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Schattenspur

Schattenspur

Titel: Schattenspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
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Ausnahme, dass es ein Wunder darstellte. Und für andere Bla s phemie. Doch Ogou selbst hatte Kia unmittelbar nach ihrer Geburt erwählt. Ihre Mutter und ihre Großmutter hatten sie bei einem Gewitter mit heftigem Regen ins Freie gebracht, um sie unter den Schutz von Exeman, dem Gott des Regens, zu stellen, bevor ihr Vater sie den Petro weihen konnte. Sie ha t ten Kia in eine Mulde gelegt, die halb vom Regenwasser gefüllt war. Aber bevor sie mit dem Ritual beginnen konnten, war ein Blitz niedergefahren und unmittelbar neben Kia eingeschlagen. Die beiden Frauen hatten befürchtet, dass er Kia töten würde. Stattdessen war sie unversehrt geblieben. Das Wa s ser aus der Mulde war verschwunden, die Erde darum herum verbrannt und rauchte. Auf dem Rücken, wo ihre Haut die Erde berührt hatte, zog sich ein Brandmal, das wie eine züngelnde Flamme aussah.
    Kia hätte nach den Gesetzen der Physik diesen Blitz nicht überleben dü r fen. Dass das trotzdem der Fall war, war ein unwiderlegbares Zeichen, dass Ogou sie für sich beanspruchte. Deshalb hatte man sie ihm geweiht und in den Riten unterwiesen, die ihm gebührten. Kia fand das nicht das Schlechte s te, denn Ogou verlieh ihr Kraft und in mehr als einer Hinsicht Feuer; an dem sich schon so mancher Mann verbrannt hatte. Ogous Feuer war die Quelle, aus der sie die Kraft schöpfte, um Louis die Macht zu rauben und ihn ein für alle Mal in seine Schranken zu weisen.
    Sie löste sich von Tante Lavender und wischte sich mit dem Handrücken die Tränen ab.
    „Ist mit Alma was passiert, Kindchen?“
    Sie nickte. „Sie lebt noch. Aber ein Bokor hat ihre Seele gestohlen.“
    Lavender sog tief die Luft ein und stieß sie brummend wieder aus, was dem Knurren eines Wolfs ungemein ähnlich klang. Sie steckte die Pfeife in den Mund, sog daran und paffte eine Weile vor sich hin, während sie im Rhyt h mus des Schaukelstuhls mit dem Kopf wackelte. „Übel“, lautete ihr Urteil. „Wie kann ich dir helfen, Kindchen?“
    Kia hatte seit ihrer ersten Begegnung mit Tante Lavender geahnt, dass die nicht nur eine einfache Gläubige war, sondern sehr viel mehr über die G e heimnisse des Voodoo wusste, als sie zugab. Ihre Intuition, dass Lavender die richtige Person war, zu der sie gehen sollte, hatte sich als richtig erwiesen. „Das FBI ist hinter dem Bokor her. Sie denken, dass ich ihn kenne, und sind deshalb auch hinter mir her.“ Dass sie den besagten Bokor tatsächlich kannte, musste sie Lavender nicht auf die Nase binden. „Ich kann ihn aufhalten. Aber nur, wenn ich ihm seine Macht nehme.“
    Wieder brummte Lavender wölfisch. „Was brauchst du?“
    „Außer ein paar Stunden, in denen ich ungestört meine Vorbereitungen treffen kann?“ Sie blickte Lavender fragend an, die nickte. „Drachenblut, Majoran, ein Stück Eisen – einen Nagel zum Beispiel –, weiße Kerzen, weißes und dunkelblaues Garn …“ Kia fuhr fort aufzuzählen, was sie brauchte und war froh, dass Lavender zu jedem genannten Objekt nickte. „Ich würde no r malerweise alles aus Großmutters Laden holen“, fügte sie ihrer Aufzählung hinzu, „aber dort wartet garantiert das FBI auf mich.“
    „Kein Problem, Kindchen. Komm.“ Sie machte eine Kopfbewegung zum Hausinneren hin und stand auf. Für eine über Neunzigjährige hielt sie sich erstaunlich aufrecht und bewegte sich so dynamisch wie eine viel jüngere Frau.
    Kia folgte ihr hinein. Drinnen war es angenehm kühl. Lavender legte ihre inzwischen ausgegangene Pfeife zur Seite und suchte die Dinge zusammen, die Kia ihr genannt hatte. Sie legte sie auf den Tisch in der Küche und führte Kia anschließend in einen Raum, der früher wohl als Gästezimmer gedient hatte. Aber seit Lavender ihre gesamte Familie überlebt hatte, kam niemand mehr, um hier zu übernachten.
    „Wenn du noch was brauchst, sag Bescheid.“ Lavender nickte ihr zu und ließ sie allein, noch ehe Kia sich bedanken konnte.
    Sie legte den Schlangenschädel zu den übrigen Dingen. Jetzt fehlte ihr nur noch ein Stab, auf dem sie ihn befestigen konnte. Sie ging nach draußen. Das Haus war von Bäumen und Sträuchern umgeben. In einem Verschlag hinter dem Haus fand sie Äste und Bruchholz für den Kamin. Darunter war ein armlanger, relativ gerader Ast, der stabil genug war für ihre Zwecke. Kia b e freite ihn als Erstes mit dem Klappmesser, das sie immer bei sich trug, von der Rinde und schabte ihn glatt. Anschließend zog sie sich ins Gästezimmer zurück.
    Sie vermischte das pulverisierte

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