Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenspäher

Schattenspäher

Titel: Schattenspäher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Sturges
Vom Netzwerk:
Gaben anwandten, nutzten diese lediglich in ihrer Sonderform. In der Tiefe, die alle Gaben hervorbrachte, hatten solche Gleichungen keine Gültigkeit. Die Tiefe war der Ursprung aller Gleichungen und wurde mithin auch nicht durch sie gebunden.
    Er und Faella erkannten dies im selben Moment. Kobalt und Eisen waren einfach nur Variationen ein und desselben Themas - wie auch die Gaben. So lange schon hatten die Thaumaturgen an die Gaben geglaubt, dass sie zur Realität geworden waren, ganz so wie die Chthoniker ihre Götter Realität hatten werden lassen. Allein der feste Glaube daran hatte dies bewirkt.
    Glaube an das Eisen, sagte Eisenfuß zu Faella. Etwas griff hinaus aus Faella, eine farblose Farbe jenseits allen Sehens, und es wand und drehte sich.

41. KAPITEL
    Die Wahrheit ist schärfer als jede Klinge.
    - Fae-Sprichwort
    Sela sah, wie Faella und Eisenfuß sich mental austauschten, von der Geschwindigkeit ihrer hin und her strömenden Gedanken überrascht. Sela verstand fast nichts davon. Das war ihr alles zu hoch. Farbe ohne Farbe? Glaube an Eisen? Das ergab doch keinen Sinn.
    Sie wandte sich um, sah Silberdun und Hy Pezho am Boden miteinander kämpfen. Hy Pezho kniete über Silberdun und versuchte gerade, ihm das Messer zu entreißen.
    »Silberdun!«, rief sie. Oh, wie sehr sie ihn liebte. Trotz allem, was gerade um sie herum geschah, galt ihre einzige Sorge ihm allein. Sie wusste, er konnte sie niemals zurücklieben. Es tat weh, und doch änderte es nichts an ihren Gefühlen für ihn.
    Nach allem, was Lord Tanen ihr angetan und was sie in ihrer Zeit als Schatten erlebt hatte, fragte sie sich, ob sie jemals wieder ein Ganzes werden konnte. Damals, im Arami-Zelt, hatte ihr Lin Vo unter vier Augen gesagt, dass sie wie ein Vogel sei, der sein ganzes Leben mit gestutzten Flügeln zugebracht hätte. Und dass sie dazu imstande wäre, höher und weiter zu fliegen als alle anderen Vögel. Und dass sie die Fähigkeit besaß, so tief in die Herzen zu schauen, dass sie weit höher hätte aufsteigen können, hätte Lord Tanen sie nur gefördert und nicht unterworfen.
    Sela wusste nicht, was Lin Vo mit »aufsteigen« gemeint hatte, doch es hatte Kindheitserinnerungen in ihr geweckt. Erinnerungen an das Gefühl, ein Ganzes zu sein, Erinnerungen an das Wissen um Dinge, die sie nun verwirrten. Es war nicht unähnlich dem, worüber Eisenfuß und Faella sich gerade austauschten. Durch die Dinge hindurchsehen. Hinter die Dinge sehen. Als Kind hatte sie gewusst, was Glückseligkeit war.
    Und dann war Lord Tanen gekommen und hatte ihr diese Glückseligkeit geraubt und sie in ein Monster verwandelt. Das Wort »aufsteigen« erinnerte sie auch an das Ding in ihr, das sie Lord Tanen und den Vetteln gezeigt hatte, wie auch dem Doktor in Lord Everess' Haus und dem Bel Zheret in Elenth.
    Sie hatte Lin Vo gefragt, ob sie je wieder ein Ganzes werden könne.
    »Nein«, hatte Lin Vo traurig erwidert. »Nicht in diesem Leben. Du wirst nie wieder Glückseligkeit erlangen. Doch du magst einen Weg finden zu leben.«
    Sie hörte Silberdun ächzen und Hy Pezho fluchen. Sie wandte sich erneut um, konnte die beiden aber nicht mehr entdecken.
    Eisenfuß und Faella hatten eine Art inneres Einvernehmen erreicht. Etwas floss aus Faella heraus, etwas, das Sela weder sehen noch verstehen konnte, und alles begann sich zu verändern. Schmerz schoss aus dem Boden unter ihr empor, ein heißer Wind aus re erhob sich vor ihr.
    Vor Schreck verlor sie die Verbindung zu Eisenfuß und Faella, aber es war ohnehin nicht mehr wichtig. Faella hatte bereits alles, was sie brauchte, stand da in einer Mischung aus Verzückung und Konzentration. Alles um sie herum wurde schwarz, wurde zu Eisen. Auch der Boden
    Dummerweise schienen Faella und Eisenfuß vergessen zu haben, dass sie noch immer auf ihm standen.
    Ein gewaltiges Krachen wurde laut, es folgten eine Reihe kleinerer Erschütterungen, die in der gigantischen Kammer widerhallten. Sela schwankte und stürzte, scheuerte sich die Handflächen an dem neuen Eisenboden auf. Ein Brocken Kobalt landete in ihrer Nähe, und sie sprang darauf. Eisenfuß tat es ihr gleich.
    »Faella!«, brüllte er. »Vergiss jetzt deine Freunde nicht!«
    »Entschuldigung!«, rief Faella. Sie vollführte einige Handbewegungen in ihre Richtung. Eine Scheibe reinsten Silbers floss aus ihren Handflächen, schob sich schützend unter die Füße der beiden und erhob sich mitsamt ihren Passagieren sodann ein gutes Stück in die Luft. Der Schmerz hörte

Weitere Kostenlose Bücher