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Schattenspiel

Schattenspiel

Titel: Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Abend seine langjährige Lebensgefährtin verloren. Carol war ausgezogen, mit all ihren Kleidern, Schuhen, ihrem Schmuck, und sie hatte nur die große gerahmte Fotografie zurückgelassen, die sie Leonard zu seinem letzten Geburtstag geschenkt hatte, und die eine sehr schöne Carol im grünen Abendkleid zeigte. »Du kannst es behalten. Als Erinnerung an die Frau, die ich nie gewesen bin. Jahrelang war ich, wie du mich wolltest, aber nun reicht es mir. Du bist unerträglich vulgär, und nicht einmal besonders klug. Und inzwischen zu fett, um noch gut auszusehen!«
    Sie hatte die Türen hinter sich zugeworfen und einen Koffer nach dem anderen hinunter auf die Straße getragen, wo das Taxi wartete. Leonard war überhaupt nicht dazu gekommen, etwas zu erwidern. Er kam sich wenig intelligent vor, wie er dastand und der tobenden Carol nachsah. Als die Wohnungstür zum letzten Mal ins Schloß fiel, erwachte er aus seiner Betäubung und trat an die Bar, um sich erst einmal einen Wodka einzuschenken. Nachdem er ihn getrunken hatte, betrachtete er sich in dem Spiegel, der den Hintergrund der Bar bestimmte: ein großer, schwammiger, reichlich verlebter Mann von fünfundfünfzig
Jahren, der ein Faible hatte für schnelle Sportwagen, Seidenhemden und schöne Frauen. Man nannte ihn einen Immobilienhai; man nannte ihn überdies gewissenlos, aber das störte ihn nicht weiter, solange sich nur das Geld auf seinen Konten häufte. Nach dem zweiten Wodka überlegte er, was er mit dem Abend anfangen sollte. Er hatte den Fernseher laufen, aber er fand in keinem Programm einen Film, der ihn interessierte. Schließlich legte er eine Schallplatte auf, aber die Musik konnte ihn auch nicht ablenken. Offenbar ging ihm die Trennung von Carol doch näher, als er anfangs gedacht hatte. Vier Jahre...und sie war eine schöne Frau, weiß Gott! Auf der anderen Seite gab es eine Menge schöner Frauen in London. Kurz entschlossen griff er nach seinem Mantel und verließ die Wohnung.
    Bars waren Leonard Barrys zweite Heimat; von den besseren gab es in London keine, die er nicht gekannt hätte. Nach einigem Überlegen beschloß er, ins »Paradise lost« zu gehen, ein heruntergekommener Schuppen im Osten, der aber augenblicklich groß in Mode war – und der Polizei ein Dorn im Auge, nachdem bei einer Razzia fünfhundert Gramm Heroin sichergestellt worden waren. Leonard hatte einen Hang zur schrägen Gesellschaft. Es war kurz nach 23 Uhr, als er das »Paradise lost« betrat.
    Er trank zwei Wodka Martini, dann ließ er seinen Blick schweifen. Zwei blonde Mädchen in engen Lederröcken lehnten auf der anderen Seite der Bar und lächelten ihm auffordernd zu. Er hob gelangweilt die Augenbrauen und wandte sich ab. Er mochte es nicht, wenn sich Frauen allzu unverhohlen anboten.
    Eine hübsche Brünette da drüben, aber sie redete bereits mit einem anderen Mann, zu intensiv, als daß man sie hätte ablenken können. Die Schwarze da hinten... guter Gott, Beine so hoch wie der Himmel, aber er mochte keine farbigen Frauen.
    Recht niedlich, die Rothaarige da drüben. Aber warum, du lieber Gott, sah sie so ängstlich aus? Sicher ein hochkompliziertes Wesen, dachte Leonard, das dauernd über die Enttäuschungen mit Männern reden will. Und wenn man, statt ihr zuzuhören, lieber mit ihr ins Bett will, kriegt sie einen hysterischen Anfall und behauptet, man sei ein Sexist.

    Er bestellte einen dritten Wodka Martini. Die Rothaarige, die übrigens ein sehr schickes und teures Kleid trug, wie sein geübter Blick sofort erkannte, hatte einen Begleiter bei sich, einen dunkelhaarigen jungen Mann, der ihr keinen Blick schenkte. Ihr Freund ist das nicht, dachte Leonard, und wenn doch, kann einem das arme Mäuschen leid tun. Sieht so aus, als habe er ihre Anwesenheit längst vergessen.
    Langsam begann alles vor seinen Augen ein wenig zu verschwimmen. Verdammte Carol, dachte er erschöpft, warum zum Teufel, ist sie gegangen. Traurigkeit und Selbstmitleid überfielen ihn, und ihm war klar, daß er nicht ohne eine Frau nach Hause gehen konnte. Die Vorstellung, allein in die dunkle, leere Wohnung zu kommen, entsetzte ihn. Er brauchte einen Menschen... eine Frau. Er hatte gerade Lilian entdeckt, eine blonde Stewardeß von British Airways, mit der er früher manchmal durch Monte Carlo gezogen war, aber ehe er sich durch die Menge zu ihr hatte durchdrängen können, ertönte von der Treppe her ein Schrei: »Polizei! Vorsicht, Polizei!«
    Im Nu herrschte das vollkommene Chaos. Die Musik

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