sich erhoben und stampfte mit dem Fuß auf, heulte vor Wut. Am anderen Ende der Kammer krümmte sich Faella auf dem Boden und versuchte, sich aufzurappeln, doch das Eisen verbrannte sie am ganzen Körper und raubte ihr die Fähigkeit, re zu benutzen.
»Was sollen wir bloß tun, Eisenfuß?«, schluchzte sie.
»Ich weiß nicht«, sagte er.
Da sah sie aus den Augenwinkeln ein Glitzern. Eine riesige Motte flog taumelnd auf sie zu. Hy Pezho?
Nein, nicht Hy Pezho. Silberdun.
Sie konnte nicht anders, als gleichzeitig zu lachen und zu weinen.
»Fantastische kleine Erfindung!«, rief Silberdun ihnen zu. »Wenn ich bloß eine Ahnung hätte, wie man das Ding fliegt ...«
Er schwebte auf sie zu, kam dabei fast auf dem Boden auf, korrigierte irgendwie seinen Fehler und trudelte heran wie eine bleierne Ente. Der Mittelteil seiner Rüstung traf die schwebende Plattform ein bisschen zu hart, er prallte zurück, flatterte wieder auf Sela und Eisenfuß zu und schaffte es schließlich, sich am Rand der Scheibe festzuhalten.
»Wo ist Faella?«
Sela deutete in die betreffende Richtung.
»Dann mal los!« Silberdun kniff vor Konzentration die Augen zusammen, und die Flügel flatterten wie wild auf und ab. Dann schob er die Plattform mit Sela und Eisenfuß darauf in Richtung der Stelle, an der Faella lag.
Ein stampfte wieder auf, die Erschütterung hatte die Lautstärke und Kraft von tausend Zauberbomben. Der sprichwörtliche Zorn von Ein war ein gar fürchterlicher Anblick.
»Offenbar hat sich Hy Pezho einen Feind gemacht«, bemerkte Silberdun.
Als sie Faella erreichten, ließ Silberdun die schwebende Scheibe los und sank zu ihr herab. Sorgsam nahm er sie auf seinen Arm und erhob sich wieder in die Lüfte. Dann legte er ihren reglosen Körper vorsichtig auf die silberne Plattform.
»Faella, Liebling«, sagte er, während er in seiner fliegenden Rüstung neben ihnen flatterte. »Wach auf. Du musst uns hier rausholen, verdammt noch mal.«
Sie öffnete die Augen, erschöpft, doch bei vollem Bewusstsein. »Silberdun, mein Geliebter«, flüsterte sie. »Du hast mich geholt. Hast mich nicht zurückgelassen.«
Zärtlich sah Silberdun Faella an. »Niemals wieder, meine Geliebte«, sagte er. »Niemals wieder.«
Selas Gefühle wurden in ihrem Innern zu einem unkenntlichen Ding zusammengepresst, das in ihr wühlte wie ein Messer mit tausend Klingen.
»Ein«, sagte Faella. »Er ist frei.«
»Wir müssen gehen«, sagte Silberdun.
»O nein«, rief Eisenfuß aus. »Seht nur.«
Ein war fertig mit Hy Pezho und betrachtete nun seine gefesselten Geschwister.
»Althoin!«, weinte er. »Der Weise! Ich erbitte deinen Rat!«
Ein trat auf Althoins Sockel zu, der gleich neben seinem stand. Er packte die Eisenketten seines Bruders und zog daran. Sie knirschten, doch sie brachen nicht.
»Althoin«, kreischte Ein wieder. Die Kettenglieder begannen nachzugeben.
»Bring uns hier raus!«, rief Silberdun.
»Ja«, sagte Faella. »Mal überlegen, wie ich die Raumfaltung umkehren kann. Einen Moment noch ...«
Sela sah hinüber zu Ein, spürte seinen Schmerz. Er war allein, hatte eine unendlich lange Zeit in Ketten gelegen, ein Vogel mit gestutzten Flügeln.
»Also gut«, sagte Faella. »Wir schaffen das, oder?«
»Und schön der Reihe nach«, sagte Silberdun.
Die Luft um sie herum begann zu flimmern.
Sela beugte sich über den Rand der schwebenden Scheibe und küsste Silberdun sanft auf die Lippen. »Auf Wiedersehen«, sagte sie.
Dann sprang sie.
»Sela!«, schrie Silberdun. Doch seine Stimme verebbte im Nirgendwo. Silberdun, Faella und Eisenfuß verschwanden in der Raumfalte.
Sela lag auf dem Boden. Der Schmerz des Sturzes vermischte sich mit dem brennenden Eisen auf ihrer Haut. Sie stand auf, stolperte auf einen Flecken Kobalt zu, einen der letzten hier in der Halle.
»Ein!«, rief sie.
Ein zerrte weiter an den Fesseln seines Bruders.
»Ein!«, rief sie wieder. »Schau
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