Schattenstürmer
»Kli-Kli!«, flüsterte ich.
»Ja!«, fiepte es von unten. »Warum dauert das so lange?«
»Ich habe hier Schwierigkeiten!«
»Oh!«, klang es herauf. »Was denn für welche?«
»Es ist ein Hund!«
»Ich dachte, das sei der beste Freund der Menschen?«
Machte der sich über mich lustig, oder was?
»Das hat dieser hier aber gerade vergessen!«
»Dann sieh zu, dass du ihn loswirst!«
Der Hund lauschte aufmerksam auf das Fiepen, das durch das Fenster kam, und legte den Kopf bald nach rechts, bald nach links.
»Sobald ich mich rühre, knurrt er! Such die Elfen, die sollen helfen!«
»Wo soll ich denn jetzt die Elfen auftreiben? Rühr dich nicht von Stelle, ich bin gleich wieder da!«
Was hatte er gesagt? Rühr dich nicht von der Stelle! Doch, diesen unschätzbaren Rat würde ich mir zu Herzen nehmen.
Der Narr blieb lange weg. Sehr lange. Der Hund langweilte sich offenkundig und wartete darauf, dass jemand kam und ihn lobte, weil er einen Eindringling gestellt hatte. Meine Nerven hielten kaum noch stand. Und als eine kleine Gestalt in der Tür auftauchte, die von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet war, rissen sie endgültig. Die Wache!
»Ja, ein echter Prachtbursche«, urteilte Kli-Kli da.
Der Köter sprang auf, knurrte drohend und versuchte, Kli-Kli und mich gleichzeitig im Auge zu behalten.
»Wo sind Egrassa und Ell?«
»Die habe ich nicht gefunden. Du liebes Hundchen!«
Das Biest knurrte noch lauter. Offenbar war es in seinem ganzen Leben noch nie so beleidigt worden. Mir wäre das Wort Hundchen nicht über die Lippen gekommen, von liebes ganz zu schweigen. Diese Kobolde waren schon ein seltsames Völkchen!
»Willst du mich umbringen? Reiz ihn nicht! Wenn du die Elfen nicht gefunden hast, wo hast du dich dann so lange herumgetrieben?«
»Ich habe mich nicht herumgetrieben, ich habe deine Rettung vorbereitet«, fuhr mich der Narr an. »Und jetzt kümmern wir uns mal um unsern Freund hier!«
Der Hund bleckte vorsichtshalber schon mal die Zähne. Kli-Kli hatte nur ein Lächeln für ihn übrig und holte etwas hervor, das er bislang hinterm Rücken versteckt hatte.
Eine Katze! Oder ein Kater? Ein Tier mit rotem Fell jedenfalls, fett wie ein Mastschwein! Wo hatte der Kobold dieses Viech nur aufgetrieben?
Kli-Kli ließ den Kater auf den Boden springen. Ich glaube, das Tier hatte noch nicht ganz verstanden, dass sein Katzenleben jetzt eine wirklich unangenehme Überraschung bereithielt. Der Hund jaulte wie ein Gespenst, das einen Geisterjäger sieht, und stürzte sich auf seine rechtmäßige Beute.
Der Kater dürfte kaum auf der Straße aufgewachsen sein (dazu war er zu gut gefüttert und gepflegt), aber ein Dummkopf war er trotzdem nicht, das stand fest! Mit einer für ein derart fettes Tier erstaunlichen Geschwindigkeit sauste er aus dem Zimmer – und der Hund hinterher.
»Wo hast du den denn her?«, fragte ich.
»Aus der gräflichen Küche«, antwortete der Narr mit einem verschlagenen Grinsen. »Hast du schon mal so einen Fettmops gesehen?«
»Hab ich«, antwortete ich bloß, wobei ich immer noch nicht glaubte, dass der verrückten Idee von Stalkons Narren Erfolg beschieden sein würde.
»Und? Hast du den Schlüssel? Dann starr keine Löcher in die Luft! Oder willst du warten, bis der Köter die Katze verspeist hat und zurückkommt? Los, weg hier!«
Wir huschten in den Gang hinaus, schlichen uns an den Porträts vorbei, kamen zur Galerie und von dort aus in den nächsten Gang.
»Pst!« Ich legte den Finger vor die Lippen.
Kli-Kli nickte und schlich auf Zehenspitzen voran. Bei der Vase, hinter der ich mich vorhin versteckt hatte, blieben wir stehen.
»Wohin jetzt, Garrett?«
Ich dachte fieberhaft nach. Der Weg, auf dem ich hierhergekommen war, behagte mir nicht sonderlich. Er führte durch das Zimmer, in dem die Gräfin und ihr Hund schliefen. Durch die Nachbarzimmer sollten wir uns besser auch nicht wagen, sonst träfen wir womöglich noch auf einen wilden Baron mit Schwert, der uns kurzerhand aufspießen würde.
»Wie bist du ins Haus gekommen, Kli-Kli?« Endlich hatte ich einen Geistesblitz.
»Durch das Kellerfenster. Aber du bist zu groß, um da durchzukriechen. Ich könnte dich allerdings zerhacken und in Einzelteilen durchstecken.«
»Das ist nicht die Zeit für Scherze, Kli-Kli.«
»Eine bessere Zeit gibt es doch gar nicht. Aber wenn du nicht mal aus Höflichkeit lachen willst, bitte! Gut, versuchen wir es durch die Küche!«
»Die Küche?«
»Das ist ein Raum, in dem man
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