Schattenstürmer
kocht«, erklärte mir Kli-Kli großmütig. Offenbar wollte mir der Kobold in dieser Nacht all das heimzahlen, was die Menschen seinem Volk über Jahrhunderte angetan hatten. »Ja, durch die Küche. Sie liegt auf dem Weg zum Keller.«
»Dann los!«
Die Tür zu dem Zimmer, in dem Bleichling und sein Kumpan vorhin gesessen hatten, stand jetzt sperrangelweit offen. Das Zimmer war leer, nur der schwache Geruch nach Schönem Kraut hing noch in der Luft. Bleichling hatte also schon den Befehl bekommen, sich um diesen Garrett zu kümmern.
Kli-Kli brachte mich zu einer schmalen Treppe, die ins Erdgeschoss hinunterführte, in den Flügel der Diener. Hier waren die Wände grau, auf ihre Gestaltung hatte man nicht die gleiche Sorgfalt verwandt wie im ersten Stock. Jeder Hinweis auf Reichtum fehlte. Keine Bilder, keine Teppiche, keine Statuen und keine Nischen mit Vasen. Sogar die Öllaternen waren hier gegen gewöhnliche Fackeln ausgetauscht worden, die bereits die Wände verrußt hatten.
»Wohin jetzt?«
»Nach rechts«, flüsterte der Narr.
Hinter der Küchentür klapperte Geschirr, Stimmen waren zu hören.
»Da ist jemand!« Ich hielt bloß eine offenkundige Tatsache fest.
»Glaubst du, das wär mir nicht aufgefallen? Was meinst du, was ich mir einfallen lassen musste, um den Kater von den Köchen loszueisen!«
Natürlich. In Palästen wie diesem kam der Koch nie zum Schlafen. Jemand musste das Feuer im Herd schüren, jemand musste Balistan Pargaide das Frühstück kredenzen, das Essen für die Gäste vorbereiten …
»Warum zum Dunkel hast du mich dann bloß hergeschleift?«
»Weil du mich darum gebeten hast! Sieh mich nicht so an, Schattentänzer! Als ob ich nicht wüsste, dass sich in deiner Tasche drei Fläschchen mit einem Schlafzauber befinden. Die willst du ja wohl nicht wieder mit nach Awendum schleppen?«
Kli-Kli durchwühlte ständig fremde Taschen, wenn ihre Besitzer gerade nicht da waren. Deshalb war es nicht weiter erstaunlich, dass er über den Inhalt meiner Tasche genau Bescheid wusste.
Die Fläschchen klimperten, als ich nach dem richtigen suchte. Als ich die Tür aufriss und die Flasche hineinwarf, erhaschte ich einen flüchtigen Blick auf die erschrockenen Gesichter der Köche. Sofort schlug ich die Tür wieder zu. Gleich darauf hörte ich, wie die Körper auf den Boden klatschten. Graf Balistan Pargaide würde auf sein Frühstück verzichten müssen.
»Und jetzt?«, wollte der Kobold wissen.
»Jetzt warten wir.«
»Wenn ich nicht gewesen wäre, würdest du jetzt aber ziemlich dumm aus der Wäsche gucken, Garrett, oder?«
»Hmm. Und jetzt halt den Mund!«
»Und immer noch sind wir so ernst! Und so gemein!«, brummte Kli-Kli. »Hör mal, Garrett, wir können nicht länger warten, wirklich nicht.«
»Warum nicht?«
»Darum!« Kli-Kli zeigte mit den Fingern auf einen Punkt hinter mir.
Am Ende des Ganges stand mein alter Bekannter, der Imperiumshund. Er war über und über mit Kratzern bedeckt und wirkte auch nicht sonderlich glücklich. Im Blick des Tiers deutete rein gar nichts auf den Wunsch hin, Frieden in der Welt zu stiften.
»Offenbar hat er den Kater nicht gefasst«, schlussfolgerte der Kobold.
Der Köter hielt mit Riesensprüngen auf uns zu. Kli-Kli kreischte wie ein fünfjähriges Mädchen auf, das auf seinem Teller eine lebende Maus findet.
»Halt die Luft an!«, schrie ich.
Wir stürmten in die Küche und schafften es gerade noch, dem Köter die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Das Mistvieh hatte für diese Schweinerei nur ein ohrenbetäubendes Gebell übrig. Kli-Kli schob den Riegel vor und rannte an den Tischen und Herden vorbei, wobei er leichtfüßig über die schlafenden Körper sprang. Da am Boden noch Reste des Schlafrauchs aufwölkten, hielt ich die Luft an. Kli-Kli stieß die Tür am anderen Ende der Küche auf. Geschafft!
»Was für eine Lauferei!«, stieß er begeistert aus. »Was dieser Köter wohl mit uns anstellen würde, wenn er sich bis hierher durchschlagen könnte?«
Selbst hier draußen war das Gekläff noch zu hören.
»Jemand wird bestimmt nachsehen, warum der Hund so einen Radau macht. Wir müssen hier weg, und zwar so schnell wie möglich. Los, Kli-Kli!«
Bis zum Park mussten wir uns in kurzen Sprüngen durchschlagen und uns immer wieder im Schatten und in den Büschen vor den Wachleuten verstecken. Einmal wäre Kli-Kli beinah einem Posten in die Arme gelaufen, hätte ich ihn nicht in letzter Sekunde noch ins Gebüsch gezogen.
Der Park empfing uns
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