Schattenspur
kennt. Mein Versuch, ihr dessen Namen oder überhaupt eine Information dazu unter vier Augen zu entlocken, ist leider fehlgeschlagen.“ Er räusperte sich. „Bei dieser Gelege n heit kam es, ah, zu einem Kuss zwischen ihr und mir.“
Stille. Für zwei Sekunden.
„Was zum Teufel haben Sie sich dabei gedacht, Agent Scott? Haben Sie überhaupt gedacht, oder waren Sie zu sehr von Ihrem Testosteronschub a b gelenkt? Ist Ihnen eigentlich klar …“
Wayne ließ das Donnerwetter schweigend über sich ergehen und wartete, bis O’Hara sich verbal ausgetobt hatte. Das dauerte geschlagene drei Min u ten.
„Ich verlange eine Erklärung.“ Das klang so eisig, dass er für einen M o ment körperlich fröstelte. „Und ich hoffe in Ihrem Interesse, Sie habe n eine, die halbwegs glaubhaft ist.“
Wayne straffte sich. „Falls Sie damit andeuten wollen, Ma’am, dass ich ve r suchen wollte, mich herauszureden, so sollten Sie mich besser kennen. Dass ich Ms. Renard allein aufgesucht habe, hatten Agent Halifax und ich so abg e sprochen, weil wir den Eindruck hatten, dass sie sich bei unserer ersten B e gegnung von der dreifachen Staatsgewalt erschlagen fühlte.“
„Das bestätige ich, Ma’am“, warf Travis ein. „Ms. Renard hat auf Wayne am offensten und am wenigsten zurückhaltend reagiert, weshalb wir zu dem Schluss gekommen sind, dass er die besten Chancen hätte, wenn er sie allein aufsucht.“
„Deshalb bin ich in zivil zu ihr gegangen und habe den Privatmann herau s gekehrt.“
„Das macht die Sache keinen Deut akzeptabler, Agent Scott. Im Gege n teil.“ O’Hara war nicht bereit, ihn so schnell vom Kanthaken zu lassen. „We i ter.“
„Ich kann Ms. Renards Gedanken nicht lesen, Ma’am. Professor Sullivan hat uns während unserer Spezialausbildung immer wieder erklärt, dass sich unsere Fähigkeiten leichter oder manchmal überhaupt nur anwenden lassen, wenn wir die Dinge oder Personen, bei denen wir sie gebrauchen, körperlich berühren. Ich dachte, wenn ich körperlichen Kontakt mit Ms. Renard herste l le, wäre es mir möglich, ihre Gedanken zu lesen. Deshalb habe ich sie am Arm berührt. Mehr nicht. Leider brachte das nicht das gewünschte Ergebnis, weshalb ich den Kontakt wieder abgebrochen habe. Dass sie sich mir buc h stäblich an den Hals wirft und mich küsst, konnte ich mangels funktioniere n der Telepathie nicht voraussehen. Ich habe das aber sofort unterbunden und ihre Wohnung verlassen.“
Dass dieses ‚sofort‘ ganze fünfzehn Sekunden gedauert hatte – überaus a n genehme fünfzehn Sekunden –, behielt er wohlweislich für sich.
O’Hara grollte. Es klang frappierend wie das Knurren eines wütenden Wolfs. „Für den Fall, dass Ms. Renard eine Beschwerde gegen Sie einreicht, deren Folgen Ihnen klar sein dürften, hoffe ich, Sie hatten wenigstens Spaß bei der Sache.“
Das war die pure Ironie. Dennoch antwortete Wayne: „Ja, Ma’am.“
„Sehr witzig, Agent Scott. Wirklich umwerfend witzig.“ O’Hara klang alles andere als amüsiert. „Ich hoffe, Sie bewahren sich auch noch Ihren Humor, wenn Sie vor dem Disziplinarausschuss stehen.“
„Ma’am, wenn ich Nein gesagt hätte, hätten Sie mir nicht geglaubt, und es wäre außerdem eine Lüge gewesen. Also ja, Ma’am, es war schön, und ich habe es genossen, auch wenn ich mich meiner dadurch demonstrierten Schwäche schäme.“
O’Hara gab einen Laut von sich, der ihnen zeigte, dass die Chefin zwar immer noch verärgert war, aber anerkannte, dass Wayne sich nicht herausz u reden versuchte. „Nun gut, Agent Scott. In Anbetracht der Umstände akze p tiere ich Ihre Entschuldigung. Ich setze voraus, dass Ihnen so eine Entgle i sung nicht noch mal passiert.“
„Bestimmt nicht, Ma’am.“ Zumindest war er fest entschlossen, es nicht noch einmal so weit kommen zu lassen.
„Unsere Leute haben inzwischen Ihren Täter identifiziert, Agents.“ O’Haras neutraler Ton signalisierte, dass das Donnerwetter endgültig vorüber war. „Wir haben Ihre Zeichnung, Agent Halifax, durch die Gesichtserke n nung laufen lassen und damit die Überwachungssysteme von Savannah g e checkt. Er ist mit dem Flugzeug aus Miami gekommen. Sein Name – der echt zu sein scheint – ist Louis Durant, haitianischer Staatsbürger, von Beruf A n walt, wohnhaft in Carrefour, Haiti. Mr. Durant steht in Verdacht, in Miami einen Privatermittler namens Willard Drake ermordet zu haben.“
Wayne und Travis sahen einander überrascht an. „Rühriges
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