Schattenspur
und sprang aus dem Verschlag.
„Bundesagenten! Hände hoch und keine Bewegung!“
Ein halblauter, erschreckter Schrei antwortete ihm. Ihm wäre beinahe ebe n falls ein überraschter Ausruf entschlüpft.
Vor ihm stand Joy.
Und sie hielt einen Stock in der Hand, an dessen Ende ein Tierschädel a n gebracht war.
*
Travis hatte sich, als er Waynes Ausruf hörte, hinter dem Sessel erhoben, um seinen Freund zu unterstützen. Dann hörte er dessen Ausruf „Bleiben Sie stehen, Ms. Renard!“ und wusste, dass sein Eingreifen nicht unbedingt erfo r derlich war. Mit Joy wurde Wayne allein fertig. Davon abgesehen war Durant die eigentliche Zielperson. Joys Auftauchen warf ein ganz neues Licht auf die Sache. Vielmehr bestätigte es die Hypothese, dass sie mit ihm unter einer Decke steckte; andernfalls wäre sie wohl kaum hier. Das aber konnte bede u ten, dass Durant auch hier war. Travis beschloss, in seiner Deckung zu ble i ben. Er hockte sich wieder hinter den Sessel.
Er hörte, wie Wayne im Flur mit Joy rang. Aber er hörte unter dem Kamp f lärm noch etwas anderes. Ein huschender Schatten fiel vom Flur ins Zimmer, der sich auf die Couch mit der Puppe darauf zubewegte. Gleich darauf hörte er einen wütenden Laut. Das musste Durant sein.
Travis sprang auf, die Pistole in der Hand. Vor ihm stand ein hochgewac h sener Schwarzer, der ihn ohne Überraschung anblickte, als hätte er gewusst, dass Travis hinter dem Sessel auf ihn lauerte. In der Hand hielt er ein kleines rundes Gefäß. Bevor Travis etwas sagen konnte, machte Durant eine Han d bewegung. Eine Wolke hellen Pulvers flog auf ihn zu. Bevor er reagieren und die Luft anhalten konnte, hatte er es bereits eingeatmet. Als wäre er eine M a rionette, deren Fäden man durchgeschnitten hatte, brach er zusammen, weil seine Muskeln versagten. Er konnte nicht einmal mehr schreien.
„Agents, was ist los bei euch?“, klang Collins’ Stimme im Headset. „Sollen wir eingreifen? Verdammt, sagt mal einer von euch was?“
Er hätte geantwortet, wenn er gekonnt hätte, aber seine Stimme gehorchte ihm ebenso wenig wie der Rest seines Körpers. Nur Herz und Lunge arbeit e ten zum Glück noch.
Durant grinste.
Travis hatte in seinem ganzen Leben kein bösartigeres Grinsen gesehen. Er wollte aufspringen, wollte kämpfen, sich wehren gegen das, was Durant mit ihm vorhatte. Doch er konnte sich nicht rühren. Hilflos musste er zusehen, wie Durant auf ihn zukam und ihm in die Augen starrte. Travis konnte nicht einmal die Lider schließen. Er sah nicht nur, er spürte sogar körperlich, wie sich Durants Blick in seine Augen bohrte. Hinter diesem Blick lauerte das Grauen. Travis nahm eine Finsternis wahr, so dunkel und absolut bösartig, dass er schreien wollte, fliehen wollte, bevor sein Herz vor Angst stehen blieb.
Doch es gab kein Entkommen, Die Finsternis griff nach ihm und sog ihn – seine Seele – in sich ein. Es wurde dunkel um ihn. Das Einzige, was er noch wahrnahm, waren die engen Mauern eines Gefängnisses, in das er geschle u dert wurde.
Und ein Gefühl entsetzlicher Einsamkeit.
*
Obwohl Waynes Erschrecken nur eine Sekunde dauerte, reagierte Joy schne l ler. Sie wandte sich um und rannte den Flur entlang.
„Bleiben Sie stehen, Ms. Renard!“
Sie dachte nicht daran. Aber so schnell sie auch war, Wayne hatte sie eing e holt, ehe sie die Tür erreichte – die Kellertür! Sie war offensichtlich durch den Keller reingekommen. Er umfing sie von hinten und presste ihr die Arme an den Oberkörper. Der Stab mit dem Tierschädel fiel ihr aus der Hand und rutschte über den glatten Linoleumboden unter eine Kommode.
Joy trat ihm mit aller Kraft auf den Fuß und stieß den Kopf zurück. Hätte er nicht rechtzeitig den Kopf zur Seite gerissen, hätte sie ihm wahrscheinlich die Nase gebrochen. Immerhin genügte der Schmerz, den sie seinem Fuß zugefügt hatte, um ihn seinen Griff reflexartig lockern zu lassen. Sie entwand sich ihm mit erstaunlicher Kraft, und es gelang ihr, sich loszureißen. Er pac k te sie am Arm, ehe sie entkommen konnte. Sie fuhr herum und zielte mit einem Handkantenschlag auf seinen Hals. Wayne fing den Schlag ab und konterte ihn mit einem Hebelgriff, der sie vor Schmerz aufkeuchen ließ. Trotzdem gab sie immer noch nicht auf und versuchte, ihn mit einem Tritt in den Unterleib kampfunfähig zu machen. Wayne blockierte den Tritt, indem er sich zur Seite drehte und das Bein hochriss. Der Tritt traf ihn an der A u ßenseite des Oberschenkels
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