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Schattenspäher

Schattenspäher

Titel: Schattenspäher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Sturges
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bereits seinen Weg in Silberduns Geist gefunden. Er war noch immer wach - immerhin etwas -, aber seine Sinne waren benebelt. Der Raum um ihn herum schien zu atmen, die Wände zu erzittern.
    War Ilian wirklich ein Verräter? Hatte er ihm das angetan? Andererseits hatte Jedron aus der gleichen Schnapsflasche getrunken. Allerdings war es möglich, dass er ebenfalls über die Gabe der Elemente verfügte. Silberdun wollte sich nur noch hinlegen und schlafen. Sein Bett, oder was davon übrig war, erschien ihm plötzlich als der schönste Platz in den ganzen Faelanden.
    Doch er würde sich diese Freude entsagen müssen. Jedrons Demonstration auf der Treibholz hatte Silberdun stärker beeindruckt als gedacht. Wenn Ilian den Schnaps tatsächlich mit Iglithbi versetzt hatte und Jedron nicht über die Gabe der Elemente verfügte, dann starb der Meister in diesem Moment womöglich in seinem Bett. Und Ilian hätte sein schändliches Ziel erreicht, was immer es auch war.
    Andererseits lockte das Bett ...
    In diesem Augenblick hörte Silberdun einen Schrei von draußen. Zumindest glaubte er das. Zeit und Raum schienen mittlerweile ein unkontrolliertes Eigenleben zu führen. Er stolperte zum Fenster und sah hinaus in die Nacht. Alles war verschwommen. Unten am Boden waren flackernde Lichter zu erkennen. Fackeln. Glühwürmchen. Hexenlichter. Glühende Kohlestücke.
    Er rannte zur Tür, verfehlte sie und knallte ungebremst gegen die Wand. Er korrigierte seine Richtung und stand schließlich in dem Gang vor seinem Zimmer. Wenige Minuten später hatte er das Haupttor erreicht und starrte in die wolkenverhangene Nacht. Er war sich nicht sicher, wie er es ins Erdgeschoss der Burg geschafft hatte. Er wusste, er hatte es irgendwie vollbracht, konnte sich aber nicht mehr daran erinnern.
    Da ertönte abermals ein Schrei. Silberdun taumelte in die Dunkelheit hinein. Hinaus auf den Vorplatz. Den Pfad hinab zu den Klippen. Stufen, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Er nahm sie und stieg hinab zum Wasser. Am Fuß der Treppe befand sich ein großer steinerner Absatz, ein Kreis aus Fackeln, eine Grube. Feuer. Ein gefesselter Mann auf einem Tisch. Er schrie. Er sah Silberdun an. Ein Fremder. Seine von Furcht erfüllten Züge brannten sich in Silberduns Gedächtnis ein. Außerhalb des Feuerrings ein weiteres Gesicht. Ilian. Ein ziemlich verärgerter Ilian. Ein Wort der Bindung. Stille. Schwärze.
    Als Silberdun wieder erwachte, lag er mit dem Gesicht nach unten auf den kalten, taunassen Stufen. Es dämmerte bereits, und es war frisch. Er versuchte den Kopf zu heben, und ein dumpfer Schmerz ging durch seinen Körper. Unten auf der steinernen Lichtung holte Ilian gerade ein geschwärztes Bündel aus der Grube. Verkohlte Äste? Nein.
    Knochen.
    Silberdun wollte Ilian etwas zurufen, doch seine Zunge fühlte sich irgendwie geschwollen an. Er bekam keinen Ton heraus, doch Ilian sah ihn trotzdem.
    Er legte das Bündel aus Ästen (Knochen) vorsichtig auf dem Boden ab. Dann kam er langsam auf Silberdun zu.
    »In Euren Unterlagen stand nichts darüber, dass Ihr etwas von Alchemie versteht«, sagte Ilian. »Das macht die Dinge ein bisschen komplizierter, fürchte ich.«
    Silberdun beschwörte re, kanalisierte es mittels seiner Gabe der Elemente, doch das funktionierte nicht. Die dazu erforderliche Konzentration überstieg sein Fassungsvermögen. Ilian hob den Fuß, trat mit seinem Stiefel zu. Silberduns Kopf knallte gegen die steinernen Stufen, und er verlor erneut das Bewusstsein.
    Das Frühjahr hat eben erst begonnen, und schon steckt Perrin bis zu den Ohren in Schulaufgaben. Er war in den Fächern Elemente und Blendwerk geprüft worden und hatte beide Examen mit Leichtigkeit bestanden. Wie wütend Vater wohl wäre, wenn er beschloss, Blendwerk an der Universität zu studieren! Doch bis dahin waren es noch zwei Jahre, und es erschien ihm wie eine Ewigkeit.
    Perrin schlendert durch den alten Schulgarten, der zwischen der Bibliothek und dem hinteren Schlafsaal lag, und stellt sich das Leben als berühmter Blendwerker vor. Er würde in einer einfachen Stadthütte leben, Zigaretten rauchen und tagsüber in einem Blendwerkatelier arbeiten. Des Abends würde er dann Wein trinken und mit gefährlichen Frauen schlafen. Er würde seine adlige Herkunft verschweigen wie einst Rimaire und erst auf dem Sterbebett verraten, dass er ein Lord ist.
    Perrin setzt sich auf eine Steinbank und schaut sich um. Der Garten ist verwaist. Er hat vom Schulkoch Zigaretten gekauft und

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