Schattenspur
die sie ihren Ouanga-Beutel gelegt hatte, und hängte ihn sich um den Hals. Um keine unnötigen Geräusche zu verursachen, verzichtete sie darauf, die Schublade zu schließen. Sie nahm ihre Sachen, die immer noch auf dem B o den verstreut lagen, wo sie sie achtlos hingeworfen hatte, und zog sich so geräuschlos wie möglich an. Bis auf die Schuhe. Damit würde sie wa r ten, bis sie das Zimmer verlassen hatte. Falls Wayne jetzt erwachte und sie fragte, warum sie abhauen wollte, würde sie sich irgendwas Plausibles einfallen la s sen. Natürlich würde er enttäuscht sein, verletzt, wenn er später die Wahrheit erfuhr. Aber darauf konnte sie keine Rücksicht nehmen.
Bevor sie ging, tastete sie die Taschen seines Jacketts ab und fand, was sie suchte: seine Brieftasche. Einerseits schämte sie sich, dass sie ihn jetzt auch noch bestahl, aber ihr blieb keine andere Wahl. Sie hatte kein Geld bei sich, musste aber mit dem Taxi zurück zur Utah Street, um nicht nur Tante Lavenders Wagen zu holen, sondern vor allem auch den Schlangenstab. O h ne ihn konnte sie Louis nicht bezwingen. Sie hoffte, dass keiner der Agents ihn bemerkt hatte. Als Wayne sie überwältigt hatte, war er unter die Komm o de im Flur gerutscht. Wenn man nicht auf dem Boden lag und bewusst d a runter blickte, konnte man ihn nicht sehen. Sie konnte nur hoffen, dass das FBI die Wohnung nicht akribisch durchsucht und den Stab gefunden hatte.
Sie zog alle Scheine aus Waynes Brieftasche und steckte sie ein. Mit ang e haltenem Atem schlich sie zur Tür und lauschte auf Waynes Atemzüge. Se i nen Geist zu berühren, um dadurch zweifelsfrei festzustellen, ob er im Begriff wäre, aufzuwachen, traute sie sich nicht aus Angst, ihn ger a de dadurch zu wecken. Doch sie erreichte die Tür, ohne dass er wach wurde.
Obwohl sie so schnell wie möglich wegwollte, drehte sie den Verrieg e lungsknopf millimeterweise herum, damit es so wenig Geräusche wie möglich gab. Selbst das leise Klicken, als der Bolzen zurückschnappte, e r schien ihr viel zu laut. Mit angehaltenem Atem warf sie einen Blick auf Wa y ne. Doch der schlief und hatte es nicht mitbekommen. Er verschlief auch, dass sie die Tür öffnete und hinausschlüpfte und sie ebenso leise Inch für Inch wieder schloss.
Kaum war sie auf dem Gang, rannte sie so schnell sie konnte zur nächsten Treppe, statt den Aufzug zu nehmen und verließ das Hotel. Ihre Schuhe zog sie sich erst an, als sie bereits auf der Straße war. Danach rannte sie weiter, so schnell sie konnte, was ihr als trainierter Tänzerin nicht schwerfiel.
Wayne würde mordsmäßig enttäuscht sein über ihre Flucht und noch mehr verletzt. Aber sie musste tun, was sie tun musste. Zu glauben und zu hoffen, dass sie eine gemeinsame Zukunft haben könnten, war eine wunderbare Ill u sion gewesen. Die Realität sah anders aus. Seelenbund oder nicht, Liebe oder nicht, sie gehörten zu völlig verschiedenen Welten und hatten in denen ihre Pflichten zu erfüllen. Und die erlaubten ihnen nun mal nicht, dass sie z u sammenarbeiteten.
*
Als Wayne langsam aus dem Schlaf erwachte, wusste er, noch ehe er die A u gen aufschlug, dass Kia nicht mehr da war. Sie lag nicht nur nicht mehr neben ihm im Bett, sie befand sich nicht mehr im Appartement und auch nicht mehr im Hotel. Sie war fort.
Er fuhr hoch und fand die intuitive Gewissheit bestätigt, als er sah, dass i h re Kleidung verschwunden war und die Schublade offen stand, in die sie i h ren Ouanga-Beutel gelegt hatte. Kia hatte sich heimlich davong e stohlen; wie eine Diebin in der Nacht. Die sie genau genommen auch war, denn auf se i nem immer noch am Boden liegenden Jackett lag seine Brieftasche. Er mus s te nicht erst hineinsehen, um zu wissen, dass Kia das Bargeld geno m men hatte. Verdammt!
Er brauchte auch nicht lange zu überlegen, warum sie das getan hatte. Sie wollte sich Louis Durant allein vorknöpfen. Und das konnte nicht gutgehen. So sehr Wayne einerseits verstand, dass sie diesen Schritt getan hatte, um ihn zu schützen, die ganze Aktion – egal welche sie konkret im Sinn haben moc h te – war Wahnsinn. Durant war mit allen Voodoo-Wassern gewaschen und ein eiskalter Verbrecher obendrein. Kia konnte nicht gegen ihn bestehen, auch wenn sie das glaubte und tatsächlich über formidable Fähigkeiten ve r fügte, wie er zwar wusste, aber die er doch nicht richtig einschätzen konnte.
Er versuchte, aus den Eindrücken, die er während der Bewusstseinsve r schmelzung mit ihr erhalten hatte,
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